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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision.

Hätte sich der Verfasser wenigstens auf das Gebiet der Archäologie be¬
schränkt, welches ihm bekannter zu sein scheint, wiewohl er auch hier andern
das meiste zu thun übrig gelassen hat! In einem Briefe an Peiresc vom 16, März
1636 ist die Rede von einem antiken Relief des trojanischen Krieges in der
Arundelsammlung. Es wäre Sache des Archäologen gewesen, nachzuweisen, daß
sich dieses Relief jetzt in Oxford befindet, und wo es publizirt ist. In demselben
Briefe ist von einer antiken Landschaft die Rede, welche Rubens ausführlich
bespricht und zu erläutern sucht. Existirt diese Landschaft noch? fragt jeder
Leser, welcher die archäologischen Kenntnisse des Meisters einmal prüfen will.
Darauf weiß der Verfasser keine Antwort zu geben, obwohl das Gemälde mehr¬
fach publizirt und zuletzt noch von Wocrmanu (Die Landschaft in der Kunst der
Alten, 1876) besprochen worden ist. Daß Goeler den Brief von Rubens an
den Geschichtschreiber und Antiquar Francis de Swert vom Jahre 1617 oder
1618, welcher ganz lateinisch geschrieben und für Rubens den Altertumsforscher
von besondrer Wichtigkeit ist, nicht gekannt hat, darf bei seiner mangelhaften
Kenntnis der Quellen nicht Wunder nehmen. Schreibt er doch S. 16, daß
Rubens "am 28. Oktober 1668 infolge des plötzlichen Todes seiner Mutter von
Rom nach Antwerpen" zurückkehrte, während in Wirklichkeit nur die Nachricht
von der schweren Erkrankung seiner Mutter seine Abreise beschleunigte. Eine
Kleinigkeit; wenn jemand aber über einen Mann wie Rubens schreiben will,
muß er auch in solchen Kleinigkeiten zeigen, daß er sich für seine hohe Aufgabe
gründlich vorbereitet hat.

Man wird nach diesen Proben den wissenschaftlichen Wert der Goelerschen
Arbeit beurteilen können. Das Kapitel in der Biographie des Meisters, welches
die Überschrift zu tragen hätte: "Rubens'Verhältnis zur Antike," ist nach wie
vor noch ungeschrieben.


Adolf Rosenberg.


Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision.

as neue Kabinet in Frankreich fährt fort, sich zu befestigen und
Aussicht auf längern Bestand zu gewinnen. Einige Tage freilich
war seine Stellung nichts weniger als gesichert, und noch jetzt
ist es fraglich, ob ihm die Gunst der Mehrheit in den beiden
Körperschaften der Landesvertretung auf lange Zeit zugewandt
bleiben wird.


Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision.

Hätte sich der Verfasser wenigstens auf das Gebiet der Archäologie be¬
schränkt, welches ihm bekannter zu sein scheint, wiewohl er auch hier andern
das meiste zu thun übrig gelassen hat! In einem Briefe an Peiresc vom 16, März
1636 ist die Rede von einem antiken Relief des trojanischen Krieges in der
Arundelsammlung. Es wäre Sache des Archäologen gewesen, nachzuweisen, daß
sich dieses Relief jetzt in Oxford befindet, und wo es publizirt ist. In demselben
Briefe ist von einer antiken Landschaft die Rede, welche Rubens ausführlich
bespricht und zu erläutern sucht. Existirt diese Landschaft noch? fragt jeder
Leser, welcher die archäologischen Kenntnisse des Meisters einmal prüfen will.
Darauf weiß der Verfasser keine Antwort zu geben, obwohl das Gemälde mehr¬
fach publizirt und zuletzt noch von Wocrmanu (Die Landschaft in der Kunst der
Alten, 1876) besprochen worden ist. Daß Goeler den Brief von Rubens an
den Geschichtschreiber und Antiquar Francis de Swert vom Jahre 1617 oder
1618, welcher ganz lateinisch geschrieben und für Rubens den Altertumsforscher
von besondrer Wichtigkeit ist, nicht gekannt hat, darf bei seiner mangelhaften
Kenntnis der Quellen nicht Wunder nehmen. Schreibt er doch S. 16, daß
Rubens „am 28. Oktober 1668 infolge des plötzlichen Todes seiner Mutter von
Rom nach Antwerpen" zurückkehrte, während in Wirklichkeit nur die Nachricht
von der schweren Erkrankung seiner Mutter seine Abreise beschleunigte. Eine
Kleinigkeit; wenn jemand aber über einen Mann wie Rubens schreiben will,
muß er auch in solchen Kleinigkeiten zeigen, daß er sich für seine hohe Aufgabe
gründlich vorbereitet hat.

