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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenosse",

Freising nachweisbar, was nicht der Fall sein würde, wenn das Wort Appel¬
lativ im Sinne von Herr gewesen wäre; denn "Herr" hat sich niemand genannt.
Wohl aber haben sich unsere Vorfahren gelegentlich die Namen der Götter bei¬
gelegt, wie z. B. ein ^Vol-ur und eine HolZg, im neunten Jahrhundert in Fuldn
vorkommen.

Also ist Balder im Zauberspruch sicher der Name des Gottes, und Pfol
ist wahrscheinlich nur ein Beiname von ihm, sodaß Psol und Balder dieselbe
Person bezeichnen. "Das erlahmte, in seinem Gang aufgehaltene Pferd Balders
empfangt vollen Sinn, sobald man ihn sich als Licht- oder Taggott vorstellt,
durch dessen Hemmung und Zurückbleiben großes Unheil auf Erden erfolgen
muß" (Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, S. 205). Wenn nun aber durch
den Spruch der Kultus des Gottes auch für Deutschland nachgewiesen ist, so
müssen die Germanen schon zu eiuer Zeit den Balder verehrt haben, wo die
verschiedenen Stämme noch ein Volk bildeten: ist dieses aber der Fall, so ist
Bugges Entlehnungstheorie ein bedeutender Teil des Bodens ohne weiteres
entzogen.


Rudolf Aögel.


Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenossen.

s ist b
ekannt, wie schwer Schiller sich zum Teil bis in die neuere
Zeit herein diejenige allgemeine Anerkennung zu erringen ver¬
mochte, die seinem Genius gebührt. Bei diesem Umstände ist es
von höchstem Werte, die Entwicklung der öffentlichen Meinung
über ihn seit seinem ersten Auftreten jetzt in so bequemer Weise
überschatten zu können, wie es die Sammlung zeitgenössischer Kritiken über den
Dichter und seine Werke, welche Julius W. Braun veranstaltet hat, ermöglicht."-)
Allerdings ist mit dieser Zusammenstellung der Gegenstand keineswegs erschöpft.
Vor allem Hütte die wichtige Briefliteratur der Zeit ergänzend an die Seite zu
treten, die vor diesen Zeitnngskritiken das voraus hat, daß wir es dort immer
mit namhaften, für ihr Urteil eintretenden Persönlichkeiten zu thun habe",



Schiller und Goethe in> Urteile ihrer Zeitgenossen. Zeitungskritiken, Be¬
richte und Notizen Schiller und Goethe und deren Werke betreffend, aus den Jahren 177"
bis 1812, gesammelt und herausgegeben von Julius W. Braun. Erste Abteilung: Schiller.
2 Bände. Leipzig, Schlicke, 1882. Der nachträglich in andern, Verlage (Friedrich Luckhardt
in Berlin) erschienene dritte Band hat leider keine Berücksichtigung finden können, da er
uns selbst auf unsre ausdrückliche Bitte von der Verlagshnudlung nicht zugesandt wurde.
Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenosse»,

Freising nachweisbar, was nicht der Fall sein würde, wenn das Wort Appel¬
lativ im Sinne von Herr gewesen wäre; denn „Herr" hat sich niemand genannt.
Wohl aber haben sich unsere Vorfahren gelegentlich die Namen der Götter bei¬
gelegt, wie z. B. ein ^Vol-ur und eine HolZg, im neunten Jahrhundert in Fuldn
vorkommen.

Also ist Balder im Zauberspruch sicher der Name des Gottes, und Pfol
ist wahrscheinlich nur ein Beiname von ihm, sodaß Psol und Balder dieselbe
Person bezeichnen. „Das erlahmte, in seinem Gang aufgehaltene Pferd Balders
empfangt vollen Sinn, sobald man ihn sich als Licht- oder Taggott vorstellt,
durch dessen Hemmung und Zurückbleiben großes Unheil auf Erden erfolgen
muß" (Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, S. 205). Wenn nun aber durch
den Spruch der Kultus des Gottes auch für Deutschland nachgewiesen ist, so
müssen die Germanen schon zu eiuer Zeit den Balder verehrt haben, wo die
verschiedenen Stämme noch ein Volk bildeten: ist dieses aber der Fall, so ist
Bugges Entlehnungstheorie ein bedeutender Teil des Bodens ohne weiteres
entzogen.


Rudolf Aögel.


Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenossen.

s ist b
ekannt, wie schwer Schiller sich zum Teil bis in die neuere
Zeit herein diejenige allgemeine Anerkennung zu erringen ver¬
mochte, die seinem Genius gebührt. Bei diesem Umstände ist es
von höchstem Werte, die Entwicklung der öffentlichen Meinung
über ihn seit seinem ersten Auftreten jetzt in so bequemer Weise
überschatten zu können, wie es die Sammlung zeitgenössischer Kritiken über den
Dichter und seine Werke, welche Julius W. Braun veranstaltet hat, ermöglicht."-)
Allerdings ist mit dieser Zusammenstellung der Gegenstand keineswegs erschöpft.
Vor allem Hütte die wichtige Briefliteratur der Zeit ergänzend an die Seite zu
treten, die vor diesen Zeitnngskritiken das voraus hat, daß wir es dort immer
mit namhaften, für ihr Urteil eintretenden Persönlichkeiten zu thun habe»,



Schiller und Goethe in> Urteile ihrer Zeitgenossen. Zeitungskritiken, Be¬
richte und Notizen Schiller und Goethe und deren Werke betreffend, aus den Jahren 177»
bis 1812, gesammelt und herausgegeben von Julius W. Braun. Erste Abteilung: Schiller.
2 Bände. Leipzig, Schlicke, 1882. Der nachträglich in andern, Verlage (Friedrich Luckhardt
in Berlin) erschienene dritte Band hat leider keine Berücksichtigung finden können, da er
uns selbst auf unsre ausdrückliche Bitte von der Verlagshnudlung nicht zugesandt wurde.
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[0311] Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenosse», Freising nachweisbar, was nicht der Fall sein würde, wenn das Wort Appel¬ lativ im Sinne von Herr gewesen wäre; denn „Herr" hat sich niemand genannt. Wohl aber haben sich unsere Vorfahren gelegentlich die Namen der Götter bei¬ gelegt, wie z. B. ein ^Vol-ur und eine HolZg, im neunten Jahrhundert in Fuldn vorkommen. Also ist Balder im Zauberspruch sicher der Name des Gottes, und Pfol ist wahrscheinlich nur ein Beiname von ihm, sodaß Psol und Balder dieselbe Person bezeichnen. „Das erlahmte, in seinem Gang aufgehaltene Pferd Balders empfangt vollen Sinn, sobald man ihn sich als Licht- oder Taggott vorstellt, durch dessen Hemmung und Zurückbleiben großes Unheil auf Erden erfolgen muß" (Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, S. 205). Wenn nun aber durch den Spruch der Kultus des Gottes auch für Deutschland nachgewiesen ist, so müssen die Germanen schon zu eiuer Zeit den Balder verehrt haben, wo die verschiedenen Stämme noch ein Volk bildeten: ist dieses aber der Fall, so ist Bugges Entlehnungstheorie ein bedeutender Teil des Bodens ohne weiteres entzogen. Rudolf Aögel. Der junge Schiller im Urteile seiner Zeitgenossen. s ist b ekannt, wie schwer Schiller sich zum Teil bis in die neuere Zeit herein diejenige allgemeine Anerkennung zu erringen ver¬ mochte, die seinem Genius gebührt. Bei diesem Umstände ist es von höchstem Werte, die Entwicklung der öffentlichen Meinung über ihn seit seinem ersten Auftreten jetzt in so bequemer Weise überschatten zu können, wie es die Sammlung zeitgenössischer Kritiken über den Dichter und seine Werke, welche Julius W. Braun veranstaltet hat, ermöglicht."-) Allerdings ist mit dieser Zusammenstellung der Gegenstand keineswegs erschöpft. Vor allem Hütte die wichtige Briefliteratur der Zeit ergänzend an die Seite zu treten, die vor diesen Zeitnngskritiken das voraus hat, daß wir es dort immer mit namhaften, für ihr Urteil eintretenden Persönlichkeiten zu thun habe», Schiller und Goethe in> Urteile ihrer Zeitgenossen. Zeitungskritiken, Be¬ richte und Notizen Schiller und Goethe und deren Werke betreffend, aus den Jahren 177» bis 1812, gesammelt und herausgegeben von Julius W. Braun. Erste Abteilung: Schiller. 2 Bände. Leipzig, Schlicke, 1882. Der nachträglich in andern, Verlage (Friedrich Luckhardt in Berlin) erschienene dritte Band hat leider keine Berücksichtigung finden können, da er uns selbst auf unsre ausdrückliche Bitte von der Verlagshnudlung nicht zugesandt wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/311>, abgerufen am 03.07.2024.