Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.stadt geworden ist. Diese iimner weiter um sich greifende, in ihrer Isolirung Dom deutschen Ueicljstage. Die erste Berathung der Tabaksenquetevorlage liegt hinter uns, ohne stadt geworden ist. Diese iimner weiter um sich greifende, in ihrer Isolirung Dom deutschen Ueicljstage. Die erste Berathung der Tabaksenquetevorlage liegt hinter uns, ohne <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140139"/> <p xml:id="ID_934" prev="#ID_933"> stadt geworden ist. Diese iimner weiter um sich greifende, in ihrer Isolirung<lb/> gefährliche, indifferente, egoistische, genußsüchtige Masse aufzurütteln und dem<lb/> wichtigsten Interesse der Nation, der Begründung einer Familie, dienstbar zu<lb/> macheu, wird kein Mittel gescheut. Schon ist, wie man sieht, die Rolle der<lb/> Geschlechter bei der Liebeswerbung dadurch in Paris verwandelt. Im Ernst<lb/> beinahe wirft der Verfasser die Frage auf, ob man die uneinnehmbare Festung<lb/> des Junggesellenthums nicht vielleicht dadurch zur Kapitulation zwingen könne,<lb/> daß man auch in der übrigen Gesellschaft die Standarte der freien Liebe aus¬<lb/> ziehe. Die Civilisation und die Menschheit hat auf solche Frage nur eine<lb/> Antwort: die Antwort, daß kein gesundes Kulturvolk zurückgreifen kann auf<lb/> die Lebensformen, die es vorfand, als es über die Schwelle der Barbarei ein¬<lb/> trat in sein geschichtliches Volksleben. Ein Volk, das diesen Schritt thut, das<lb/> nicht bestehen kann auf dem Boden der Gesittung der andern, hat sein Todes¬<lb/> urtheil gesprochen. Wir sind weit entfernt zu glauben, daß es soweit mit<lb/> Frankreich gekommen sei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Dom deutschen Ueicljstage.</head><lb/> <p xml:id="ID_935" next="#ID_936"> Die erste Berathung der Tabaksenquetevorlage liegt hinter uns, ohne<lb/> daß sie die innere Lage geklärt hätte. Im Gegentheil, noch mehr als früher<lb/> erscheinen heute die Steuerreformabsichten der Neichsvezire vom Nebel der<lb/> Ungewißheit verhüllt. Vor 2 — 3 Monaten hatte man wenigstens ein greif¬<lb/> bares Projekt, die vom Reichskanzler in unzweideutigster Weise angestrebte<lb/> Einführung des Tabaksmonopols vor Augen. Heute bezeichnet die Regierung<lb/> ihren Standpunkt gegenüber der Frage einer ausgiebigeren Besteuerung des<lb/> Tabaks als tabula rass,. Vollständig fest steht ihr nur die Ueberzeugung, daß<lb/> eine stärkere Besteuerung des Tabaks eintreten muß, auf welchem Wege, da¬<lb/> rüber hat sie noch keine bestimmte Meinung, eine „objektive und umfassende"<lb/> Untersuchung soll ihr erst die Mittel zur Bildung eines definitiven Urtheils<lb/> liefern. Schade nur, daß sich diese Versicherung, in welcher sich der Präsident<lb/> des Neichskanzlermntes und der preußische Finanzminister überboten, weder<lb/> mit den Motiven aus dem Inhalte der Enquetevorlage, noch mit dem Ge¬<lb/> bühren der gouvernementalen Presse in der letzten 4—6 Wochen in Einklang<lb/> bringen läßt. Zum Schlüsse jener Motive ist ausdrücklich gesagt, daß auf</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
stadt geworden ist. Diese iimner weiter um sich greifende, in ihrer Isolirung
gefährliche, indifferente, egoistische, genußsüchtige Masse aufzurütteln und dem
wichtigsten Interesse der Nation, der Begründung einer Familie, dienstbar zu
macheu, wird kein Mittel gescheut. Schon ist, wie man sieht, die Rolle der
Geschlechter bei der Liebeswerbung dadurch in Paris verwandelt. Im Ernst
beinahe wirft der Verfasser die Frage auf, ob man die uneinnehmbare Festung
des Junggesellenthums nicht vielleicht dadurch zur Kapitulation zwingen könne,
daß man auch in der übrigen Gesellschaft die Standarte der freien Liebe aus¬
ziehe. Die Civilisation und die Menschheit hat auf solche Frage nur eine
Antwort: die Antwort, daß kein gesundes Kulturvolk zurückgreifen kann auf
die Lebensformen, die es vorfand, als es über die Schwelle der Barbarei ein¬
trat in sein geschichtliches Volksleben. Ein Volk, das diesen Schritt thut, das
nicht bestehen kann auf dem Boden der Gesittung der andern, hat sein Todes¬
urtheil gesprochen. Wir sind weit entfernt zu glauben, daß es soweit mit
Frankreich gekommen sei.
Dom deutschen Ueicljstage.
Die erste Berathung der Tabaksenquetevorlage liegt hinter uns, ohne
daß sie die innere Lage geklärt hätte. Im Gegentheil, noch mehr als früher
erscheinen heute die Steuerreformabsichten der Neichsvezire vom Nebel der
Ungewißheit verhüllt. Vor 2 — 3 Monaten hatte man wenigstens ein greif¬
bares Projekt, die vom Reichskanzler in unzweideutigster Weise angestrebte
Einführung des Tabaksmonopols vor Augen. Heute bezeichnet die Regierung
ihren Standpunkt gegenüber der Frage einer ausgiebigeren Besteuerung des
Tabaks als tabula rass,. Vollständig fest steht ihr nur die Ueberzeugung, daß
eine stärkere Besteuerung des Tabaks eintreten muß, auf welchem Wege, da¬
rüber hat sie noch keine bestimmte Meinung, eine „objektive und umfassende"
Untersuchung soll ihr erst die Mittel zur Bildung eines definitiven Urtheils
liefern. Schade nur, daß sich diese Versicherung, in welcher sich der Präsident
des Neichskanzlermntes und der preußische Finanzminister überboten, weder
mit den Motiven aus dem Inhalte der Enquetevorlage, noch mit dem Ge¬
bühren der gouvernementalen Presse in der letzten 4—6 Wochen in Einklang
bringen läßt. Zum Schlüsse jener Motive ist ausdrücklich gesagt, daß auf
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