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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Schaffung des Oberhauses gi dacht würde. So sicher aber das englische Wahlgesetz
zum weibliche" Stimmrechte führen muß, mag es auch im Anfange beschränkt
sein, so sicher wird die Menge wichtigerer Vorlagen einen dahin zielenden An¬
trag von der Schwelle des Unterhauses fern halte". Die Abschaffung des Ober¬
hauses wird aber nur dann erfolgen, wenn überhaupt der Adel in England ab¬
geschafft wird. Der Engländer ist zu sehr davon überzeugt, daß die Abschaffung
des Oberhauses den Lebensnerv des englischen Staatslebens verletzen würde.
Der Adel würde zu einer Kaste herabsinken, dessen Ansprüche sich in umgekehrtem
Verhältnis zu seiner Bedeutung steigern wttrdeu. Das goldene Buch wäre ge¬
schlossen nud der staatsmännische Eifer vieler Männer erlahmt. Ähnlicher Be-
fiirchtuugeu begegnet selbst eine Umbildung des Oberhauses, wie John Stuart
Mill sie vorschlug.

Ob diese Reformen die schwerfällige, rostige und unzeitgemäße Maschine
des englischen Parlaments wieder in Stand setzen werden, ist schwer zu sagen.
Auf alle Fälle wird ihre Ausführung noch lange Zeit in Anspruch nehmen.
62 Jahre verflossen zwischen der ersten Anregung zur Parlamentsreform durch
den Earl of Chatam und dem Erlaß des Reformgcsetzes, nachdem die Angelegen¬
heit fast zweidntzendmale das Parlament beschäftigt hatte. Jeder, der der Ge¬
schichte der Reform seit 110 Jahren gefolgt ist, wird auch in manchen der jetzt
diskutirten Projekte liebe alte Bekannte erkennen, die sich ein neues Mäntelchen
umgehängt haben und von neuen Männern vorgeführt werden. Es wäre wirklich
an der Zeit, eine Geschichte der Reformprojekte zu schreiben.

Als im Jahre 1790 das Parlament über Floods Reformantrag beriet,
sagte sein Gegner Windham: Warum sollen wir reformiren? Das Land ist
glücklich. Die Güte eines Puddings erkennt man daran, daß er schmeckt (ins
prook ok xuääinA is in tus e-itinA.) Sollte es jetzt schwieriger sein zu be¬
weisen, daß der Pudding schmecke, als vor 92 Jahren?




Die KoM 660Arax1iioa1 80016^ in London
und die deutschen geographischen Gesellschaften.
(Schluß.)

"dem wir von der Festschrift Marlhams, der wir die thatsäch¬
lichen Angaben in der ersten Hüfte dieses Aufsatzes hauptsächlich
danken, und die zu den eingestreuten Bemerkungen Anlaß gegeben
hat, scheiden, werfen wir noch einen kurzen vergleichenden Blick
auf die entsprechenden Erscheinungen in Deutschland.^MA

Die deutschen geographischen Gesellschaften, besonders die älteren unter
ihnen, fanden bei ihrer Begründung den Boden nicht so wohl vorbereitet wie


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Schaffung des Oberhauses gi dacht würde. So sicher aber das englische Wahlgesetz
zum weibliche» Stimmrechte führen muß, mag es auch im Anfange beschränkt
sein, so sicher wird die Menge wichtigerer Vorlagen einen dahin zielenden An¬
trag von der Schwelle des Unterhauses fern halte». Die Abschaffung des Ober¬
hauses wird aber nur dann erfolgen, wenn überhaupt der Adel in England ab¬
geschafft wird. Der Engländer ist zu sehr davon überzeugt, daß die Abschaffung
des Oberhauses den Lebensnerv des englischen Staatslebens verletzen würde.
Der Adel würde zu einer Kaste herabsinken, dessen Ansprüche sich in umgekehrtem
Verhältnis zu seiner Bedeutung steigern wttrdeu. Das goldene Buch wäre ge¬
schlossen nud der staatsmännische Eifer vieler Männer erlahmt. Ähnlicher Be-
fiirchtuugeu begegnet selbst eine Umbildung des Oberhauses, wie John Stuart
Mill sie vorschlug.

