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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Hütten, Wir nehmen an, auch nicht von den Ministern, und so bleibt wohl nichts Anderes
übrig, als zu schließen, daß anch hier wieder einmal das ewig Weibliche seine Hand im
Spiele gehabt hat.

Wir hätten sonach an den deutschen Höfen mindestens drei "Friedensengel", die mit
Eifer und Unverdrossenheit für Nachgiebigkeit gegen Rom und seine Anmaßung, oder, wie
man das ohne Uebertreibung auch nennen kann, für ein modernen Verhältnissen entsprechen¬
des Canossa, in direktem Widerspruch mit der Meinung und den Plänen des Reichskanzlers
thätig sind.




Literatur.
Abhandlungen zur Erd- und Völkerkunde von Oskar Peschel. Her¬
ausgegeben von I. Löwenberg, Leipzig, Verlag von Duncker u, Humblot. 1877.

Oskar Peschel, nach Ritter der bedeutendste Förderer der Geographie in
Deutschland, hat außer seinen größeren Werken als Mitredakteur der Allge¬
meinen Zeitung sowie als Leiter der Wochenschrift "Das Ausland" eine große
Zahl werthvoller Artikel geschrieben, von denen er einen Theil in seine größeren
Arbeiten, die "Probleme" und die "Völkerkunde" aufgenommen hat. Die meisten
aber blieben zerstreut und für das größere Publikum nunmehr schwer zugäng¬
lich in den genannten Blättern sowie in verschiedenen andern, während Inhalt
und Form aller dieselben, wie der Herausgeber meint, noch jetzt lesenswerth
machen. So ging letzterer daran, diese Abhandlungen zu sammeln und unter
ihnen zunächst diejenigen, welche sich mit Dingen der Geographie beschäftigen,
zu neuer Veröffentlichung auszuwählen, und nach dem, was hier vorliegt, sind
wir ihm Dank schuldig. Herr Löwenberg, selbst ein geachteter Geograph, hat
mit Geschmack gewählt und das Zusammengehörige geschickt gruppirt, so daß
wir in der That ein lesenswerthes, lehrreiches und in jeder Beziehung erfreu¬
liches Buch erhielten. Die Anordnung der einzelnen Abschnitte ist der Art,
daß jeder nur sachlich Zusammengehöriges bringt, und zwar möglichst in
chronologischer Folge, so daß die Hand geboten ist, die Fortschritte, die der
Verfasser im Laufe der Zeit auf dem Gebiete seiner Wissenschaft machte, M
verfolgen. Die erste Gruppe vou Aufsätzen behandelt den Ursprung und die
Verbreitung einiger geographischen Mythen im Mittelalter, aus denen wir uns
nächstens einige besonders interessante auszugsweise mitzutheilen vorbehalten.
Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit Gegenständen ans der Geschichte der
Geographie und bespricht u. A. die Handelsgeschichte des Rothen Meeres, ge¬
wisse mittelalterliche Missionen in Ostasien und Afrika, die Erfindung und
Vervollkommnung des Kompasses, die Reisen des Nicolo Conti in Indien und


Hütten, Wir nehmen an, auch nicht von den Ministern, und so bleibt wohl nichts Anderes
übrig, als zu schließen, daß anch hier wieder einmal das ewig Weibliche seine Hand im
Spiele gehabt hat.

Wir hätten sonach an den deutschen Höfen mindestens drei „Friedensengel", die mit
Eifer und Unverdrossenheit für Nachgiebigkeit gegen Rom und seine Anmaßung, oder, wie
man das ohne Uebertreibung auch nennen kann, für ein modernen Verhältnissen entsprechen¬
des Canossa, in direktem Widerspruch mit der Meinung und den Plänen des Reichskanzlers
thätig sind.




Literatur.
Abhandlungen zur Erd- und Völkerkunde von Oskar Peschel. Her¬
ausgegeben von I. Löwenberg, Leipzig, Verlag von Duncker u, Humblot. 1877.

Oskar Peschel, nach Ritter der bedeutendste Förderer der Geographie in
Deutschland, hat außer seinen größeren Werken als Mitredakteur der Allge¬
meinen Zeitung sowie als Leiter der Wochenschrift „Das Ausland" eine große
Zahl werthvoller Artikel geschrieben, von denen er einen Theil in seine größeren
Arbeiten, die „Probleme" und die „Völkerkunde" aufgenommen hat. Die meisten
aber blieben zerstreut und für das größere Publikum nunmehr schwer zugäng¬
lich in den genannten Blättern sowie in verschiedenen andern, während Inhalt
und Form aller dieselben, wie der Herausgeber meint, noch jetzt lesenswerth
machen. So ging letzterer daran, diese Abhandlungen zu sammeln und unter
ihnen zunächst diejenigen, welche sich mit Dingen der Geographie beschäftigen,
zu neuer Veröffentlichung auszuwählen, und nach dem, was hier vorliegt, sind
wir ihm Dank schuldig. Herr Löwenberg, selbst ein geachteter Geograph, hat
mit Geschmack gewählt und das Zusammengehörige geschickt gruppirt, so daß
wir in der That ein lesenswerthes, lehrreiches und in jeder Beziehung erfreu¬
liches Buch erhielten. Die Anordnung der einzelnen Abschnitte ist der Art,
daß jeder nur sachlich Zusammengehöriges bringt, und zwar möglichst in
chronologischer Folge, so daß die Hand geboten ist, die Fortschritte, die der
Verfasser im Laufe der Zeit auf dem Gebiete seiner Wissenschaft machte, M
verfolgen. Die erste Gruppe vou Aufsätzen behandelt den Ursprung und die
Verbreitung einiger geographischen Mythen im Mittelalter, aus denen wir uns
nächstens einige besonders interessante auszugsweise mitzutheilen vorbehalten.
Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit Gegenständen ans der Geschichte der
Geographie und bespricht u. A. die Handelsgeschichte des Rothen Meeres, ge¬
wisse mittelalterliche Missionen in Ostasien und Afrika, die Erfindung und
Vervollkommnung des Kompasses, die Reisen des Nicolo Conti in Indien und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/44>, abgerufen am 28.09.2024.