Man wird nach diesen Proben den wissenschaftlichen Wert der Goelerschen
Arbeit beurteilen können. Das Kapitel in der Biographie des Meisters, welches
die Überschrift zu tragen hätte: „Rubens'Verhältnis zur Antike," ist nach wie
vor noch ungeschrieben.


Adolf Rosenberg.


Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision.

as neue Kabinet in Frankreich fährt fort, sich zu befestigen und
Aussicht auf längern Bestand zu gewinnen. Einige Tage freilich
war seine Stellung nichts weniger als gesichert, und noch jetzt
ist es fraglich, ob ihm die Gunst der Mehrheit in den beiden
Körperschaften der Landesvertretung auf lange Zeit zugewandt
bleiben wird.


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[0648] Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision. Hätte sich der Verfasser wenigstens auf das Gebiet der Archäologie be¬ schränkt, welches ihm bekannter zu sein scheint, wiewohl er auch hier andern das meiste zu thun übrig gelassen hat! In einem Briefe an Peiresc vom 16, März 1636 ist die Rede von einem antiken Relief des trojanischen Krieges in der Arundelsammlung. Es wäre Sache des Archäologen gewesen, nachzuweisen, daß sich dieses Relief jetzt in Oxford befindet, und wo es publizirt ist. In demselben Briefe ist von einer antiken Landschaft die Rede, welche Rubens ausführlich bespricht und zu erläutern sucht. Existirt diese Landschaft noch? fragt jeder Leser, welcher die archäologischen Kenntnisse des Meisters einmal prüfen will. Darauf weiß der Verfasser keine Antwort zu geben, obwohl das Gemälde mehr¬ fach publizirt und zuletzt noch von Wocrmanu (Die Landschaft in der Kunst der Alten, 1876) besprochen worden ist. Daß Goeler den Brief von Rubens an den Geschichtschreiber und Antiquar Francis de Swert vom Jahre 1617 oder 1618, welcher ganz lateinisch geschrieben und für Rubens den Altertumsforscher von besondrer Wichtigkeit ist, nicht gekannt hat, darf bei seiner mangelhaften Kenntnis der Quellen nicht Wunder nehmen. Schreibt er doch S. 16, daß Rubens „am 28. Oktober 1668 infolge des plötzlichen Todes seiner Mutter von Rom nach Antwerpen" zurückkehrte, während in Wirklichkeit nur die Nachricht von der schweren Erkrankung seiner Mutter seine Abreise beschleunigte. Eine Kleinigkeit; wenn jemand aber über einen Mann wie Rubens schreiben will, muß er auch in solchen Kleinigkeiten zeigen, daß er sich für seine hohe Aufgabe gründlich vorbereitet hat. Man wird nach diesen Proben den wissenschaftlichen Wert der Goelerschen Arbeit beurteilen können. Das Kapitel in der Biographie des Meisters, welches die Überschrift zu tragen hätte: „Rubens'Verhältnis zur Antike," ist nach wie vor noch ungeschrieben. Adolf Rosenberg. Das Ministerium Ferry und die Verfassungsrevision. as neue Kabinet in Frankreich fährt fort, sich zu befestigen und Aussicht auf längern Bestand zu gewinnen. Einige Tage freilich war seine Stellung nichts weniger als gesichert, und noch jetzt ist es fraglich, ob ihm die Gunst der Mehrheit in den beiden Körperschaften der Landesvertretung auf lange Zeit zugewandt bleiben wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/648>, abgerufen am 22.07.2024.