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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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und erhielt den schwarzen Adler-Orden. Aber auch in weiteren Kreisen wurde
ihm, dem Moltke der Freiheitskriege, die verdiente Ehre, und der Historiker
Rühs von der Berliner Universität widmete seine 1815 erscheinende Schrift
"Historische Entwicklung des Einflusses Frankreichs und der Franzosen auf
Deutschland und die Deutschen" "dem deutschen Helden, dem Herrn Grafen von
Gneisenau". Das Gedicht, mit welchem er sein Buch dem General zueignete,
schließt mit den Worten:


Und wenn die blut'gen Würfel zweifelnd fallen,
Soll's Gneisenau als deutscher Fcldruf schallen.

Wir schließen hiermit unsere Auszüge. Es ist nur ein Theil der Briefe,
die wir durchmustert haben, derjenige, welcher sich auf die Ereignisse der Jahre
1814 und 15 bezieht, und auch dabei haben wir uns auf die wichtigsten Schrei¬
ben beschränkt. Aber schon aus ihnen wird man Gneisenaus scharfe politische
und militärische Urtheilskraft erkennen.

Wir können von dem inhaltreichen Buche nicht Abschied nehmen, ohne es
unseren Lesern aufs wärmste zu empfehlen. Niemand wird diese Sammluug der
Gneisenauschen Briefe aus der Hand legen, der uicht neben dem Feldherrn und
Staatsmann auch den Patrioten und Menschen in Gneisenau hätte lieb ge¬
winnen müssen.




Die neue Eidesformel.

Durch die jüngste Gesetzgebung das Jnstizwesen betreffend sind auch hin-
sichtlich des Eides, besonders der Eidesformel, wesentliche Veränderungen ein¬
geführt worden. In der Absicht, auch in dieser Beziehung eine Gleichheit vor
dem Gesetze herzustellen, hat man aus der Eidesformel alles hinweggethan,
was noch irgend an confessionelle Unterschiede erinnern konnte; namentlich hat
Man jeden Anklang an die specifische Gestalt des christlichen Bewußtseins zu
entfernen gesucht. Die Erwähnung Jesu Christi und des Evangeliums, bezie¬
hentlich des "heiligen Wortes Gottes", ist ebenso beseitigt wie die "drei Schwur¬
finger", welche bekanntlich der christlichen Lehre von der Dreieinigkeit entsprachen
und diese symbolisieren sollten; nur der Name Gottes soll noch genannt werden,
und statt der drei Finger wird jetzt die ganze Hand emporgehoben. Mit dieser
Art zu schwören, meint man, könne jeder, welcher Religion und Confession er
auch angehöre, sich vertragen, und namentlich sind es die Juden, denen man auf


und erhielt den schwarzen Adler-Orden. Aber auch in weiteren Kreisen wurde
ihm, dem Moltke der Freiheitskriege, die verdiente Ehre, und der Historiker
Rühs von der Berliner Universität widmete seine 1815 erscheinende Schrift
„Historische Entwicklung des Einflusses Frankreichs und der Franzosen auf
Deutschland und die Deutschen" „dem deutschen Helden, dem Herrn Grafen von
Gneisenau". Das Gedicht, mit welchem er sein Buch dem General zueignete,
schließt mit den Worten:


Und wenn die blut'gen Würfel zweifelnd fallen,
Soll's Gneisenau als deutscher Fcldruf schallen.

Wir schließen hiermit unsere Auszüge. Es ist nur ein Theil der Briefe,
die wir durchmustert haben, derjenige, welcher sich auf die Ereignisse der Jahre
1814 und 15 bezieht, und auch dabei haben wir uns auf die wichtigsten Schrei¬
ben beschränkt. Aber schon aus ihnen wird man Gneisenaus scharfe politische
und militärische Urtheilskraft erkennen.

Wir können von dem inhaltreichen Buche nicht Abschied nehmen, ohne es
unseren Lesern aufs wärmste zu empfehlen. Niemand wird diese Sammluug der
Gneisenauschen Briefe aus der Hand legen, der uicht neben dem Feldherrn und
Staatsmann auch den Patrioten und Menschen in Gneisenau hätte lieb ge¬
winnen müssen.




Die neue Eidesformel.

Durch die jüngste Gesetzgebung das Jnstizwesen betreffend sind auch hin-
sichtlich des Eides, besonders der Eidesformel, wesentliche Veränderungen ein¬
geführt worden. In der Absicht, auch in dieser Beziehung eine Gleichheit vor
dem Gesetze herzustellen, hat man aus der Eidesformel alles hinweggethan,
was noch irgend an confessionelle Unterschiede erinnern konnte; namentlich hat
Man jeden Anklang an die specifische Gestalt des christlichen Bewußtseins zu
entfernen gesucht. Die Erwähnung Jesu Christi und des Evangeliums, bezie¬
hentlich des „heiligen Wortes Gottes", ist ebenso beseitigt wie die „drei Schwur¬
finger", welche bekanntlich der christlichen Lehre von der Dreieinigkeit entsprachen
und diese symbolisieren sollten; nur der Name Gottes soll noch genannt werden,
und statt der drei Finger wird jetzt die ganze Hand emporgehoben. Mit dieser
Art zu schwören, meint man, könne jeder, welcher Religion und Confession er
auch angehöre, sich vertragen, und namentlich sind es die Juden, denen man auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/107>, abgerufen am 27.12.2024.