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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Rarl Knaakes Luther-Ausgabe.

Landgerichte aufsuchen zu müssen. Endlich würde dadurch der von vielen
mißempfundene und angegriffene Anwaltszwang wenigstens einen Teil seines
Schreckens verlieren.

Möchte man doch vonseiten der Reichsregicrnng dieser Angelegenheit, die so
tief in unser Volksleben eingreift, die volle Aufmerksamkeit schenken. Möchte
namentlich Fürst Bismarck, wenn er anders an der Sache Interesse nimmt,
auch hier dem armen Mann eine wirkliche und nicht eine bloße Scheinhilfe
bringen.




Karl Knaakes Luther-Ausgabe.

ur kurze Zeit noch trennt uns von dem Tage, an welchem das
vierte Jahrhundert nach Martin Luthers Geburt sich vollenden
und das deutsche Volk einen seinem großen Reformator geweihten
Gedächtnistag feierlich begehen wird.

Eine Gedächtnisfeier, wie diese bevorstehende, ist mehr als
etwas bloß konventionelles, mehr als ein schuldiger Tribut, durch den wir das
Andenken eines hochberühmten Mannes ehren: wenn die Verherrlichung einem
Genie gilt, dessen Leistungen groß und bedeutend genug sind, um nicht nur un¬
vergessen in der Erinnerung fortzuleben, sondern bei der Nachwelt einen fort¬
dauernd wirksamen Einfluß zu bewahren, so dient eine Feier, welche einem solchen
Genie dargebracht wird, dem Geschlechte, welches sie begeht, vor allem als ein
Anlaß, zu prüfen, welcher Art das Verhältnis ist, in welchem es sich ihm gegen¬
über befindet, wie weit die Erkenntnis und Aneignung seines eigentümlichen
Wertes vorgeschritten ist, wie weit etwa neue Anstrengungen erforderlich sind,
um einem drohenden Verluste an dem Gewinne, den sein Besitz gebracht hat
oder noch bringen könnte, vorzubeugen. Ein Kultus des Genies, der darauf
sein Absehen richtet, aus der Wirksamkeit der großen Lehrer der Menschheit jeden
möglichen Gewinn herauszuziehen, und der sich bestrebt, jeden aus ihr ent¬
springenden Vorteil zu einem dauernd fortbestehenden zu machen, ist sicherlich
ein wohlberechtigter.

Gehört nnn Luther, In tsrrg, roof M voslo vt intermi,, wie Schiller*)
ihn in seiner ihm gewidmeten Grabschrift nennt, in die Reihe dieser großen
Genies?



Historisch-kritische Ausgabe, Bd. 2, S. 386.
Rarl Knaakes Luther-Ausgabe.

Landgerichte aufsuchen zu müssen. Endlich würde dadurch der von vielen
mißempfundene und angegriffene Anwaltszwang wenigstens einen Teil seines
Schreckens verlieren.

Möchte man doch vonseiten der Reichsregicrnng dieser Angelegenheit, die so
tief in unser Volksleben eingreift, die volle Aufmerksamkeit schenken. Möchte
namentlich Fürst Bismarck, wenn er anders an der Sache Interesse nimmt,
auch hier dem armen Mann eine wirkliche und nicht eine bloße Scheinhilfe
bringen.




Karl Knaakes Luther-Ausgabe.

ur kurze Zeit noch trennt uns von dem Tage, an welchem das
vierte Jahrhundert nach Martin Luthers Geburt sich vollenden
und das deutsche Volk einen seinem großen Reformator geweihten
Gedächtnistag feierlich begehen wird.

