Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.sagt, darauf ankam, die hundert Lappen, die zur entwicklnngslvsen Hanswnrst- G. W. Kultmöilder aus Amerika. I. Das Schulwesen in der Union. Das Bild, welches die Weltausstellung im Fairmountpark zu Philadelphia sagt, darauf ankam, die hundert Lappen, die zur entwicklnngslvsen Hanswnrst- G. W. Kultmöilder aus Amerika. I. Das Schulwesen in der Union. Das Bild, welches die Weltausstellung im Fairmountpark zu Philadelphia <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138731"/> <p xml:id="ID_1524" prev="#ID_1523"> sagt, darauf ankam, die hundert Lappen, die zur entwicklnngslvsen Hanswnrst-<lb/> jacke zusammengeschossen waren, wieder aufzulösen, die Vielheit komischer<lb/> Gestalten für das Lustspiel wiederzugewinnen. Auch er Verbannte im Harlekin<lb/> nur den Feind des „regelmüßigen" Lustspiels. Aber „was er einseitig durchsetzte,<lb/> kam dem Lustspiel mehr als er beabsichtigte, zu statten." Und so ist es gewiß<lb/> eine plumpe Uebertreibung, wenn Schlegel sagt: „Hanswurst hatte in seinem<lb/> kleinen Finger mehr Verstand, als Gottsched in seinem ganzen Leibe." Wohl<lb/> aber trifft der alte Goethe den Nagel auf den Kopf, wenn er im 13. Buche<lb/> von „Wahrheit und Dichtung", wo er auch auf den Harlekin zu spreche» kommt,<lb/> meint, daß das Theater in Norddeutschland um so eher zu Ernst und Sittlich¬<lb/> keit sich aufgeschwungen habe, „als durch einen gewissen Halbgeschmack die<lb/> lustige Person vertrieben ward, und obgleich geistreiche Köpfe für sie einsprachen,<lb/> dennoch weichen mußte, da sie sich bereits vou der Derbheit des deutschen<lb/> Hanswurst gegen die Niedlichkeit und Zierlichkeit des italienischen und franzö¬<lb/> sischen Harlekin gewendet hatte." Der letzte Grund freilich, den er für das<lb/> Verschwinden des Harlekin anführt, sein fremdländisches Wesen, reicht, wie wir<lb/> gesehen, zur Erklärung uicht aus. Aber mit dein „Halbgeschmack" hat es seine<lb/> Richtigkeit. Gottsched's Geschmack war Halbgeschmack. Aber anch Lessing's<lb/> Geschmack war im vorliegenden Falle nnr Halbgeschmack, den eine ironische,<lb/> aber nicht ganz ungerechte Vergeltung traf, wenn er es über sich ergehen<lb/> lassen mußte, daß in Wien gelegentlich sogar die „Miß Sara Sampson" auf¬<lb/> geführt wurde „mit Hanswurst, des Mellefvut getreuem Bedienten."</p><lb/> <note type="byline"> G. W.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Kultmöilder aus Amerika.<lb/> I. Das Schulwesen in der Union.</head><lb/> <p xml:id="ID_1525" next="#ID_1526"> Das Bild, welches die Weltausstellung im Fairmountpark zu Philadelphia<lb/> zeigte, ließ die Entwickelung der Vereinigten-Staaten auf dem Gebiete der mate¬<lb/> riellen Güterproduktivu als riesenhaft erkennen und bewundern. Auch Europäer<lb/> staunten über deren Intensität, und es lag nahe, der amerikanischen Schule<lb/> einen großen Theil des Verdienstes bei dieser Erscheinung zuzuschreiben. Wußte<lb/> man doch, daß bedeutende Staatsmänner des Landes Unterricht und Bildung<lb/> sehr hoch gestellt und für den „Grundstein freier Einrichtungen" erklärt hatten,<lb/> und daß ungemein große Summen auf das Schulwesen verwendet worden<lb/> waren. Hatte man endlich doch anch nicht selten schon früher lobende Stimmen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
sagt, darauf ankam, die hundert Lappen, die zur entwicklnngslvsen Hanswnrst-
jacke zusammengeschossen waren, wieder aufzulösen, die Vielheit komischer
Gestalten für das Lustspiel wiederzugewinnen. Auch er Verbannte im Harlekin
nur den Feind des „regelmüßigen" Lustspiels. Aber „was er einseitig durchsetzte,
kam dem Lustspiel mehr als er beabsichtigte, zu statten." Und so ist es gewiß
eine plumpe Uebertreibung, wenn Schlegel sagt: „Hanswurst hatte in seinem
kleinen Finger mehr Verstand, als Gottsched in seinem ganzen Leibe." Wohl
aber trifft der alte Goethe den Nagel auf den Kopf, wenn er im 13. Buche
von „Wahrheit und Dichtung", wo er auch auf den Harlekin zu spreche» kommt,
meint, daß das Theater in Norddeutschland um so eher zu Ernst und Sittlich¬
keit sich aufgeschwungen habe, „als durch einen gewissen Halbgeschmack die
lustige Person vertrieben ward, und obgleich geistreiche Köpfe für sie einsprachen,
dennoch weichen mußte, da sie sich bereits vou der Derbheit des deutschen
Hanswurst gegen die Niedlichkeit und Zierlichkeit des italienischen und franzö¬
sischen Harlekin gewendet hatte." Der letzte Grund freilich, den er für das
Verschwinden des Harlekin anführt, sein fremdländisches Wesen, reicht, wie wir
gesehen, zur Erklärung uicht aus. Aber mit dein „Halbgeschmack" hat es seine
Richtigkeit. Gottsched's Geschmack war Halbgeschmack. Aber anch Lessing's
Geschmack war im vorliegenden Falle nnr Halbgeschmack, den eine ironische,
aber nicht ganz ungerechte Vergeltung traf, wenn er es über sich ergehen
lassen mußte, daß in Wien gelegentlich sogar die „Miß Sara Sampson" auf¬
geführt wurde „mit Hanswurst, des Mellefvut getreuem Bedienten."
G. W.
Kultmöilder aus Amerika.
I. Das Schulwesen in der Union.
Das Bild, welches die Weltausstellung im Fairmountpark zu Philadelphia
zeigte, ließ die Entwickelung der Vereinigten-Staaten auf dem Gebiete der mate¬
riellen Güterproduktivu als riesenhaft erkennen und bewundern. Auch Europäer
staunten über deren Intensität, und es lag nahe, der amerikanischen Schule
einen großen Theil des Verdienstes bei dieser Erscheinung zuzuschreiben. Wußte
man doch, daß bedeutende Staatsmänner des Landes Unterricht und Bildung
sehr hoch gestellt und für den „Grundstein freier Einrichtungen" erklärt hatten,
und daß ungemein große Summen auf das Schulwesen verwendet worden
waren. Hatte man endlich doch anch nicht selten schon früher lobende Stimmen
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