Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Bertiichs Briefe an Gleim, Welche Freude machte uns nicht gestern Ihr liebes Briefchen! Tausend, Der lieben herzguteu Glemindc und dem vortrefflichen Stammford, dem Noch eins, theuerster Gleim; ich muß Sie vor Ihrem Bergerac warnen; 11. Bertuch an Gleim. Weimar, den 27. Juni 1775. Ich zögerte mit Fleiß ein wenig, liebster Vater Gleim, mit meiner Antwort Bertiichs Briefe an Gleim, Welche Freude machte uns nicht gestern Ihr liebes Briefchen! Tausend, Der lieben herzguteu Glemindc und dem vortrefflichen Stammford, dem Noch eins, theuerster Gleim; ich muß Sie vor Ihrem Bergerac warnen; 11. Bertuch an Gleim. Weimar, den 27. Juni 1775. Ich zögerte mit Fleiß ein wenig, liebster Vater Gleim, mit meiner Antwort <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149468"/> <fw type="header" place="top"> Bertiichs Briefe an Gleim,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1334"> Welche Freude machte uns nicht gestern Ihr liebes Briefchen! Tausend,<lb/> tausend Dank dafür! Wir waren eben bey Wieland versammlet, wie es lahm;<lb/> die kleine Sun nein nun war auch dabey, und hüpfte für Freuden wie ein Lämmgcn,<lb/> und beschwor uns Alle den Herzens Vater Gleim für sie zu bitten, daß er auch<lb/> ihr Vater seyn wolle, O liebster bester Gleim, welch eine Aussicht machen Sie<lb/> uns in Ihrem Briefe! Die Hoffnung, ernstlich daran zu arbeiten, um noch einmal<lb/> mit uns unter einem Zenith leben zu können! Gewiß, von allen Glückseligkeiten<lb/> meines Lebens wäre dies eine der größten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1335"> Der lieben herzguteu Glemindc und dem vortrefflichen Stammford, dem<lb/> guten Schmid und Herrn L, S, Gleim tausend tausend Grüße, Ich kann keinem<lb/> von ihnen itzt schreiben, denn ich eile; aber mein warmes Herz liebt sie Alle.</p><lb/> <p xml:id="ID_1336"> Noch eins, theuerster Gleim; ich muß Sie vor Ihrem Bergerac warnen;<lb/> trinken Sie ja keinen Tropfen davon; es ist ein häßliches Geschmiere, worunter<lb/> sondert, schrecklicher Schwefel Einschlag ist, den Sie sogar riechen können. Wir<lb/> haben die Entdeckung unterwegs gemacht. Sie können die Probe machen, wenn<lb/> Sie nur eine Eyerschale in ein Glas davon werfen, und eine Nacht über stehen<lb/> laßen, da werdeu Sie sehen wie schwarz und grün sie ist. Trinken Sie ja nicht<lb/> davon. Ihr kostbares Leben soll nicht durch einen verfluchten Weinmischcr ver¬<lb/> giftet werden. Tausendmal küße und drücke ich Sie mit unaussprechlicher Liebe<lb/> an mein treues Herz.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 11. Bertuch an Gleim. Weimar, den 27. Juni 1775.</head><lb/> <p xml:id="ID_1337" next="#ID_1338"> Ich zögerte mit Fleiß ein wenig, liebster Vater Gleim, mit meiner Antwort<lb/> auf Ihren (sie) herzliches letztes Briefchen, um Ihnen zugleich etwas Neues von der<lb/> Zurückkunft unsrer Prinzen melden zu können. Nun sind sie da; am 21ten dieses<lb/> lahmen sie; ich segnete die Stunde da sie zu unsern Thoren herein fuhren; mein<lb/> Herz hüpfte in der Brust, und eine Thräne zitterte mir im Auge, da ich Carl<lb/> Augusten zum erstenmale wiedersähe. O Carl August! sey weise, sey gut!<lb/> seufzte ich ihm entgegen. Ohngefähr ^ Stunde, nachdem er ankommen war, gönnte<lb/> mir die Herzogin noch die Gnade ihn ganz allein in ihrem Zimmer zu sprechen.<lb/> Das erste was ich bemerken konnte, war, daß der Herzog nichts affektirtes ange¬<lb/> nommen hatte, und ein wenig ernsthafter, übrigens aber noch eben so freundlich<lb/> als sonst schien. Wir müßen ihm einige Tage Zeit laßen, der erste Anschein ist<lb/> nicht immer der wahre, sagte ich zu Wielanden. Dies thaten wir, und mit<lb/> Hülfe unsers Knebels, der uns einige Winke über gewiße Dinge gegeben hatte,<lb/> entdeckte sichs, daß ihn Graf Görtz während dieser Reise so ganz umstrickt und mit<lb/> einem Zanberduft übergoßcn hatte, daß es beynahe unmöglich schien, ihm die Binde von<lb/> den Augen zu reißen. Die Gefahr, in welcher sich der arme Carl August (deßen<lb/> Herz immer gut und edel, uur verführt ist) befindet Ihnen recht lebhaft zu zeigen,<lb/> denken Sie sich den Gr. G. als einen äußerst stolze» und ehrsüchtigen Menschen;<lb/> als den ausgelerntesten Hypokriten, als einen Feind der Herzogin Mutter und der<lb/> jungen Herzogin, und als einen Mann, der neben der Sucht, sich zu bereichern<lb/> keine geringere Absicht hat, als hinter der Scene selber Herzog zu seyn. In diesen<lb/> Händen liegt C. A., fühlt und sieht nicht, daß er auf einer Spinnewebe über einem<lb/> Abgrunde schwebt. In den ersten Tagen war es unserm W. nicht möglich an ihn<lb/> und zu einem vertrauten tuts ^ Ms zu kommen, immer wich er ans; denn dazu<lb/> war er schon von G. angewiesen, und dieser verließ ihn auch sehr wenig. Zum<lb/> Glück mußte vorige Woche Gr. G. Schwiegermutter in Gotha sterben, wodurch G.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
Bertiichs Briefe an Gleim,
Welche Freude machte uns nicht gestern Ihr liebes Briefchen! Tausend,
tausend Dank dafür! Wir waren eben bey Wieland versammlet, wie es lahm;
die kleine Sun nein nun war auch dabey, und hüpfte für Freuden wie ein Lämmgcn,
und beschwor uns Alle den Herzens Vater Gleim für sie zu bitten, daß er auch
ihr Vater seyn wolle, O liebster bester Gleim, welch eine Aussicht machen Sie
uns in Ihrem Briefe! Die Hoffnung, ernstlich daran zu arbeiten, um noch einmal
mit uns unter einem Zenith leben zu können! Gewiß, von allen Glückseligkeiten
meines Lebens wäre dies eine der größten.
