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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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eigen Gestalt, in welcher sie, wie gesagt, nur als eine Vorbereitungsmaßregel
für das Monopol betrachtet werden kann, entschieden. Dagegen befürwortete
die nationalliberale Partei eine umfassende und allseitige Untersuchung der Lage,
des Umfangs, kurz der ganzen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Tabaksbau,
Tabaksfabrikation und Tabakshandel, um auf Grund der Ergebnisse derselben
zu beurtheilen, auf welche Weise am zweckmäßigsten ein möglichst hoher Steuer¬
ertrag aus dem Tabak zu erzielen ist, ohne die Lebensbedingungen der genannten
Erwerbszweige zu zerstören. Zu diesem Zwecke ist die Partei bereit, die in
der Regierungsvorlage geforderten 200,000 Mark zu bewilligen. Ob die
Regierung damit zufrieden ist, wird sich erst bei der zweiten Lesung zeigen.
Alsdann werden sich auch vielleicht die Aussichten beurtheilen lassen, welche eine
Verständigung der Regierung mit der Mehrheit des gegenwärtigen Reichstags
über die Finanzfrage überhaupt noch hat. Die Aufforderung, welche in sattsam
bekannten allgemeinen und besonderen Verhältnissen zu solcher Verständigung
liegt, ist wahrlich deutlich und dringend genug. Die der Regierung zur Ver¬
fügung stehenden Preßorgane haben in letzter Zeit nur zu sehr die Miene des
Mannes getragen, der sich nicht verständigen will. Wir warten ab, ob die
ernsten Ermahnungen der nationalliberaleu Redner ihre Wirkung thun. Jeden¬
falls aber denken wir, die nationalliberale Partei im Lande wird nach den
Verhandlungen vom 10. Mai ihren Vertretern die Anerkennung nicht versagen,
ehrlich und sachgemäß ihre Pflicht gethan zu haben.

Vier Tage der abgelaufenen Woche wurden noch durch die zweite Be¬
rathung der Gewerbeordnungsnovelle in Anspruch genommen. Meistens be¬
hielt es nach langen Debatten bei den Vorschlügen der Kommission sein
Bewenden. Da indeß zahlreiche Beschlüsse mit sehr schwachen Majoritäten
gefaßt worden sind, so ist es rathsam die Beleuchtung einzelner Punkte bis zu
dein Bericht über die dritte Lesung zu verschieben. Ueber die gestern begonnene
x e- zweite Berathung der Rechtsanwaltsordnung im nächsten Briefe-




Z)as Attentat auf den deutschen Kaiser.

Am Nachmittag des elften Mai sind im Herzen der deutschen Hauptstadt
mörderische Schüsse auf das Leben des geweihten Hauptes unsres Volkes ge¬
richtet worden, Vou Entrüstung und Abscheu bebt die gesittete Welt über die
grauenvolle That des zwanzigjährigen Buben. Alle Fürsten und Völker der
Erde vereinigen sich, dem erhabenen Träger unserer schwer errungenen Einheit
ihre!'. Glückwunsch zu seiner Errettung aus Mörderhand darzubringen. Wir


eigen Gestalt, in welcher sie, wie gesagt, nur als eine Vorbereitungsmaßregel
für das Monopol betrachtet werden kann, entschieden. Dagegen befürwortete
die nationalliberale Partei eine umfassende und allseitige Untersuchung der Lage,
des Umfangs, kurz der ganzen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Tabaksbau,
Tabaksfabrikation und Tabakshandel, um auf Grund der Ergebnisse derselben
zu beurtheilen, auf welche Weise am zweckmäßigsten ein möglichst hoher Steuer¬
ertrag aus dem Tabak zu erzielen ist, ohne die Lebensbedingungen der genannten
Erwerbszweige zu zerstören. Zu diesem Zwecke ist die Partei bereit, die in
der Regierungsvorlage geforderten 200,000 Mark zu bewilligen. Ob die
Regierung damit zufrieden ist, wird sich erst bei der zweiten Lesung zeigen.
Alsdann werden sich auch vielleicht die Aussichten beurtheilen lassen, welche eine
Verständigung der Regierung mit der Mehrheit des gegenwärtigen Reichstags
über die Finanzfrage überhaupt noch hat. Die Aufforderung, welche in sattsam
bekannten allgemeinen und besonderen Verhältnissen zu solcher Verständigung
liegt, ist wahrlich deutlich und dringend genug. Die der Regierung zur Ver¬
fügung stehenden Preßorgane haben in letzter Zeit nur zu sehr die Miene des
Mannes getragen, der sich nicht verständigen will. Wir warten ab, ob die
ernsten Ermahnungen der nationalliberaleu Redner ihre Wirkung thun. Jeden¬
falls aber denken wir, die nationalliberale Partei im Lande wird nach den
Verhandlungen vom 10. Mai ihren Vertretern die Anerkennung nicht versagen,
ehrlich und sachgemäß ihre Pflicht gethan zu haben.

Vier Tage der abgelaufenen Woche wurden noch durch die zweite Be¬
rathung der Gewerbeordnungsnovelle in Anspruch genommen. Meistens be¬
hielt es nach langen Debatten bei den Vorschlügen der Kommission sein
Bewenden. Da indeß zahlreiche Beschlüsse mit sehr schwachen Majoritäten
gefaßt worden sind, so ist es rathsam die Beleuchtung einzelner Punkte bis zu
dein Bericht über die dritte Lesung zu verschieben. Ueber die gestern begonnene
x e- zweite Berathung der Rechtsanwaltsordnung im nächsten Briefe-




Z)as Attentat auf den deutschen Kaiser.

Am Nachmittag des elften Mai sind im Herzen der deutschen Hauptstadt
mörderische Schüsse auf das Leben des geweihten Hauptes unsres Volkes ge¬
richtet worden, Vou Entrüstung und Abscheu bebt die gesittete Welt über die
grauenvolle That des zwanzigjährigen Buben. Alle Fürsten und Völker der
Erde vereinigen sich, dem erhabenen Träger unserer schwer errungenen Einheit
ihre!'. Glückwunsch zu seiner Errettung aus Mörderhand darzubringen. Wir


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/322>, abgerufen am 27.07.2024.