Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.Was das für ein heilloser Humbug ist! sagte Gottlieb für sich, indem er Die Gräfin hat die Absicht, ihr Vermögen mit meiner Hilfe anzulegen, Sehr gern, mein Junge, entgegnete Gottlieb. Ich brauche dich nicht weiter Rudolf verzog das Gesicht. Leb wohl! sagte er mit einem neuen Seufzer. Leb wohl, mein Junge, glückliche Reise, erwiederte der Nlgcnarzt. Neuntes Aapitel. Auf dem Balkon eines der schönsten Zimmer in der Heilanstalt des Herr" Mit beiden Briefen begab er sich zu seinem Platz auf dem Balkon, nahm Gleichgiltig ließ er den Tauseudmarkschei" stecke", las aber mit erfreuter Hochgeborner Herr Graf, hieß es darin, ich habe das Vergnügen, Euer Was das für ein heilloser Humbug ist! sagte Gottlieb für sich, indem er Die Gräfin hat die Absicht, ihr Vermögen mit meiner Hilfe anzulegen, Sehr gern, mein Junge, entgegnete Gottlieb. Ich brauche dich nicht weiter Rudolf verzog das Gesicht. Leb wohl! sagte er mit einem neuen Seufzer. Leb wohl, mein Junge, glückliche Reise, erwiederte der Nlgcnarzt. Neuntes Aapitel. Auf dem Balkon eines der schönsten Zimmer in der Heilanstalt des Herr» Mit beiden Briefen begab er sich zu seinem Platz auf dem Balkon, nahm Gleichgiltig ließ er den Tauseudmarkschei» stecke», las aber mit erfreuter Hochgeborner Herr Graf, hieß es darin, ich habe das Vergnügen, Euer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152078"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1389"> Was das für ein heilloser Humbug ist! sagte Gottlieb für sich, indem er<lb/> sein Buch zuklappte und in ein Fach seines ungeheuern, mit Tiegeln, Retorten,<lb/> Schädeln und alten Folianten bedeckten Schreibtisches legte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1390"> Die Gräfin hat die Absicht, ihr Vermögen mit meiner Hilfe anzulegen,<lb/> fuhr Rudolf fort. Nun ist freilich bei mir ein solcher Zudrang von Kapitalien,<lb/> daß mir nicht viel daran liegt, das Geld zu bekommen. Immerhin will ich<lb/> das Vertrauen nicht täuschen. Wenn du daher Gelegenheit haben solltest, mit<lb/> der Gräfin über mich zu sprechen, so bestätige ihr nur, was sie übrigens von<lb/> ihrem Bankier schon erfahren hat, daß sie bei mir alle Garantien findet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1391"> Sehr gern, mein Junge, entgegnete Gottlieb. Ich brauche dich nicht weiter<lb/> zu bitten, daß du der Gräfin erklärst, meine Kurmethode sei die rationellste der<lb/> Neuzeit, denn das merkt sie schon von selber.</p><lb/> <p xml:id="ID_1392"> Rudolf verzog das Gesicht. Leb wohl! sagte er mit einem neuen Seufzer.<lb/> Gottlieb wuchs ihm über den Kopf, das war schmerzlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1393"> Leb wohl, mein Junge, glückliche Reise, erwiederte der Nlgcnarzt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Neuntes Aapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_1394"> Auf dem Balkon eines der schönsten Zimmer in der Heilanstalt des Herr»<lb/> Gottlieb Schmidt lag an diesem Morgen el» junger Mann im Lehnstuhl, rauchte<lb/> eine Cigarrette und blickte träumerisch in die auf deu Strand spukenden Welle»<lb/> hinein. Er hatte eine zarte Gesichtsbildung, eine blasse Farbe, und auch seine<lb/> 'Hände waren zart und weiß. Seine dunkeln, lebhaften Augen, das dunkel¬<lb/> braune, leicht gelockte Haar und der feine, braune Schnurrbart gaben dem ari-,<lb/> stokratisch geschnittenen Gesicht einen interessanten und etwas koketten Ausdruck.<lb/> Aus seinem Sinne» weckte ih» ein Klopfe» an die Thür des Zimmers und<lb/> das Hereintreten des Briefträgers. Es gab einen Brief, dessen Empfang be¬<lb/> scheinigt werden mußte, und mit Erstannen sah der Jüngling die Aufschrift des¬<lb/> selben, welche eine Einlage von tausend Mark ankündigte. Doch wurde seine<lb/> Aufmerksamkeit sofort auf einen andern Brief gelenkt, den er gleichzeitig erhielt<lb/> und der eine französische Adresse von kritzlicher Damenhand trug.