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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Das aus der Luft ausgeschiedene Wasser nimmt die Gestalt kleiner Bläschen
an, die nun schwerer als die Luft sind und niedersinken, an der Thaupunktgrenzc
wieder zu Wassergas werden, welches, leichter als die Luft, wiederum aufsteigt.
Auch werden sie von dem aufsteigenden Streun getragen, und so geht das Spiel
des Aufsteigens und Sinkens fort, während oberflächlich besehen die Wolke zu
ruhen scheint.

(Schlich sol.U.)




Jacob Grimm und das Goethedenkmal in Berlin.
Mitgeteilt von Amelie Sohr.

in Jahre 1860 trat auf Veranlassung des Professors Dr. Märker
in Berlin ein Komitee von Männern ans allen Berufs- und ge¬
lehrten Kreisen zusammen, welches die endliche Herstellung eines
Gvethedeukmals in Berlin sich zur Aufgabe stellte und die sür
deren Erfüllung notwendigen Bedingungen und Vorbereitungen
in Erwägung zog. Den Sitzungen wohnte Jacob Grimm als Mitglied des
beratenden Geschäftsansschusses bei. Ju der Frage, wo das Denkmal seinen
würdigsten Platz finde,: solle, trat er sehr warm für den Antrag MürkerS
ein, Goethes Standbild zur Seite des Schillerstandbildcs auf dem freien Platze
vor dem Schauspielhause aufzurichten. Zugleich legte er den Entwurf eines
Ausrufs an das deutsche Volk vor, in welchem er mit beredten Worten und
vom nationalen Standpunkte ans Märkers Antrag näher motivirte.

An den Meinnngskvnflikten der beratenden Kvmiteemitglieder, hauptsächlich
an den Widersprüchen der unter ihnen lagerten Schillerenthnsinsten, scheiterte
die Entscheidung der im Sinne Märkers und Grimms gestellten lokalen Frage.
Die wahrscheinliche Besorgnis, es könne Goethes Nachbarschaft ihren Helden
verdunkeln, maskirte sich dnrch den Einwand: "es dürfe die Unverträglichkeit
der schroffen Gegensätze von Realismus lind Idealismus in dem geistigen Lebe"
der beiden großen Männer, eine Unverträglichkeit, die sie oft bei Lebzeiten aus-
einandergehalten, in der Nebeneinanderstellung ihrer Deukiuäler uicht wieder zur
Erscheinung gebracht werden." (Wörtliche Äußerung eines der beratenden Mit¬
glieder des Komitees.)

Wie Jacob Grimm über diese Bedenken dachte, braucht uicht gesagt z"
werden; wie sie an sich haltlos und nichtig waren, ergab sich aus der künst¬
lerischen und individuellen Wirkung von Nictschls Dvppeldenkmal der beiden


Das aus der Luft ausgeschiedene Wasser nimmt die Gestalt kleiner Bläschen
an, die nun schwerer als die Luft sind und niedersinken, an der Thaupunktgrenzc
wieder zu Wassergas werden, welches, leichter als die Luft, wiederum aufsteigt.
Auch werden sie von dem aufsteigenden Streun getragen, und so geht das Spiel
des Aufsteigens und Sinkens fort, während oberflächlich besehen die Wolke zu
ruhen scheint.

(Schlich sol.U.)




Jacob Grimm und das Goethedenkmal in Berlin.
Mitgeteilt von Amelie Sohr.

in Jahre 1860 trat auf Veranlassung des Professors Dr. Märker
in Berlin ein Komitee von Männern ans allen Berufs- und ge¬
lehrten Kreisen zusammen, welches die endliche Herstellung eines
Gvethedeukmals in Berlin sich zur Aufgabe stellte und die sür
deren Erfüllung notwendigen Bedingungen und Vorbereitungen
in Erwägung zog. Den Sitzungen wohnte Jacob Grimm als Mitglied des
beratenden Geschäftsansschusses bei. Ju der Frage, wo das Denkmal seinen
würdigsten Platz finde,: solle, trat er sehr warm für den Antrag MürkerS
ein, Goethes Standbild zur Seite des Schillerstandbildcs auf dem freien Platze
vor dem Schauspielhause aufzurichten. Zugleich legte er den Entwurf eines
Ausrufs an das deutsche Volk vor, in welchem er mit beredten Worten und
vom nationalen Standpunkte ans Märkers Antrag näher motivirte.

