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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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Aus der Gsterexamenzeit am Gymnasium.

Regelmäßig erhebt sich in den Wochen vor Ostern in den Kreisen des
Hauses und der Familie die schüchterne Klage, daß es dem Unterrichte in unseren
höheren Lehranstalten um diese Zeit am rechten Zusammenhange fehle, daß der
Unterricht fort und sort durch andere Dinge unterbrochen werde, daß die Schüler
viele, sehr viele freie Zeit haben und eigentlich schon wochenlang vor Beginn
der Osterferien mit dem einen Beine in den Ferien stehen; die Klage äußert
sich um so vernehmlicher, wenn, wie in diesem Jahre, Ostern verhältnißmäßig
zeitig fällt und die Arbeit des letzten Quartales vom Schuljahre schon wieder
anfängt sich im Sande zu verlaufen, ehe sie nach den Weihnachtsferien noch
recht in Fluß gekommen. Regelmäßig antwortet dann dieser Klage aus den
Kreisen der Schule die Gegenklage, daß keine Zeit des ganzen Schuljahres für
den Lehrer anstrengender und aufreibender sei, als gerade diese letzten Wochen
vor Ostern, und daß für die nicht zu leugnende Beschäftigungslosigkeit der
Schüler in dieser Zeit keineswegs die Lehrer, sondern höchstens die gesetzlichen
Einrichtungen der Schule verantwortlich zu machen seien. Wer von beiden
Theilen hat nun Recht? Das Haus oder die Schule? Keiner von beiden?
Beide? -- Wir wollen die Antwort auf diese Fragen anknüpfen an eine genaue
Schilderung der Thätigkeit, wie sie an einem großen, übrigens vortrefflich gelei¬
teten und des besten Rufes sich erfreuenden mitteldeutschen Gymnasium in den
letzten Wochen und Monaten thatsächlich verlaufen ist. Der Name thut nichts
zur Sache.

Der regelmäßige Unterricht nach den Weihnachtsferien begann, wie gewöhnlich,
am Tage nach dem Hohenneujahre, Mittwoch den 7. Januar, und dauerte von
da an ohne Unterbrechung bis Freitag den 6. Februar, also genau 4 ^/z Woche.
Für die Abiturienten war der Unterricht hiermit abgeschlossen, da bereits am
Tage darauf die schriftlichen Maturitätsprüfungen begannen. Von Sonnabend
den 7. bis Dienstag den 10. Februar wurden drei von den sechs zu liefernden
Maturitätsarbeiten angefertigt, während in den Klassen der gewöhnliche Unter¬
richt seinen Fortgang nahm. Dienstag den 10. Februar (Fastnacht) nachmittag
und Mittwoch den 11. (Aschermittwoch) fiel nach altem Brauche der Unterricht
an der ganzen Schule aus; für die Abiturienten entstand aus diese Weise zugleich
eine eintägige Erholungspanse. Donnerstag den 12, bis Sonnabend den
14. Februar wurden die noch übrigen drei Maturitätsarbeiten geschrieben,
während in den Klassen wieder der gewöhnliche Unterricht stattfand. Ebenso
wurde auch in der darauf folgende" Woche, von Montag den Ili. bis Donnerstag


Aus der Gsterexamenzeit am Gymnasium.

Regelmäßig erhebt sich in den Wochen vor Ostern in den Kreisen des
Hauses und der Familie die schüchterne Klage, daß es dem Unterrichte in unseren
höheren Lehranstalten um diese Zeit am rechten Zusammenhange fehle, daß der
Unterricht fort und sort durch andere Dinge unterbrochen werde, daß die Schüler
viele, sehr viele freie Zeit haben und eigentlich schon wochenlang vor Beginn
der Osterferien mit dem einen Beine in den Ferien stehen; die Klage äußert
sich um so vernehmlicher, wenn, wie in diesem Jahre, Ostern verhältnißmäßig
zeitig fällt und die Arbeit des letzten Quartales vom Schuljahre schon wieder
anfängt sich im Sande zu verlaufen, ehe sie nach den Weihnachtsferien noch
recht in Fluß gekommen. Regelmäßig antwortet dann dieser Klage aus den
Kreisen der Schule die Gegenklage, daß keine Zeit des ganzen Schuljahres für
den Lehrer anstrengender und aufreibender sei, als gerade diese letzten Wochen
vor Ostern, und daß für die nicht zu leugnende Beschäftigungslosigkeit der
Schüler in dieser Zeit keineswegs die Lehrer, sondern höchstens die gesetzlichen
Einrichtungen der Schule verantwortlich zu machen seien. Wer von beiden
Theilen hat nun Recht? Das Haus oder die Schule? Keiner von beiden?
Beide? — Wir wollen die Antwort auf diese Fragen anknüpfen an eine genaue
Schilderung der Thätigkeit, wie sie an einem großen, übrigens vortrefflich gelei¬
teten und des besten Rufes sich erfreuenden mitteldeutschen Gymnasium in den
letzten Wochen und Monaten thatsächlich verlaufen ist. Der Name thut nichts
zur Sache.

