Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Mitte der Brücke Halt machten, und wie mir es schien stutzig und mißtrauisch das Sie suchten nunmehr ihrem Marsch einiges Ansehen zu geben. Drey Sie waren meistentheils sauber gekleidet, theils in sehr kurzen Jäckchen Es folgten einige offene Fuhrwerke zu zwey bis drey Studenten. Sodann So ging der Zug, wie ich höre, ruhig den angewiesenen Weg bis zum Er¬ II. Goethe's Gutachten über die Einführung der Censur 1799. Nachstehendes Gutachten ging aus dem Drange nach der Verbesserung "Der Conflict zwischen den Autoren, welche eine unbedingte Freyheit der *) Dictat mit eigenhändiger Unterschrift.
Mitte der Brücke Halt machten, und wie mir es schien stutzig und mißtrauisch das Sie suchten nunmehr ihrem Marsch einiges Ansehen zu geben. Drey Sie waren meistentheils sauber gekleidet, theils in sehr kurzen Jäckchen Es folgten einige offene Fuhrwerke zu zwey bis drey Studenten. Sodann So ging der Zug, wie ich höre, ruhig den angewiesenen Weg bis zum Er¬ II. Goethe's Gutachten über die Einführung der Censur 1799. Nachstehendes Gutachten ging aus dem Drange nach der Verbesserung „Der Conflict zwischen den Autoren, welche eine unbedingte Freyheit der *) Dictat mit eigenhändiger Unterschrift.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140926"/> <p xml:id="ID_128" prev="#ID_127"> Mitte der Brücke Halt machten, und wie mir es schien stutzig und mißtrauisch das<lb/> versperrte Thor, die ius Gewehr getretene Wache, den Adjutanten und die Husaren<lb/> ansahen. Sie blieben jedoch ohne Schein von Berathschlagung einige Minuten<lb/> stehen, endlich setzten sich die Vordersten in Bewegung, kamen herunter, be¬<lb/> grüßten den Adjutanten, der ihnen den Weg anzeigte, den sie zu nehmen hatten.<lb/> Die Husaren ritten gegen das Gerberthor zu und die Studenten folgten ihnen.<lb/> Es war ein Einziger dabey zu Pferde, der den Zug anführte, nachdem ohn-<lb/> gefähr ihrer dreyßig als Avantgarde vorausgegangen waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_129"> Sie suchten nunmehr ihrem Marsch einiges Ansehen zu geben. Drey<lb/> oder vier gingen Arm in Arm neben einander, einige die nebenher gingen be¬<lb/> mühten sich vergebens die Glieder in Ordnung zu bringen und eine langsam<lb/> anständige Bewegung einzuleiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_130"> Sie waren meistentheils sauber gekleidet, theils in sehr kurzen Jäckchen<lb/> theils in sehr langen Ueberröcken. Meist hatten sie Hirschfänger und Säbel<lb/> überhängen und ein Theil trug Stöcke. Wenige hatten Pistolen im Gürtel.<lb/> Sie gingen alle still und man dürfte wohl sagen verdrüßlich, keinen Ausdruck<lb/> von Frechheit oder Wildheit bemerkte ich. Man schätzt den Zug gegen 300,<lb/> ob ich gleich niemand gesprochen habe, der sie gezählt hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_131"> Es folgten einige offene Fuhrwerke zu zwey bis drey Studenten. Sodann<lb/> ^wa zehn Leiterwägen mit Koffern, jedoch nicht schwer beladen.</p><lb/> <p xml:id="ID_132"> So ging der Zug, wie ich höre, ruhig den angewiesenen Weg bis zum Er¬<lb/><note type="bibl"> I. W. v. Goethe.*)</note> furter Thor hinaus. </p><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> II.<lb/> Goethe's Gutachten über die Einführung der Censur 1799.