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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die antiken Lhristenverfolgungen und der llultmkampf.

um in geregelten Beziehungen zu den kleinern deutschen Staaten dauernd leben
zu können. Ich glaube, wir sollte" den Handschuh bereitwillig aufnehmen und
kein Unglück, sondern einen Fortschritt der Krisis zur Besserung darin scheu, wenn
eine Majorität in Frankfurt einen Beschluß faßt, in welchem wir eine Überschreitung
der Kompetenz, eine willkürliche Änderung des Bundeszweckes, einen Bruch der
Bundesverträge finden. Je unzweideutiger die Verletzung zu Tage tritt, desto
besser. In Österreich, Frankreich, Rußland finden wir die Bedingungen nicht leicht
wieder so günstig, um uns eine Verbesserung unsrer Lage in Deutschland zu ge¬
statten, und unsre Bundesgenossen sind auf dem besten Wege, nus vollkommen ge¬
rechten Anlaß dafür zu bieten, auch ohne daß wir ihrem Übermute nachhelfen, . .
Ich sehe in unserm Bundesverhältnisse ein Gebrechen Preußens, welches wir früher
oder später ksrro se i^ni werden heilen müssen,

?6rro se i^ni -- sieben Jahre später geschah es, und die Heilung gelang,
die Heilung Preußens und zugleich Deutschlands, die dann auch Österreich zu
Gute kam, erst auf indirekten, dann durch das Bündnis von 1879 auf direktem
Wege. Wäre ein solches förmliches Bündnis nicht abgeschlossen, so müßte es
unverweilt erstrebt werden, denn es wäre dann ein dringendes Bedürfnis zweier
friedliebenden Mächte. Zweitens, sollte die Nachricht, nach welcher das Bündnis
zwar in aller Form, aber nur auf fünf Jahre abgeschlossen wäre, auf Wahr¬
heit beruhen, so würde eine Verlängerung, und zwar eine erhebliche, aus
Gründen, die zu sehr auf der Hand liegen, um hervorgehoben werden zu müssen,
höchst wünschenswert sein. Drittens endlich würde es nur natürlich sein,
wenn bei solcher Umgestaltung und Ergänzung das Bündnis dadurch
verbessert würde, daß man anch gewisse nationalökonomische Para¬
graphen hinzufügte, mit andern Worten: die Interessen beider Reiche
würden gestatten, daß sie ihre guten politischen Beziehungen durch
nähere wirtschaftliche Beziehungen vertragsmäßig unterstützten und
befestigten. Der Umstand, daß Cisleithcmicn ein Industrieland, Trans-
lcithanien ein Ackerbanland ist, scheint uns wenigstens der Anbahnung eines
solchen Verhältnisses keine unübersteiglichen Schwierigkeiten entgegenzustellen.




Die antiken Christenverfolaungen und der Kultur¬
kampf.

"gehörige der katholischen Kirche haben vor wenigen Jahren, als
der sogenannte Kulturkampf, der nach dem Wunsche fast aller
Parteien jetzt zu Ende zu gehen scheint, noch die Gemüter heftig
bewegte, zum öftern wehklagend nusgcrnfen, die christlich-katho¬
lische Kirche werde heute im deutschen Reiche ähnlich verfolgt wie
zur Zeit Neros und Diocleticms, Sie haben das Verfahren der Regierung


Die antiken Lhristenverfolgungen und der llultmkampf.

um in geregelten Beziehungen zu den kleinern deutschen Staaten dauernd leben
zu können. Ich glaube, wir sollte» den Handschuh bereitwillig aufnehmen und
kein Unglück, sondern einen Fortschritt der Krisis zur Besserung darin scheu, wenn
eine Majorität in Frankfurt einen Beschluß faßt, in welchem wir eine Überschreitung
der Kompetenz, eine willkürliche Änderung des Bundeszweckes, einen Bruch der
Bundesverträge finden. Je unzweideutiger die Verletzung zu Tage tritt, desto
besser. In Österreich, Frankreich, Rußland finden wir die Bedingungen nicht leicht
wieder so günstig, um uns eine Verbesserung unsrer Lage in Deutschland zu ge¬
statten, und unsre Bundesgenossen sind auf dem besten Wege, nus vollkommen ge¬
rechten Anlaß dafür zu bieten, auch ohne daß wir ihrem Übermute nachhelfen, . .
Ich sehe in unserm Bundesverhältnisse ein Gebrechen Preußens, welches wir früher
oder später ksrro se i^ni werden heilen müssen,

?6rro se i^ni — sieben Jahre später geschah es, und die Heilung gelang,
die Heilung Preußens und zugleich Deutschlands, die dann auch Österreich zu
Gute kam, erst auf indirekten, dann durch das Bündnis von 1879 auf direktem
Wege. Wäre ein solches förmliches Bündnis nicht abgeschlossen, so müßte es
unverweilt erstrebt werden, denn es wäre dann ein dringendes Bedürfnis zweier
friedliebenden Mächte. Zweitens, sollte die Nachricht, nach welcher das Bündnis
zwar in aller Form, aber nur auf fünf Jahre abgeschlossen wäre, auf Wahr¬
heit beruhen, so würde eine Verlängerung, und zwar eine erhebliche, aus
Gründen, die zu sehr auf der Hand liegen, um hervorgehoben werden zu müssen,
höchst wünschenswert sein. Drittens endlich würde es nur natürlich sein,
wenn bei solcher Umgestaltung und Ergänzung das Bündnis dadurch
verbessert würde, daß man anch gewisse nationalökonomische Para¬
graphen hinzufügte, mit andern Worten: die Interessen beider Reiche
würden gestatten, daß sie ihre guten politischen Beziehungen durch
nähere wirtschaftliche Beziehungen vertragsmäßig unterstützten und
befestigten. Der Umstand, daß Cisleithcmicn ein Industrieland, Trans-
lcithanien ein Ackerbanland ist, scheint uns wenigstens der Anbahnung eines
solchen Verhältnisses keine unübersteiglichen Schwierigkeiten entgegenzustellen.




Die antiken Christenverfolaungen und der Kultur¬
kampf.

»gehörige der katholischen Kirche haben vor wenigen Jahren, als
der sogenannte Kulturkampf, der nach dem Wunsche fast aller
Parteien jetzt zu Ende zu gehen scheint, noch die Gemüter heftig
bewegte, zum öftern wehklagend nusgcrnfen, die christlich-katho¬
lische Kirche werde heute im deutschen Reiche ähnlich verfolgt wie
zur Zeit Neros und Diocleticms, Sie haben das Verfahren der Regierung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/131>, abgerufen am 22.07.2024.