An den Meinnngskvnflikten der beratenden Kvmiteemitglieder, hauptsächlich
an den Widersprüchen der unter ihnen lagerten Schillerenthnsinsten, scheiterte
die Entscheidung der im Sinne Märkers und Grimms gestellten lokalen Frage.
Die wahrscheinliche Besorgnis, es könne Goethes Nachbarschaft ihren Helden
verdunkeln, maskirte sich dnrch den Einwand: „es dürfe die Unverträglichkeit
der schroffen Gegensätze von Realismus lind Idealismus in dem geistigen Lebe»
der beiden großen Männer, eine Unverträglichkeit, die sie oft bei Lebzeiten aus-
einandergehalten, in der Nebeneinanderstellung ihrer Deukiuäler uicht wieder zur
Erscheinung gebracht werden." (Wörtliche Äußerung eines der beratenden Mit¬
glieder des Komitees.)

Wie Jacob Grimm über diese Bedenken dachte, braucht uicht gesagt z»
werden; wie sie an sich haltlos und nichtig waren, ergab sich aus der künst¬
lerischen und individuellen Wirkung von Nictschls Dvppeldenkmal der beiden


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[0468] Das aus der Luft ausgeschiedene Wasser nimmt die Gestalt kleiner Bläschen an, die nun schwerer als die Luft sind und niedersinken, an der Thaupunktgrenzc wieder zu Wassergas werden, welches, leichter als die Luft, wiederum aufsteigt. Auch werden sie von dem aufsteigenden Streun getragen, und so geht das Spiel des Aufsteigens und Sinkens fort, während oberflächlich besehen die Wolke zu ruhen scheint. (Schlich sol.U.) Jacob Grimm und das Goethedenkmal in Berlin. Mitgeteilt von Amelie Sohr. in Jahre 1860 trat auf Veranlassung des Professors Dr. Märker in Berlin ein Komitee von Männern ans allen Berufs- und ge¬ lehrten Kreisen zusammen, welches die endliche Herstellung eines Gvethedeukmals in Berlin sich zur Aufgabe stellte und die sür deren Erfüllung notwendigen Bedingungen und Vorbereitungen in Erwägung zog. Den Sitzungen wohnte Jacob Grimm als Mitglied des beratenden Geschäftsansschusses bei. Ju der Frage, wo das Denkmal seinen würdigsten Platz finde,: solle, trat er sehr warm für den Antrag MürkerS ein, Goethes Standbild zur Seite des Schillerstandbildcs auf dem freien Platze vor dem Schauspielhause aufzurichten. Zugleich legte er den Entwurf eines Ausrufs an das deutsche Volk vor, in welchem er mit beredten Worten und vom nationalen Standpunkte ans Märkers Antrag näher motivirte. An den Meinnngskvnflikten der beratenden Kvmiteemitglieder, hauptsächlich an den Widersprüchen der unter ihnen lagerten Schillerenthnsinsten, scheiterte die Entscheidung der im Sinne Märkers und Grimms gestellten lokalen Frage. Die wahrscheinliche Besorgnis, es könne Goethes Nachbarschaft ihren Helden verdunkeln, maskirte sich dnrch den Einwand: „es dürfe die Unverträglichkeit der schroffen Gegensätze von Realismus lind Idealismus in dem geistigen Lebe» der beiden großen Männer, eine Unverträglichkeit, die sie oft bei Lebzeiten aus- einandergehalten, in der Nebeneinanderstellung ihrer Deukiuäler uicht wieder zur Erscheinung gebracht werden." (Wörtliche Äußerung eines der beratenden Mit¬ glieder des Komitees.) Wie Jacob Grimm über diese Bedenken dachte, braucht uicht gesagt z» werden; wie sie an sich haltlos und nichtig waren, ergab sich aus der künst¬ lerischen und individuellen Wirkung von Nictschls Dvppeldenkmal der beiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/468>, abgerufen am 29.06.2024.