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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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Lebe" in einem Pulsschlag zu vereinen. Das ist ein durch die Thatsachen der
politischen Vernunft verurtheilter Irrthum des bisherigen Trägers der aus¬
wärtigen Politik in England, Lord Beaconsfield -- ein ebensogroßer Irrthum,
wie wenn Rußland sich zum Organisator des into-brittischen Reichs in Indien
berufen glaubte und an dieser Utopie seine Kraft unnütz verschwenden wollte.
Berücksichtigt man den Kern unserer Darlegung, so wird man auch den Ausfall
der jüngsten Wahlen in England, welche die auswärtige Politik Beaconssields
verurtheilen, einigermaßen verständlicher finden.




Annette von Droste-Hülshoff.
H. Jacoby. von

Der Name Annelees von Droste-Hülshoff hat in der Literaturgeschichte
einen guten Klang, und mit Recht. Wer ihre Dichtungen gelesen und sich in
sie hineingelebt hat, bewundert die Kraft des Gedankens, die Anschaulichkeit der
Darstellung, die Tiefe des Gefühls, die ihnen eigen. Doch ist der Kreis ihrer
Verehrer kein großer, und die Gesamtausgabe ihrer Schriften, die vor kurzem
erschienen ist, wird denselben kaum um ein Nennenswerthes erweitern. Die
Dichterin ist eine viel zu eigenartige Natur, und der Genuß ihrer Dichtungen
mit zu vielen Schwierigkeiten verknüpft, als daß wir uns der Hoffnung hingeben
dürften, daß ihre Schriften eine ausgebreitetere Wirkung gewinnen könnten.
Doch soll dies nicht von denen verschuldet werden, die, durch Vertiefung in ihre
Poesie für dieselbe erwärmt, für ihr Verständniß zu wirken verpflichtet sind.
Und dazu möchte auch dieser Aufsatz einen bescheidenen Beitrag geben.*)

Den Stoff ihrer poetischen Schöpfungen wählt Annette Droste aus der
Natur, aus der Geschichte, aus der Spiegelung der Welt in ihrer Seele, aus
den innersten Gefühlen des eigenen Herzens; eine Fülle der anziehendsten Land-



*) Gesammelte Schriften von Annette Freiin von Droste-Hülshoff, her¬
ausgegeben von Levin Schücking, Erster Theil: Lyrische Gedichte. Zweiter Theil: Erzäh¬
lende Gedichte, Schriften in Prosa. Dritter Theil: Das geistliche Jahr. Geistliche Lieder.
Stuttgart, Cotta, 1879. -- Anna Elisabeth v. Droste-Hülshoff, Ein Denkmal ihres
Lebens und Dichtens und eine Auswahl ihrer Dichtungen. Gütersloh, Bertelsmann, 1S79. --
Briefe der Freiin Annette von Droste-Hülshoff. Zweite vermehrte Auflage. Münster,
Russel, 1880. -- Vgl. auch W, Herbst, Annette von Droste-Hülshoff im "Daheim", 1366
S. 200 u. f.

Lebe» in einem Pulsschlag zu vereinen. Das ist ein durch die Thatsachen der
politischen Vernunft verurtheilter Irrthum des bisherigen Trägers der aus¬
wärtigen Politik in England, Lord Beaconsfield — ein ebensogroßer Irrthum,
wie wenn Rußland sich zum Organisator des into-brittischen Reichs in Indien
berufen glaubte und an dieser Utopie seine Kraft unnütz verschwenden wollte.
Berücksichtigt man den Kern unserer Darlegung, so wird man auch den Ausfall
der jüngsten Wahlen in England, welche die auswärtige Politik Beaconssields
verurtheilen, einigermaßen verständlicher finden.




Annette von Droste-Hülshoff.
H. Jacoby. von

Der Name Annelees von Droste-Hülshoff hat in der Literaturgeschichte
einen guten Klang, und mit Recht. Wer ihre Dichtungen gelesen und sich in
sie hineingelebt hat, bewundert die Kraft des Gedankens, die Anschaulichkeit der
Darstellung, die Tiefe des Gefühls, die ihnen eigen. Doch ist der Kreis ihrer
Verehrer kein großer, und die Gesamtausgabe ihrer Schriften, die vor kurzem
erschienen ist, wird denselben kaum um ein Nennenswerthes erweitern. Die
Dichterin ist eine viel zu eigenartige Natur, und der Genuß ihrer Dichtungen
mit zu vielen Schwierigkeiten verknüpft, als daß wir uns der Hoffnung hingeben
dürften, daß ihre Schriften eine ausgebreitetere Wirkung gewinnen könnten.
Doch soll dies nicht von denen verschuldet werden, die, durch Vertiefung in ihre
Poesie für dieselbe erwärmt, für ihr Verständniß zu wirken verpflichtet sind.
Und dazu möchte auch dieser Aufsatz einen bescheidenen Beitrag geben.*)

Den Stoff ihrer poetischen Schöpfungen wählt Annette Droste aus der
Natur, aus der Geschichte, aus der Spiegelung der Welt in ihrer Seele, aus
den innersten Gefühlen des eigenen Herzens; eine Fülle der anziehendsten Land-



*) Gesammelte Schriften von Annette Freiin von Droste-Hülshoff, her¬
ausgegeben von Levin Schücking, Erster Theil: Lyrische Gedichte. Zweiter Theil: Erzäh¬
lende Gedichte, Schriften in Prosa. Dritter Theil: Das geistliche Jahr. Geistliche Lieder.
Stuttgart, Cotta, 1879. — Anna Elisabeth v. Droste-Hülshoff, Ein Denkmal ihres
Lebens und Dichtens und eine Auswahl ihrer Dichtungen. Gütersloh, Bertelsmann, 1S79. —
Briefe der Freiin Annette von Droste-Hülshoff. Zweite vermehrte Auflage. Münster,
Russel, 1880. — Vgl. auch W, Herbst, Annette von Droste-Hülshoff im „Daheim", 1366
S. 200 u. f.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/248>, abgerufen am 03.07.2024.