Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.ganze Aufklärung ohne jeden Rückhalt zu verlangen", und am 4. März Literatur. Oesterreich und Preußen (1780-1790). Von G. Wolf. Wien, A. Hölder, 1880. Lesefrüchte aus österreichischen, preußischen und sächsischen Archiven, zu deren ganze Aufklärung ohne jeden Rückhalt zu verlangen", und am 4. März Literatur. Oesterreich und Preußen (1780-1790). Von G. Wolf. Wien, A. Hölder, 1880. Lesefrüchte aus österreichischen, preußischen und sächsischen Archiven, zu deren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0534" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146463"/> <p xml:id="ID_1559" prev="#ID_1558"> ganze Aufklärung ohne jeden Rückhalt zu verlangen", und am 4. März<lb/> d. I. erklärte er mit Bezug auf die Veröffentlichung der Sache im Mariue-<lb/> vervrduuugsblatte, daß dies nicht geschehen, daß man „dem Wunsche, Personen<lb/> der öffentlichen Kritik zu übergeben, nicht Rechnung getragen". Damals konnte<lb/> er, jetzt konnte er nicht. Damit endlich, daß man seine Gegner des UnPatrio¬<lb/> tismus und der Gleichgültigkeit gegen eine öffentliche Institution anklagt, wie<lb/> Herr v. Stosch thut, wenn er sagt: „Die Ehre der Flotte hat dem nicht am<lb/> Herzen gelegen, der so vorgeht und die Öffentlichkeit benutzt, um Flecke» auf<lb/> Flecken auf die Marine zu häufen", ist ganz und gar nichts geholfen. Wer auf<lb/> Ungehörigkeiten, Mängel und Fehler der Marine aufmerksam macht, der will<lb/> letztere davon befreit wissen, er will die Marine mehr Ehre einlegen, mehr<lb/> Ehre gewinnen lassen, es liegt ihm also die Ehre der Flotte mehr am Herzen<lb/> als dem, der solche Mängel verschweigt. Und wenn dazu die Öffentlichkeit<lb/> nicht benutzt werden soll, wozu haben wir dann in solchen Angelegenheiten einen<lb/> Reichstag und Freiheit der Presse? Aber es wird wohl so zu nehmen sein,<lb/> daß der Herr Minister unter „Ehre der Flotte" sich selbst begriff.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <div n="2"> <head> Oesterreich und Preußen (1780-1790). Von G. Wolf. Wien, A. Hölder, 1880.</head><lb/> <p xml:id="ID_1560" next="#ID_1561"> Lesefrüchte aus österreichischen, preußischen und sächsischen Archiven, zu deren<lb/> Sammluug der Verfasser durch einige Briefe Josefs II. und gewisse Berichte öster¬<lb/> reichischer Kundschafter über Vorgänge und Zustände in Preußen angeregt worden<lb/> — Schriftstücke, welche ihm im Archive des k. k. Reichskriegsministeriums unter<lb/> die Hände gekommen sind. Diese Lesefrüchte sind zu einer Art Darstellung des<lb/> Verhältnisses verbunden, das zwischen Preußen und Oesterreich in den letzten Jahren<lb/> der Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia und unter ihrem Sohne Josef<lb/> herrschte, doch thut der Versasser an der Hand seiner Gewährsmänner häufig auch<lb/> Blicke nach andern Seiten hin, z. B. auf die Lebensweise Friedrichs des Großen<lb/> in der letzten Zeit vor seinem Tode, auf den Charakter und die Regentenhandlnngeu<lb/> Josefs II., auf dessen Stellung zu Rußland, ans seinen Krieg mit den Türken<lb/> u. tgi. Manches davon ist neu und interessant, Anderes bekannt und nicht von<lb/> Bedeutung, wenigstens nicht in dem Maße, daß es unser Urtheil über die betref¬<lb/> fenden Personen, Vorgänge und Zustände zu ändern im Stande wäre. Zu den<lb/> interessanten Stücken zählen wir den Bericht über den Besuch, den der Papst im<lb/> Jahre 1782 dem Kaiser in Wien abstattete, um ihn von seinen Reformplänen zurück¬<lb/> zubringen — ein Versuch, der bekanntlich mißglückte. Wir erfahren hier unter<lb/> andern-, daß Kaunitz verdrießlich über diesen Besuch war, und daß er dies nicht<lb/> verbarg. Bei einem Gastmahle „machte er die bissigsten Witze über das Gefolge<lb/> des Papstes. Ganz laut soll er geäußert haben, daß einer der Prälaten zwei<lb/> Menschen umgebracht habe, ein anderer könne weder lesen noch schreiben, der dritte<lb/> sei ein Bastard, und der Günstling des heiligen Vaters sei Schornsteinfeger ge¬<lb/> wesen." Nach dein Berichte des preußischen Gesandten Riedesel empfing der Minister<lb/> Josefs Se. Heiligkeit, als dieselbe in seinem Gartenpalais erschien, um die dort<lb/> befindliche Gemäldegalerie in Augenschein zu nehmen, „mit dem Hut auf dem Kopfe</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0534]