Ob diese Reformen die schwerfällige, rostige und unzeitgemäße Maschine
des englischen Parlaments wieder in Stand setzen werden, ist schwer zu sagen.
Auf alle Fälle wird ihre Ausführung noch lange Zeit in Anspruch nehmen.
62 Jahre verflossen zwischen der ersten Anregung zur Parlamentsreform durch
den Earl of Chatam und dem Erlaß des Reformgcsetzes, nachdem die Angelegen¬
heit fast zweidntzendmale das Parlament beschäftigt hatte. Jeder, der der Ge¬
schichte der Reform seit 110 Jahren gefolgt ist, wird auch in manchen der jetzt
diskutirten Projekte liebe alte Bekannte erkennen, die sich ein neues Mäntelchen
umgehängt haben und von neuen Männern vorgeführt werden. Es wäre wirklich
an der Zeit, eine Geschichte der Reformprojekte zu schreiben.

Als im Jahre 1790 das Parlament über Floods Reformantrag beriet,
sagte sein Gegner Windham: Warum sollen wir reformiren? Das Land ist
glücklich. Die Güte eines Puddings erkennt man daran, daß er schmeckt (ins
prook ok xuääinA is in tus e-itinA.) Sollte es jetzt schwieriger sein zu be¬
weisen, daß der Pudding schmecke, als vor 92 Jahren?




Die KoM 660Arax1iioa1 80016^ in London
und die deutschen geographischen Gesellschaften.
(Schluß.)

»dem wir von der Festschrift Marlhams, der wir die thatsäch¬
lichen Angaben in der ersten Hüfte dieses Aufsatzes hauptsächlich
danken, und die zu den eingestreuten Bemerkungen Anlaß gegeben
hat, scheiden, werfen wir noch einen kurzen vergleichenden Blick
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ihnen, fanden bei ihrer Begründung den Boden nicht so wohl vorbereitet wie


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[0227] Die Rnynl <Zoo^i^pKie!»I t^ovi^dy und die deutschen geographischen Gesellschilfton. Schaffung des Oberhauses gi dacht würde. So sicher aber das englische Wahlgesetz zum weibliche» Stimmrechte führen muß, mag es auch im Anfange beschränkt sein, so sicher wird die Menge wichtigerer Vorlagen einen dahin zielenden An¬ trag von der Schwelle des Unterhauses fern halte». Die Abschaffung des Ober¬ hauses wird aber nur dann erfolgen, wenn überhaupt der Adel in England ab¬ geschafft wird. Der Engländer ist zu sehr davon überzeugt, daß die Abschaffung des Oberhauses den Lebensnerv des englischen Staatslebens verletzen würde. Der Adel würde zu einer Kaste herabsinken, dessen Ansprüche sich in umgekehrtem Verhältnis zu seiner Bedeutung steigern wttrdeu. Das goldene Buch wäre ge¬ schlossen nud der staatsmännische Eifer vieler Männer erlahmt. Ähnlicher Be- fiirchtuugeu begegnet selbst eine Umbildung des Oberhauses, wie John Stuart Mill sie vorschlug. Ob diese Reformen die schwerfällige, rostige und unzeitgemäße Maschine des englischen Parlaments wieder in Stand setzen werden, ist schwer zu sagen. Auf alle Fälle wird ihre Ausführung noch lange Zeit in Anspruch nehmen. 62 Jahre verflossen zwischen der ersten Anregung zur Parlamentsreform durch den Earl of Chatam und dem Erlaß des Reformgcsetzes, nachdem die Angelegen¬ heit fast zweidntzendmale das Parlament beschäftigt hatte. Jeder, der der Ge¬ schichte der Reform seit 110 Jahren gefolgt ist, wird auch in manchen der jetzt diskutirten Projekte liebe alte Bekannte erkennen, die sich ein neues Mäntelchen umgehängt haben und von neuen Männern vorgeführt werden. Es wäre wirklich an der Zeit, eine Geschichte der Reformprojekte zu schreiben. Als im Jahre 1790 das Parlament über Floods Reformantrag beriet, sagte sein Gegner Windham: Warum sollen wir reformiren? Das Land ist glücklich. Die Güte eines Puddings erkennt man daran, daß er schmeckt (ins prook ok xuääinA is in tus e-itinA.) Sollte es jetzt schwieriger sein zu be¬ weisen, daß der Pudding schmecke, als vor 92 Jahren? Die KoM 660Arax1iioa1 80016^ in London und die deutschen geographischen Gesellschaften. (Schluß.) »dem wir von der Festschrift Marlhams, der wir die thatsäch¬ lichen Angaben in der ersten Hüfte dieses Aufsatzes hauptsächlich danken, und die zu den eingestreuten Bemerkungen Anlaß gegeben hat, scheiden, werfen wir noch einen kurzen vergleichenden Blick auf die entsprechenden Erscheinungen in Deutschland.^MA Die deutschen geographischen Gesellschaften, besonders die älteren unter ihnen, fanden bei ihrer Begründung den Boden nicht so wohl vorbereitet wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/227>, abgerufen am 28.06.2024.