</head><lb/> <p xml:id="ID_133"> Nachstehendes Gutachten ging aus dem Drange nach der Verbesserung<lb/> der Uuiversitätsgesetze in Jena hervor, wo bekanntlich völlige Censurfreiheit<lb/> gewesen war. In Folge des Goethe'schen Gutachtens gelangte man am 20.<lb/> April zu dem Entschluß, daß Goethe's Ideen, insoweit sie die Schriften aca-<lb/> oemischer Personen betreffen, in weitere Berathung gezogen werden sollten,<lb/> da man es für wünschenswert!) erachtete, daß in den ernestiuischen Ländern<lb/> conforme Maßregeln für das Censurwesen überhaupt zu ergreifen seien. —</p><lb/> <p xml:id="ID_134"> „Der Conflict zwischen den Autoren, welche eine unbedingte Freyheit der<lb/> Presse fordern und den Staatsverwesern, die solche nur mehr oder weniger<lb/> zu gestehen können, dauert seit Erfindung der Buchdruckerkunst und kann nie¬<lb/> mals aufhören.</p><lb/> <note xml:id="FID_10" place="foot"> *) Dictat mit eigenhändiger Unterschrift.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Mitte der Brücke Halt machten, und wie mir es schien stutzig und mißtrauisch das
versperrte Thor, die ius Gewehr getretene Wache, den Adjutanten und die Husaren
ansahen. Sie blieben jedoch ohne Schein von Berathschlagung einige Minuten
stehen, endlich setzten sich die Vordersten in Bewegung, kamen herunter, be¬
grüßten den Adjutanten, der ihnen den Weg anzeigte, den sie zu nehmen hatten.
Die Husaren ritten gegen das Gerberthor zu und die Studenten folgten ihnen.
Es war ein Einziger dabey zu Pferde, der den Zug anführte, nachdem ohn-
gefähr ihrer dreyßig als Avantgarde vorausgegangen waren.
Sie suchten nunmehr ihrem Marsch einiges Ansehen zu geben. Drey
oder vier gingen Arm in Arm neben einander, einige die nebenher gingen be¬
mühten sich vergebens die Glieder in Ordnung zu bringen und eine langsam
anständige Bewegung einzuleiten.
Sie waren meistentheils sauber gekleidet, theils in sehr kurzen Jäckchen
theils in sehr langen Ueberröcken. Meist hatten sie Hirschfänger und Säbel
überhängen und ein Theil trug Stöcke. Wenige hatten Pistolen im Gürtel.
Sie gingen alle still und man dürfte wohl sagen verdrüßlich, keinen Ausdruck
von Frechheit oder Wildheit bemerkte ich. Man schätzt den Zug gegen 300,
ob ich gleich niemand gesprochen habe, der sie gezählt hatte.
Es folgten einige offene Fuhrwerke zu zwey bis drey Studenten. Sodann
^wa zehn Leiterwägen mit Koffern, jedoch nicht schwer beladen.
So ging der Zug, wie ich höre, ruhig den angewiesenen Weg bis zum Er¬
I. W. v. Goethe.*) furter Thor hinaus.
II.
Goethe's Gutachten über die Einführung der Censur 1799.
Nachstehendes Gutachten ging aus dem Drange nach der Verbesserung
der Uuiversitätsgesetze in Jena hervor, wo bekanntlich völlige Censurfreiheit
gewesen war. In Folge des Goethe'schen Gutachtens gelangte man am 20.
April zu dem Entschluß, daß Goethe's Ideen, insoweit sie die Schriften aca-
oemischer Personen betreffen, in weitere Berathung gezogen werden sollten,
da man es für wünschenswert!) erachtete, daß in den ernestiuischen Ländern
conforme Maßregeln für das Censurwesen überhaupt zu ergreifen seien. —
„Der Conflict zwischen den Autoren, welche eine unbedingte Freyheit der
Presse fordern und den Staatsverwesern, die solche nur mehr oder weniger
zu gestehen können, dauert seit Erfindung der Buchdruckerkunst und kann nie¬
mals aufhören.
*) Dictat mit eigenhändiger Unterschrift.
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