Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.Rußland an der Donau. Von dem Augenblicke an, wo Europa den Russen gestattete, an der Donau Ein Freund schreibt uns aus Galatz, daß der Vertreter Großbritanniens Auf diese Weise würde Rußland in allen Fragen, welche die gedachte Es ist nicht zu verwundern, daß England und Rußland Hoffnung hegen Rußland an der Donau. Von dem Augenblicke an, wo Europa den Russen gestattete, an der Donau Ein Freund schreibt uns aus Galatz, daß der Vertreter Großbritanniens Auf diese Weise würde Rußland in allen Fragen, welche die gedachte Es ist nicht zu verwundern, daß England und Rußland Hoffnung hegen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0257" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147351"/> </div> <div n="1"> <head> Rußland an der Donau.</head><lb/> <p xml:id="ID_673"> Von dem Augenblicke an, wo Europa den Russen gestattete, an der Donau<lb/> wieder Fuß zu fassen, war zu erwarten, daß die Petersburger Politik auch<lb/> die Taktik wieder aufnehmen würde, die sie früher zur Herrin des mächtigen<lb/> Stromes machte. Keine von den mit diesen Manövern im Zusammenhange<lb/> stehenden Thatsachen, keine von den Intriguen, zu welchen Rußland seine<lb/> Zuflucht nahm, sind von der Art, daß sie uns besonders überraschen könnten.<lb/> Dagegen war es sicherlich nicht zu erwarten, daß England dem moskowitischeu<lb/> Ehrgeize hier Handreichung thun und sich den Plänen Rußlands unterordnen<lb/> würde. Auch darüber können wir ein gewisses Maß von Verwunderung<lb/> empfinden, daß man die jetzige Whigregierung an der Donau eine Politik be¬<lb/> ginnen sieht, die in offenem Widerspruche mit den Interesse» Oesterreich-Ungarns<lb/> und Deutschlands steht.</p><lb/> <p xml:id="ID_674"> Ein Freund schreibt uns aus Galatz, daß der Vertreter Großbritanniens<lb/> in der europäischen Donau-Commission die Weisung erhalten hat, einen förm¬<lb/> lichen Antrag zu stelle«, der die Absicht verfolgt, Oesterreich-Ungarn von der<lb/> Theilnahme an der Überwachung der Schifffahrt zwischen Galatz und dem<lb/> Eisernen Thore auszuschließen, wenn einzig und allein, die Uferstaaten damit<lb/> betraut werden sollen. Da man jedoch bei der Verwirklichung dieses Planes<lb/> Schwierigkeiten zu begegnen fürchtet und zugleich einigermaßen Rücksicht auf<lb/> den Berliner Vertrag zu nehmen beabsichtigt, welcher die Niedersetzung eiuer<lb/> Commission vorschreibt, die mit der Ausführung der strompolizeilichen Anord¬<lb/> nungen auf jenem Theile des Dvnaulaufes beauftragt werden soll, so hat, wie<lb/> wir weiter erfahren, die englische Regierung einen zweiten Vorschlag in Reserve,<lb/> nach welchem die europäische Commission — in welcher Rußland bereits Sitz<lb/> und Stimme hat — ihre Autorität bis zum Eisernen Thore erstrecken und für<lb/> den Theil des Stromlaufes oberhalb Galatz einen serbischen und einen bulga¬<lb/> rischen Delegirten zulassen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_675"> Auf diese Weise würde Rußland in allen Fragen, welche die gedachte<lb/> Strecke der Donau berühren, die sowohl in politischer wie in commercieller Hin¬<lb/> sicht bei Weitem die wichtigste des ganzen Stromes ist, über drei Stimmen<lb/> verfügen.</p><lb/> <p xml:id="ID_676" next="#ID_677"> Es ist nicht zu verwundern, daß England und Rußland Hoffnung hegen<lb/> Frankreich und Italien für ihre Absichten zu gewinnen. Aber daß die Rumänen<lb/> sich beeilen würden, mit den Russen, die ihnen erst vor kurzem Bessarabien</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0257]
Rußland an der Donau.
Von dem Augenblicke an, wo Europa den Russen gestattete, an der Donau
wieder Fuß zu fassen, war zu erwarten, daß die Petersburger Politik auch
die Taktik wieder aufnehmen würde, die sie früher zur Herrin des mächtigen
Stromes machte. Keine von den mit diesen Manövern im Zusammenhange
stehenden Thatsachen, keine von den Intriguen, zu welchen Rußland seine
Zuflucht nahm, sind von der Art, daß sie uns besonders überraschen könnten.
Dagegen war es sicherlich nicht zu erwarten, daß England dem moskowitischeu
Ehrgeize hier Handreichung thun und sich den Plänen Rußlands unterordnen
würde. Auch darüber können wir ein gewisses Maß von Verwunderung
empfinden, daß man die jetzige Whigregierung an der Donau eine Politik be¬
ginnen sieht, die in offenem Widerspruche mit den Interesse» Oesterreich-Ungarns
und Deutschlands steht.
Ein Freund schreibt uns aus Galatz, daß der Vertreter Großbritanniens
in der europäischen Donau-Commission die Weisung erhalten hat, einen förm¬
lichen Antrag zu stelle«, der die Absicht verfolgt, Oesterreich-Ungarn von der
Theilnahme an der Überwachung der Schifffahrt zwischen Galatz und dem
Eisernen Thore auszuschließen, wenn einzig und allein, die Uferstaaten damit
betraut werden sollen. Da man jedoch bei der Verwirklichung dieses Planes
Schwierigkeiten zu begegnen fürchtet und zugleich einigermaßen Rücksicht auf
den Berliner Vertrag zu nehmen beabsichtigt, welcher die Niedersetzung eiuer
Commission vorschreibt, die mit der Ausführung der strompolizeilichen Anord¬
nungen auf jenem Theile des Dvnaulaufes beauftragt werden soll, so hat, wie
wir weiter erfahren, die englische Regierung einen zweiten Vorschlag in Reserve,
nach welchem die europäische Commission — in welcher Rußland bereits Sitz
und Stimme hat — ihre Autorität bis zum Eisernen Thore erstrecken und für
den Theil des Stromlaufes oberhalb Galatz einen serbischen und einen bulga¬
rischen Delegirten zulassen würde.
Auf diese Weise würde Rußland in allen Fragen, welche die gedachte
Strecke der Donau berühren, die sowohl in politischer wie in commercieller Hin¬
sicht bei Weitem die wichtigste des ganzen Stromes ist, über drei Stimmen
verfügen.
Es ist nicht zu verwundern, daß England und Rußland Hoffnung hegen
Frankreich und Italien für ihre Absichten zu gewinnen. Aber daß die Rumänen
sich beeilen würden, mit den Russen, die ihnen erst vor kurzem Bessarabien
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