Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.sondern conventionell im schlimmsten Sinne des Wortes ist, Veranlassung und Karl Schurz über die amerikanische Präsidentenwahl. Die Reden, mit welchen wichtige nationale Wahlkümpfe in den Vereinigten sondern conventionell im schlimmsten Sinne des Wortes ist, Veranlassung und Karl Schurz über die amerikanische Präsidentenwahl. Die Reden, mit welchen wichtige nationale Wahlkümpfe in den Vereinigten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0421" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147515"/> <p xml:id="ID_1186" prev="#ID_1185"> sondern conventionell im schlimmsten Sinne des Wortes ist, Veranlassung und<lb/> Vorwand genommen werden soll, uns wiederum in die Auffassungen des Jahr¬<lb/> zehnts zwischen 1830 und 1840 zurückzuschaudern, wenn die Trompetenfanfaren,<lb/> mit denen einst Theodor Mundt die Unzulänglichkeit Goethes verkündet, um<lb/> dafür die Zulänglichkeit der Jungdeutschen zu preisen, aufs neue erklingen sollen,<lb/> so ist es schon jetzt an der Zeit, sich dagegen zu verwahren. Daß uns ein<lb/> gutes Stück Idealismus noththut, gewaltig noththut, wer leugnet es? Aber wenn<lb/> in götterloser Zeit die Thaumaturgen von allen Seiten kommen und ihre Idole<lb/> darbieten, sollen wir uns wohl vorsehen, ehe wir niederfallen und anbeten. Hüten<lb/> wir uns davor, mit der Fischerin des Märchens wieder im Pot anzulangen. Es<lb/> wäre ein schlimmer Tausch für die deutsche Literatur, wenn die Periode geist¬<lb/> losen Schwindels und trivialer Frivolität von nichts Besserem abgelöst werden<lb/> sollte, als von einer Periode.'eitler Gedankenspielerei, die sich geistreich, und<lb/> lebloser, unfruchtbarer Reflexion, die sich „Idealismus" nennt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Karl Schurz über die amerikanische Präsidentenwahl.</head><lb/> <p xml:id="ID_1187" next="#ID_1188"> Die Reden, mit welchen wichtige nationale Wahlkümpfe in den Vereinigten<lb/> Staaten eröffnet worden, sind stets von hoher Bedeutung. Das amerikanische<lb/> Volk erwartet von ihnen, daß alle Hauptfragen, welche bei der vorzunehmenden<lb/> Wahl zur Discussion stehen, in ihren Grundzügen klar und deutlich darin aus¬<lb/> einander gesetzt und in eindringlicher Weise erörtert worden. Der Eindruck<lb/> eiuer solchen Eröffnungsrede (oxonwA gxsson) bedingt vielfach den Erfolg der<lb/> ganzen Wahlcampagne, und aus diesem Grunde werden in der Regel Redner<lb/> von nationalem Rufe für dieselben auserkoren. Bei der diesjährigen Präsi¬<lb/> dentenwahl war es der Minister des Innern, Karl Schurz, dem von der<lb/> republikanischen Partei die Ehre und Auszeichnung zu Theil wurde, Ende Juli<lb/> die bezeichnete Rede zu Indianapolis im Staate Jndiana zu halten. Verschie¬<lb/> dene Umstände tragen dazu bei, die Wichtigkeit dieser Rede, welche ihrer eigenen<lb/> Bedeutung halber durch alle Preßorgane der republikanischen Partei die Runde<lb/> machte und in besonderen Abzügen über die ganze Union verbreitet wurde, zu<lb/> erhöhen. Zuvörderst war der Ort, wo sie gehalten wurde, mit Vorbedacht dazu<lb/> auserwählt worden. Der Staat Jndiana gehört zu den nördlichen Staaten,<lb/> von dessen Gewinnung das Resultat der Wahl in hohem Maße abhängt. Wüd-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0421]
sondern conventionell im schlimmsten Sinne des Wortes ist, Veranlassung und
Vorwand genommen werden soll, uns wiederum in die Auffassungen des Jahr¬
zehnts zwischen 1830 und 1840 zurückzuschaudern, wenn die Trompetenfanfaren,
mit denen einst Theodor Mundt die Unzulänglichkeit Goethes verkündet, um
dafür die Zulänglichkeit der Jungdeutschen zu preisen, aufs neue erklingen sollen,
so ist es schon jetzt an der Zeit, sich dagegen zu verwahren. Daß uns ein
gutes Stück Idealismus noththut, gewaltig noththut, wer leugnet es? Aber wenn
in götterloser Zeit die Thaumaturgen von allen Seiten kommen und ihre Idole
darbieten, sollen wir uns wohl vorsehen, ehe wir niederfallen und anbeten. Hüten
wir uns davor, mit der Fischerin des Märchens wieder im Pot anzulangen. Es
wäre ein schlimmer Tausch für die deutsche Literatur, wenn die Periode geist¬
losen Schwindels und trivialer Frivolität von nichts Besserem abgelöst werden
sollte, als von einer Periode.'eitler Gedankenspielerei, die sich geistreich, und
lebloser, unfruchtbarer Reflexion, die sich „Idealismus" nennt.
Karl Schurz über die amerikanische Präsidentenwahl.
Die Reden, mit welchen wichtige nationale Wahlkümpfe in den Vereinigten
Staaten eröffnet worden, sind stets von hoher Bedeutung. Das amerikanische
Volk erwartet von ihnen, daß alle Hauptfragen, welche bei der vorzunehmenden
Wahl zur Discussion stehen, in ihren Grundzügen klar und deutlich darin aus¬
einander gesetzt und in eindringlicher Weise erörtert worden. Der Eindruck
eiuer solchen Eröffnungsrede (oxonwA gxsson) bedingt vielfach den Erfolg der
ganzen Wahlcampagne, und aus diesem Grunde werden in der Regel Redner
von nationalem Rufe für dieselben auserkoren. Bei der diesjährigen Präsi¬
dentenwahl war es der Minister des Innern, Karl Schurz, dem von der
republikanischen Partei die Ehre und Auszeichnung zu Theil wurde, Ende Juli
die bezeichnete Rede zu Indianapolis im Staate Jndiana zu halten. Verschie¬
dene Umstände tragen dazu bei, die Wichtigkeit dieser Rede, welche ihrer eigenen
Bedeutung halber durch alle Preßorgane der republikanischen Partei die Runde
machte und in besonderen Abzügen über die ganze Union verbreitet wurde, zu
erhöhen. Zuvörderst war der Ort, wo sie gehalten wurde, mit Vorbedacht dazu
auserwählt worden. Der Staat Jndiana gehört zu den nördlichen Staaten,
von dessen Gewinnung das Resultat der Wahl in hohem Maße abhängt. Wüd-
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