Eine Gedächtnisfeier, wie diese bevorstehende, ist mehr als
etwas bloß konventionelles, mehr als ein schuldiger Tribut, durch den wir das
Andenken eines hochberühmten Mannes ehren: wenn die Verherrlichung einem
Genie gilt, dessen Leistungen groß und bedeutend genug sind, um nicht nur un¬
vergessen in der Erinnerung fortzuleben, sondern bei der Nachwelt einen fort¬
dauernd wirksamen Einfluß zu bewahren, so dient eine Feier, welche einem solchen
Genie dargebracht wird, dem Geschlechte, welches sie begeht, vor allem als ein
Anlaß, zu prüfen, welcher Art das Verhältnis ist, in welchem es sich ihm gegen¬
über befindet, wie weit die Erkenntnis und Aneignung seines eigentümlichen
Wertes vorgeschritten ist, wie weit etwa neue Anstrengungen erforderlich sind,
um einem drohenden Verluste an dem Gewinne, den sein Besitz gebracht hat
oder noch bringen könnte, vorzubeugen. Ein Kultus des Genies, der darauf
sein Absehen richtet, aus der Wirksamkeit der großen Lehrer der Menschheit jeden
möglichen Gewinn herauszuziehen, und der sich bestrebt, jeden aus ihr ent¬
springenden Vorteil zu einem dauernd fortbestehenden zu machen, ist sicherlich
ein wohlberechtigter.

Gehört nnn Luther, In tsrrg, roof M voslo vt intermi,, wie Schiller*)
ihn in seiner ihm gewidmeten Grabschrift nennt, in die Reihe dieser großen
Genies?



Historisch-kritische Ausgabe, Bd. 2, S. 386.
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[0675] Rarl Knaakes Luther-Ausgabe. Landgerichte aufsuchen zu müssen. Endlich würde dadurch der von vielen mißempfundene und angegriffene Anwaltszwang wenigstens einen Teil seines Schreckens verlieren. Möchte man doch vonseiten der Reichsregicrnng dieser Angelegenheit, die so tief in unser Volksleben eingreift, die volle Aufmerksamkeit schenken. Möchte namentlich Fürst Bismarck, wenn er anders an der Sache Interesse nimmt, auch hier dem armen Mann eine wirkliche und nicht eine bloße Scheinhilfe bringen. Karl Knaakes Luther-Ausgabe. ur kurze Zeit noch trennt uns von dem Tage, an welchem das vierte Jahrhundert nach Martin Luthers Geburt sich vollenden und das deutsche Volk einen seinem großen Reformator geweihten Gedächtnistag feierlich begehen wird. Eine Gedächtnisfeier, wie diese bevorstehende, ist mehr als etwas bloß konventionelles, mehr als ein schuldiger Tribut, durch den wir das Andenken eines hochberühmten Mannes ehren: wenn die Verherrlichung einem Genie gilt, dessen Leistungen groß und bedeutend genug sind, um nicht nur un¬ vergessen in der Erinnerung fortzuleben, sondern bei der Nachwelt einen fort¬ dauernd wirksamen Einfluß zu bewahren, so dient eine Feier, welche einem solchen Genie dargebracht wird, dem Geschlechte, welches sie begeht, vor allem als ein Anlaß, zu prüfen, welcher Art das Verhältnis ist, in welchem es sich ihm gegen¬ über befindet, wie weit die Erkenntnis und Aneignung seines eigentümlichen Wertes vorgeschritten ist, wie weit etwa neue Anstrengungen erforderlich sind, um einem drohenden Verluste an dem Gewinne, den sein Besitz gebracht hat oder noch bringen könnte, vorzubeugen. Ein Kultus des Genies, der darauf sein Absehen richtet, aus der Wirksamkeit der großen Lehrer der Menschheit jeden möglichen Gewinn herauszuziehen, und der sich bestrebt, jeden aus ihr ent¬ springenden Vorteil zu einem dauernd fortbestehenden zu machen, ist sicherlich ein wohlberechtigter. Gehört nnn Luther, In tsrrg, roof M voslo vt intermi,, wie Schiller*) ihn in seiner ihm gewidmeten Grabschrift nennt, in die Reihe dieser großen Genies? Historisch-kritische Ausgabe, Bd. 2, S. 386.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/675>, abgerufen am 08.09.2024.