</p><lb/> <p xml:id="ID_1395"> Mit beiden Briefen begab er sich zu seinem Platz auf dem Balkon, nahm<lb/> ein Messerchen mit Perlmutterheft zur Hand und blickte von einer Adresse zur<lb/> andern hin und her, unentschlossen, welches Schreibe» er zuerst öffnen solle.<lb/> Endlich siegte die deutsche Aufschrift, er steckte deu Pariser Brief in die Tasche<lb/> und schnitt den andern auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1396"> Gleichgiltig ließ er den Tauseudmarkschei» stecke», las aber mit erfreuter<lb/> Miene die begleitende» Zeile».</p><lb/> <p xml:id="ID_1397" next="#ID_1398"> Hochgeborner Herr Graf, hieß es darin, ich habe das Vergnügen, Euer<lb/> Hochgeboren mitzuteilen, daß die erste Auflage Ihrer Gedichte vergriffen ist,<lb/> und daß ich in, Begriffe bin, die zweite Auflage auszugeben. Indem ich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
Was das für ein heilloser Humbug ist! sagte Gottlieb für sich, indem er
sein Buch zuklappte und in ein Fach seines ungeheuern, mit Tiegeln, Retorten,
Schädeln und alten Folianten bedeckten Schreibtisches legte.
Die Gräfin hat die Absicht, ihr Vermögen mit meiner Hilfe anzulegen,
fuhr Rudolf fort. Nun ist freilich bei mir ein solcher Zudrang von Kapitalien,
daß mir nicht viel daran liegt, das Geld zu bekommen. Immerhin will ich
das Vertrauen nicht täuschen. Wenn du daher Gelegenheit haben solltest, mit
der Gräfin über mich zu sprechen, so bestätige ihr nur, was sie übrigens von
ihrem Bankier schon erfahren hat, daß sie bei mir alle Garantien findet.
Sehr gern, mein Junge, entgegnete Gottlieb. Ich brauche dich nicht weiter
zu bitten, daß du der Gräfin erklärst, meine Kurmethode sei die rationellste der
Neuzeit, denn das merkt sie schon von selber.
Rudolf verzog das Gesicht. Leb wohl! sagte er mit einem neuen Seufzer.
Gottlieb wuchs ihm über den Kopf, das war schmerzlich.
Leb wohl, mein Junge, glückliche Reise, erwiederte der Nlgcnarzt.
Neuntes Aapitel.
Auf dem Balkon eines der schönsten Zimmer in der Heilanstalt des Herr»
Gottlieb Schmidt lag an diesem Morgen el» junger Mann im Lehnstuhl, rauchte
eine Cigarrette und blickte träumerisch in die auf deu Strand spukenden Welle»
hinein. Er hatte eine zarte Gesichtsbildung, eine blasse Farbe, und auch seine
'Hände waren zart und weiß. Seine dunkeln, lebhaften Augen, das dunkel¬
braune, leicht gelockte Haar und der feine, braune Schnurrbart gaben dem ari-,
stokratisch geschnittenen Gesicht einen interessanten und etwas koketten Ausdruck.
Aus seinem Sinne» weckte ih» ein Klopfe» an die Thür des Zimmers und
das Hereintreten des Briefträgers. Es gab einen Brief, dessen Empfang be¬
scheinigt werden mußte, und mit Erstannen sah der Jüngling die Aufschrift des¬
selben, welche eine Einlage von tausend Mark ankündigte. Doch wurde seine
Aufmerksamkeit sofort auf einen andern Brief gelenkt, den er gleichzeitig erhielt
und der eine französische Adresse von kritzlicher Damenhand trug.
Mit beiden Briefen begab er sich zu seinem Platz auf dem Balkon, nahm
ein Messerchen mit Perlmutterheft zur Hand und blickte von einer Adresse zur
andern hin und her, unentschlossen, welches Schreibe» er zuerst öffnen solle.
Endlich siegte die deutsche Aufschrift, er steckte deu Pariser Brief in die Tasche
und schnitt den andern auf.
Gleichgiltig ließ er den Tauseudmarkschei» stecke», las aber mit erfreuter
Miene die begleitende» Zeile».
Hochgeborner Herr Graf, hieß es darin, ich habe das Vergnügen, Euer
Hochgeboren mitzuteilen, daß die erste Auflage Ihrer Gedichte vergriffen ist,
und daß ich in, Begriffe bin, die zweite Auflage auszugeben. Indem ich
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |