Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Auf der Leiter des Glücks. Robert Waldmüller (Ld. Duboc). Novelle von (Schluß.) n der Besorgnis, sich durch ihre Unruhe zu verraten und sich Warum diese Thränen, warum dieses fluchtartige Verschwinde"? fragte Als Berthold nach langem, vergeblichem Suchen die Spur der Verschwun¬ Elise wahrte zunächst in bescheidner Weise das wiedererlangte Recht ihres Er bat die Oberin dann, ihm alles zu sagen, was sie von Elise wisse, Auf der Leiter des Glücks. Robert Waldmüller (Ld. Duboc). Novelle von (Schluß.) n der Besorgnis, sich durch ihre Unruhe zu verraten und sich Warum diese Thränen, warum dieses fluchtartige Verschwinde»? fragte Als Berthold nach langem, vergeblichem Suchen die Spur der Verschwun¬ Elise wahrte zunächst in bescheidner Weise das wiedererlangte Recht ihres Er bat die Oberin dann, ihm alles zu sagen, was sie von Elise wisse, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0582" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155465"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341839_158199/figures/grenzboten_341839_158199_155465_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Auf der Leiter des Glücks.<lb/><note type="byline"> Robert Waldmüller (Ld. Duboc).</note> Novelle von (Schluß.)</head><lb/> <p xml:id="ID_2314"> n der Besorgnis, sich durch ihre Unruhe zu verraten und sich<lb/> in eine Leidenschaft hineinzuträumen, die im Keime zu ersticken<lb/> ihr Pflicht schien, zog sich Lore eines Tages auf ihr Zimmer<lb/> zurück, erleichterte ihr armes Herz in unendlichen Thränen, bat<lb/> ihre Herrin darauf um die Erlaubnis, ihren Dienst in möglichster<lb/> Kürze verlassen zu dürfen, erhielt unbedenklich ihren Abschied noch an demselben<lb/> Tage und zog in die Ferne.</p><lb/> <p xml:id="ID_2315"> Warum diese Thränen, warum dieses fluchtartige Verschwinde»? fragte<lb/> damals Frau von Mockritz, die nicht begriff, was in dem Mädchen vorgegangen<lb/> sein konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2316"> Als Berthold nach langem, vergeblichem Suchen die Spur der Verschwun¬<lb/> denen in einem der entlegensten Gebiete des Landes ausfindig gemacht hatte<lb/> in einer Art von Diakonissenanstalt für kranke Kinder —, fragte er nicht:<lb/> warum diese Thränen? denn er wußte nichts von ihnen — aber wohl: warum<lb/> dieses fluchtartige Verschwinden? Wollten Sie uns durchaus nicht die Freude<lb/> gönnen, Fräulein Lore, unsre Schuld gegen Sie abzutragen?</p><lb/> <p xml:id="ID_2317"> Elise wahrte zunächst in bescheidner Weise das wiedererlangte Recht ihres<lb/> Taufnamens. Dann stellte sie in Abrede, daß irgend wer in ihrer Schuld sei;<lb/> aber ihre Verlegenheit machte sie unfähig, dem Besuche in eingehenderer Weise<lb/> Rede zu stehen, und er selbst fühlte sich ihr gegenüber in so unklarer Gemüts¬<lb/> verfassung, daß es ihm nicht leid war, als die Oberin dem armen Mädchen<lb/> zu Hilfe kam, indem sie ihr ein dringendes Geschäft auftrug.</p><lb/> <p xml:id="ID_2318" next="#ID_2319"> Er bat die Oberin dann, ihm alles zu sagen, was sie von Elise wisse,<lb/> und er gab gleichzeitig seinerseits Auskunft über die traurige Veranlassung, die<lb/> ihn zu ihrem Schuldner gemacht habe. Mein Vater, sagte er, hat ihr infolge¬<lb/> dessen seit langem eine Schenkung zugedacht, deren Betrag sie für alle Zukunft</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0582]
[Abbildung]
Auf der Leiter des Glücks.
Robert Waldmüller (Ld. Duboc). Novelle von (Schluß.)
n der Besorgnis, sich durch ihre Unruhe zu verraten und sich
in eine Leidenschaft hineinzuträumen, die im Keime zu ersticken
ihr Pflicht schien, zog sich Lore eines Tages auf ihr Zimmer
zurück, erleichterte ihr armes Herz in unendlichen Thränen, bat
ihre Herrin darauf um die Erlaubnis, ihren Dienst in möglichster
Kürze verlassen zu dürfen, erhielt unbedenklich ihren Abschied noch an demselben
Tage und zog in die Ferne.
Warum diese Thränen, warum dieses fluchtartige Verschwinde»? fragte
damals Frau von Mockritz, die nicht begriff, was in dem Mädchen vorgegangen
sein konnte.
Als Berthold nach langem, vergeblichem Suchen die Spur der Verschwun¬
denen in einem der entlegensten Gebiete des Landes ausfindig gemacht hatte
in einer Art von Diakonissenanstalt für kranke Kinder —, fragte er nicht:
warum diese Thränen? denn er wußte nichts von ihnen — aber wohl: warum
dieses fluchtartige Verschwinden? Wollten Sie uns durchaus nicht die Freude
gönnen, Fräulein Lore, unsre Schuld gegen Sie abzutragen?
Elise wahrte zunächst in bescheidner Weise das wiedererlangte Recht ihres
Taufnamens. Dann stellte sie in Abrede, daß irgend wer in ihrer Schuld sei;
aber ihre Verlegenheit machte sie unfähig, dem Besuche in eingehenderer Weise
Rede zu stehen, und er selbst fühlte sich ihr gegenüber in so unklarer Gemüts¬
verfassung, daß es ihm nicht leid war, als die Oberin dem armen Mädchen
zu Hilfe kam, indem sie ihr ein dringendes Geschäft auftrug.
Er bat die Oberin dann, ihm alles zu sagen, was sie von Elise wisse,
und er gab gleichzeitig seinerseits Auskunft über die traurige Veranlassung, die
ihn zu ihrem Schuldner gemacht habe. Mein Vater, sagte er, hat ihr infolge¬
dessen seit langem eine Schenkung zugedacht, deren Betrag sie für alle Zukunft
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