ganze Aufklärung ohne jeden Rückhalt zu verlangen", und am 4. März
d. I. erklärte er mit Bezug auf die Veröffentlichung der Sache im Mariue-
vervrduuugsblatte, daß dies nicht geschehen, daß man „dem Wunsche, Personen
der öffentlichen Kritik zu übergeben, nicht Rechnung getragen". Damals konnte
er, jetzt konnte er nicht. Damit endlich, daß man seine Gegner des UnPatrio¬
tismus und der Gleichgültigkeit gegen eine öffentliche Institution anklagt, wie
Herr v. Stosch thut, wenn er sagt: „Die Ehre der Flotte hat dem nicht am
Herzen gelegen, der so vorgeht und die Öffentlichkeit benutzt, um Flecke» auf
Flecken auf die Marine zu häufen", ist ganz und gar nichts geholfen. Wer auf
Ungehörigkeiten, Mängel und Fehler der Marine aufmerksam macht, der will
letztere davon befreit wissen, er will die Marine mehr Ehre einlegen, mehr
Ehre gewinnen lassen, es liegt ihm also die Ehre der Flotte mehr am Herzen
als dem, der solche Mängel verschweigt. Und wenn dazu die Öffentlichkeit
nicht benutzt werden soll, wozu haben wir dann in solchen Angelegenheiten einen
Reichstag und Freiheit der Presse? Aber es wird wohl so zu nehmen sein,
daß der Herr Minister unter „Ehre der Flotte" sich selbst begriff.
Literatur.
Oesterreich und Preußen (1780-1790). Von G. Wolf. Wien, A. Hölder, 1880.
Lesefrüchte aus österreichischen, preußischen und sächsischen Archiven, zu deren
Sammluug der Verfasser durch einige Briefe Josefs II. und gewisse Berichte öster¬
reichischer Kundschafter über Vorgänge und Zustände in Preußen angeregt worden
— Schriftstücke, welche ihm im Archive des k. k. Reichskriegsministeriums unter
die Hände gekommen sind. Diese Lesefrüchte sind zu einer Art Darstellung des
Verhältnisses verbunden, das zwischen Preußen und Oesterreich in den letzten Jahren
der Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia und unter ihrem Sohne Josef
herrschte, doch thut der Versasser an der Hand seiner Gewährsmänner häufig auch
Blicke nach andern Seiten hin, z. B. auf die Lebensweise Friedrichs des Großen
in der letzten Zeit vor seinem Tode, auf den Charakter und die Regentenhandlnngeu
Josefs II., auf dessen Stellung zu Rußland, ans seinen Krieg mit den Türken
u. tgi. Manches davon ist neu und interessant, Anderes bekannt und nicht von
Bedeutung, wenigstens nicht in dem Maße, daß es unser Urtheil über die betref¬
fenden Personen, Vorgänge und Zustände zu ändern im Stande wäre. Zu den
interessanten Stücken zählen wir den Bericht über den Besuch, den der Papst im
Jahre 1782 dem Kaiser in Wien abstattete, um ihn von seinen Reformplänen zurück¬
zubringen — ein Versuch, der bekanntlich mißglückte. Wir erfahren hier unter
andern-, daß Kaunitz verdrießlich über diesen Besuch war, und daß er dies nicht
verbarg. Bei einem Gastmahle „machte er die bissigsten Witze über das Gefolge
des Papstes. Ganz laut soll er geäußert haben, daß einer der Prälaten zwei
Menschen umgebracht habe, ein anderer könne weder lesen noch schreiben, der dritte
sei ein Bastard, und der Günstling des heiligen Vaters sei Schornsteinfeger ge¬
wesen." Nach dein Berichte des preußischen Gesandten Riedesel empfing der Minister
Josefs Se. Heiligkeit, als dieselbe in seinem Gartenpalais erschien, um die dort
befindliche Gemäldegalerie in Augenschein zu nehmen, „mit dem Hut auf dem Kopfe
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