Der lieben herzguteu Glemindc und dem vortrefflichen Stammford, dem
guten Schmid und Herrn L, S, Gleim tausend tausend Grüße, Ich kann keinem
von ihnen itzt schreiben, denn ich eile; aber mein warmes Herz liebt sie Alle.
Noch eins, theuerster Gleim; ich muß Sie vor Ihrem Bergerac warnen;
trinken Sie ja keinen Tropfen davon; es ist ein häßliches Geschmiere, worunter
sondert, schrecklicher Schwefel Einschlag ist, den Sie sogar riechen können. Wir
haben die Entdeckung unterwegs gemacht. Sie können die Probe machen, wenn
Sie nur eine Eyerschale in ein Glas davon werfen, und eine Nacht über stehen
laßen, da werdeu Sie sehen wie schwarz und grün sie ist. Trinken Sie ja nicht
davon. Ihr kostbares Leben soll nicht durch einen verfluchten Weinmischcr ver¬
giftet werden. Tausendmal küße und drücke ich Sie mit unaussprechlicher Liebe
an mein treues Herz.
11. Bertuch an Gleim. Weimar, den 27. Juni 1775.
Ich zögerte mit Fleiß ein wenig, liebster Vater Gleim, mit meiner Antwort
auf Ihren (sie) herzliches letztes Briefchen, um Ihnen zugleich etwas Neues von der
Zurückkunft unsrer Prinzen melden zu können. Nun sind sie da; am 21ten dieses
lahmen sie; ich segnete die Stunde da sie zu unsern Thoren herein fuhren; mein
Herz hüpfte in der Brust, und eine Thräne zitterte mir im Auge, da ich Carl
Augusten zum erstenmale wiedersähe. O Carl August! sey weise, sey gut!
seufzte ich ihm entgegen. Ohngefähr ^ Stunde, nachdem er ankommen war, gönnte
mir die Herzogin noch die Gnade ihn ganz allein in ihrem Zimmer zu sprechen.
Das erste was ich bemerken konnte, war, daß der Herzog nichts affektirtes ange¬
nommen hatte, und ein wenig ernsthafter, übrigens aber noch eben so freundlich
als sonst schien. Wir müßen ihm einige Tage Zeit laßen, der erste Anschein ist
nicht immer der wahre, sagte ich zu Wielanden. Dies thaten wir, und mit
Hülfe unsers Knebels, der uns einige Winke über gewiße Dinge gegeben hatte,
entdeckte sichs, daß ihn Graf Görtz während dieser Reise so ganz umstrickt und mit
einem Zanberduft übergoßcn hatte, daß es beynahe unmöglich schien, ihm die Binde von
den Augen zu reißen. Die Gefahr, in welcher sich der arme Carl August (deßen
Herz immer gut und edel, uur verführt ist) befindet Ihnen recht lebhaft zu zeigen,
denken Sie sich den Gr. G. als einen äußerst stolze» und ehrsüchtigen Menschen;
als den ausgelerntesten Hypokriten, als einen Feind der Herzogin Mutter und der
jungen Herzogin, und als einen Mann, der neben der Sucht, sich zu bereichern
keine geringere Absicht hat, als hinter der Scene selber Herzog zu seyn. In diesen
Händen liegt C. A., fühlt und sieht nicht, daß er auf einer Spinnewebe über einem
Abgrunde schwebt. In den ersten Tagen war es unserm W. nicht möglich an ihn
und zu einem vertrauten tuts ^ Ms zu kommen, immer wich er ans; denn dazu
war er schon von G. angewiesen, und dieser verließ ihn auch sehr wenig. Zum
Glück mußte vorige Woche Gr. G. Schwiegermutter in Gotha sterben, wodurch G.
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