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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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deusgöttin auf, gibt Neptun einen vertrauten Zuschauer ab, unterhalten sich
ein paar Flnßgötter mit lächerlichen Seeungeheuern und liegt ein todtes Weib
von gewaltigem Gliederbau. Der Künstler strebte ersichtlich einen großen
Wurf an, aber sein Vermögen hielt mit der Absicht nicht gleichen Schritt.
Mehr als die Form glückte ihm noch das Kolorit; denn diesem ist ein ein¬
heitlicher Habitus und ein würdiger Ernst nicht abzusprechen."

Feuerbach steht noch in der Blüthe seines Schaffens, in einem Alter,
welches noch bedeutende Schöpfungen zur Reife bringen kann, aber freilich
nicht mehr in den Jahren, von denen sich noch Umkehr und Einkehr erwarten
läßt. Ju einseitiger, starrer Vertretung eines halbwahren Prinzips hat er, dem
alle Kräfte eines hochgebildeten Talentes zur Seite stehen, die koloristischen
Errungenschaften der Neuzeit beharrlich ignorirt und dadurch mit eigener Hand
zwischen sich und dem Volke eine Scheidewand errichtet, welche niemals das
Verständniß des schlichten Mannes überwinden wird. Aber anch die Elite
des Volkes wendet sich allmählich von der kühlen Vornehmheit des eigenwilligen,
jeder Konzession abgeneigten Künstlers ab.


Adolf Rosenberg.


politische Briefe.
XIV.
Konstitutionelle und föderative Garantieen.

Zu verschiedenen Malen ist in diesen Briefen die Behauptung wiedergekehrt,
das Zentrum werde, wie imponirend seine angenommene Miene immer ausfallen
möge, für die Finanzreform schließlich kein gefährlicher Gegner sein. Das
stand bereits im ersten Politischen Briefe in den Grenzboten vom 20. Februar,
und wiederum in dem zwölften Briefe vom 19. Juni, nachdem es inzwischen
mehrfach gesagt worden. Die Bewahrheitung dieser Voraussicht liegt nun vor,
aber der Liberalismus, der in dieser Frage nicht geschlagen ist, jedoch, wie
uns vorkommt, auf den Schein brennt, geschlagen zu sein, der Liberalismus
also erhebt ein furchtbares Geschrei um den Sieg des Zentrums über den
Reichsgedanken.

Der Verfasser dieser Briefe möchte fast bedauern, daß er nicht früher
dargelegt, auf welche Weise das Zentrum den Rückzug vor dem Reichsgedan¬
ken decken würde, dessen Antritt ihm keinen Augenblick zweifelhaft war. Die
Prophezeiung wäre wenigstens seit der Generaldiskussion über "die Tarifvor¬
lage nicht schwer gewesen, denn bei dieser Diskussion hatte der Abgeordnete


deusgöttin auf, gibt Neptun einen vertrauten Zuschauer ab, unterhalten sich
ein paar Flnßgötter mit lächerlichen Seeungeheuern und liegt ein todtes Weib
von gewaltigem Gliederbau. Der Künstler strebte ersichtlich einen großen
Wurf an, aber sein Vermögen hielt mit der Absicht nicht gleichen Schritt.
Mehr als die Form glückte ihm noch das Kolorit; denn diesem ist ein ein¬
heitlicher Habitus und ein würdiger Ernst nicht abzusprechen."

Feuerbach steht noch in der Blüthe seines Schaffens, in einem Alter,
welches noch bedeutende Schöpfungen zur Reife bringen kann, aber freilich
nicht mehr in den Jahren, von denen sich noch Umkehr und Einkehr erwarten
läßt. Ju einseitiger, starrer Vertretung eines halbwahren Prinzips hat er, dem
alle Kräfte eines hochgebildeten Talentes zur Seite stehen, die koloristischen
Errungenschaften der Neuzeit beharrlich ignorirt und dadurch mit eigener Hand
zwischen sich und dem Volke eine Scheidewand errichtet, welche niemals das
Verständniß des schlichten Mannes überwinden wird. Aber anch die Elite
des Volkes wendet sich allmählich von der kühlen Vornehmheit des eigenwilligen,
jeder Konzession abgeneigten Künstlers ab.


Adolf Rosenberg.


politische Briefe.
XIV.
Konstitutionelle und föderative Garantieen.

Zu verschiedenen Malen ist in diesen Briefen die Behauptung wiedergekehrt,
das Zentrum werde, wie imponirend seine angenommene Miene immer ausfallen
möge, für die Finanzreform schließlich kein gefährlicher Gegner sein. Das
stand bereits im ersten Politischen Briefe in den Grenzboten vom 20. Februar,
und wiederum in dem zwölften Briefe vom 19. Juni, nachdem es inzwischen
mehrfach gesagt worden. Die Bewahrheitung dieser Voraussicht liegt nun vor,
aber der Liberalismus, der in dieser Frage nicht geschlagen ist, jedoch, wie
uns vorkommt, auf den Schein brennt, geschlagen zu sein, der Liberalismus
also erhebt ein furchtbares Geschrei um den Sieg des Zentrums über den
Reichsgedanken.

Der Verfasser dieser Briefe möchte fast bedauern, daß er nicht früher
dargelegt, auf welche Weise das Zentrum den Rückzug vor dem Reichsgedan¬
ken decken würde, dessen Antritt ihm keinen Augenblick zweifelhaft war. Die
Prophezeiung wäre wenigstens seit der Generaldiskussion über »die Tarifvor¬
lage nicht schwer gewesen, denn bei dieser Diskussion hatte der Abgeordnete


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/50>, abgerufen am 23.11.2024.