Der regelmäßige Unterricht nach den Weihnachtsferien begann, wie gewöhnlich,
am Tage nach dem Hohenneujahre, Mittwoch den 7. Januar, und dauerte von
da an ohne Unterbrechung bis Freitag den 6. Februar, also genau 4 ^/z Woche.
Für die Abiturienten war der Unterricht hiermit abgeschlossen, da bereits am
Tage darauf die schriftlichen Maturitätsprüfungen begannen. Von Sonnabend
den 7. bis Dienstag den 10. Februar wurden drei von den sechs zu liefernden
Maturitätsarbeiten angefertigt, während in den Klassen der gewöhnliche Unter¬
richt seinen Fortgang nahm. Dienstag den 10. Februar (Fastnacht) nachmittag
und Mittwoch den 11. (Aschermittwoch) fiel nach altem Brauche der Unterricht
an der ganzen Schule aus; für die Abiturienten entstand aus diese Weise zugleich
eine eintägige Erholungspanse. Donnerstag den 12, bis Sonnabend den
14. Februar wurden die noch übrigen drei Maturitätsarbeiten geschrieben,
während in den Klassen wieder der gewöhnliche Unterricht stattfand. Ebenso
wurde auch in der darauf folgende» Woche, von Montag den Ili. bis Donnerstag


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[0030] Aus der Gsterexamenzeit am Gymnasium. Regelmäßig erhebt sich in den Wochen vor Ostern in den Kreisen des Hauses und der Familie die schüchterne Klage, daß es dem Unterrichte in unseren höheren Lehranstalten um diese Zeit am rechten Zusammenhange fehle, daß der Unterricht fort und sort durch andere Dinge unterbrochen werde, daß die Schüler viele, sehr viele freie Zeit haben und eigentlich schon wochenlang vor Beginn der Osterferien mit dem einen Beine in den Ferien stehen; die Klage äußert sich um so vernehmlicher, wenn, wie in diesem Jahre, Ostern verhältnißmäßig zeitig fällt und die Arbeit des letzten Quartales vom Schuljahre schon wieder anfängt sich im Sande zu verlaufen, ehe sie nach den Weihnachtsferien noch recht in Fluß gekommen. Regelmäßig antwortet dann dieser Klage aus den Kreisen der Schule die Gegenklage, daß keine Zeit des ganzen Schuljahres für den Lehrer anstrengender und aufreibender sei, als gerade diese letzten Wochen vor Ostern, und daß für die nicht zu leugnende Beschäftigungslosigkeit der Schüler in dieser Zeit keineswegs die Lehrer, sondern höchstens die gesetzlichen Einrichtungen der Schule verantwortlich zu machen seien. Wer von beiden Theilen hat nun Recht? Das Haus oder die Schule? Keiner von beiden? Beide? — Wir wollen die Antwort auf diese Fragen anknüpfen an eine genaue Schilderung der Thätigkeit, wie sie an einem großen, übrigens vortrefflich gelei¬ teten und des besten Rufes sich erfreuenden mitteldeutschen Gymnasium in den letzten Wochen und Monaten thatsächlich verlaufen ist. Der Name thut nichts zur Sache. Der regelmäßige Unterricht nach den Weihnachtsferien begann, wie gewöhnlich, am Tage nach dem Hohenneujahre, Mittwoch den 7. Januar, und dauerte von da an ohne Unterbrechung bis Freitag den 6. Februar, also genau 4 ^/z Woche. Für die Abiturienten war der Unterricht hiermit abgeschlossen, da bereits am Tage darauf die schriftlichen Maturitätsprüfungen begannen. Von Sonnabend den 7. bis Dienstag den 10. Februar wurden drei von den sechs zu liefernden Maturitätsarbeiten angefertigt, während in den Klassen der gewöhnliche Unter¬ richt seinen Fortgang nahm. Dienstag den 10. Februar (Fastnacht) nachmittag und Mittwoch den 11. (Aschermittwoch) fiel nach altem Brauche der Unterricht an der ganzen Schule aus; für die Abiturienten entstand aus diese Weise zugleich eine eintägige Erholungspanse. Donnerstag den 12, bis Sonnabend den 14. Februar wurden die noch übrigen drei Maturitätsarbeiten geschrieben, während in den Klassen wieder der gewöhnliche Unterricht stattfand. Ebenso wurde auch in der darauf folgende» Woche, von Montag den Ili. bis Donnerstag

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/30>, abgerufen am 03.07.2024.