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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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bloß weil der Zeichner nicht die Fähigkeit hatte, sein Bild stilgerecht und der
Natur des Holzschnittes gemäß auf dem Holzstocke anzulegen. Bei der im¬
mensen Bedeutung, die der Holzschnitt in unsrer Zeit gewonnen hat, und die
voraussichtlich auch noch eine Zeit lang zunehmen wird, bis ihm vielleicht ein¬
mal -- worauf manche Anzeichen hindeuten -- einerseits der billiger werdende
Lichtdruck, andererseits die wieder in Aufschwung begriffene Kunst der Radi-
rnng einen Theil seiner Aufgaben abnehmen werden, ist es entschieden die
Pflicht unserer Knnstakademieen und Knnstgewerbeschulen, die berechtigten und
stilgemäßen Zeichunugsmanieren für den Holzschnitt systematisch zu lehren und
zu üben, damit jene "wilde" Sorte von Holzschnittzeichnern nicht überHand
nehme. Hierzu aber bietet das Album des Albertvereius eine lehrreiche Vor¬
bildersammlung. Aus den meisten seiner Blätter kann man lernen, wie man
für den Holzschnitt zeichnen soll, aus wenigen nur, wie man womöglich nicht
zeichnen soll.

Schade, daß das Album, wie aus seiner Vorrede hervorgeht, nicht in den
regulären Buchhandel kommt. Für die Lotterie des Albertvereius sind 2000
Exemplare davon hergestellt worden, und bei diesen wird es sein Bewenden
haben. So können wir denn nur hoffen, daß der Wunsch, in den Besitz des¬
selben zu gelangen, den Wohlthätigkeitssinn recht vieler anregen und zum An¬
kauf eines Looses (ö, 5 Mark) bestimmen möge. Wir selber aber hegen im
Geheimen den frommen Wunsch, daß der Verleger, dem wir dies schöne
"Bilderbuch" verdanken, seine lange gehegte Idee damit nicht endgiltig für
verwirklicht halten, sondern vielleicht in Jahr und Tag sie noch einmal in
größerem Umfange, nach einem festen Plane und mit aller Muße zur Aus¬
führung bringen möge.




Un den westeuropäischen Lösen 1483 bis 1486.
Eine Reis ebeschreib ung.
I.

Unter den zahlreichen Handschriften der Stadtbibliothek zu Breslau befindet
sich ein recht unansehnlicher dünner Folioband aus dem Anfang des vorigen
Jahrhunderts, dessen Inhalt sich durch die Ueberschrift "Reisebeschreibung
Niklas vonPvpplau, Ritters, bürtig von Breslau" ankündigt. Die
Handschrift ist nicht das Original der Reisebeschreibung, sondern eine bedeutend


bloß weil der Zeichner nicht die Fähigkeit hatte, sein Bild stilgerecht und der
Natur des Holzschnittes gemäß auf dem Holzstocke anzulegen. Bei der im¬
mensen Bedeutung, die der Holzschnitt in unsrer Zeit gewonnen hat, und die
voraussichtlich auch noch eine Zeit lang zunehmen wird, bis ihm vielleicht ein¬
mal — worauf manche Anzeichen hindeuten — einerseits der billiger werdende
Lichtdruck, andererseits die wieder in Aufschwung begriffene Kunst der Radi-
rnng einen Theil seiner Aufgaben abnehmen werden, ist es entschieden die
Pflicht unserer Knnstakademieen und Knnstgewerbeschulen, die berechtigten und
stilgemäßen Zeichunugsmanieren für den Holzschnitt systematisch zu lehren und
zu üben, damit jene „wilde" Sorte von Holzschnittzeichnern nicht überHand
nehme. Hierzu aber bietet das Album des Albertvereius eine lehrreiche Vor¬
bildersammlung. Aus den meisten seiner Blätter kann man lernen, wie man
für den Holzschnitt zeichnen soll, aus wenigen nur, wie man womöglich nicht
zeichnen soll.

Schade, daß das Album, wie aus seiner Vorrede hervorgeht, nicht in den
regulären Buchhandel kommt. Für die Lotterie des Albertvereius sind 2000
Exemplare davon hergestellt worden, und bei diesen wird es sein Bewenden
haben. So können wir denn nur hoffen, daß der Wunsch, in den Besitz des¬
selben zu gelangen, den Wohlthätigkeitssinn recht vieler anregen und zum An¬
kauf eines Looses (ö, 5 Mark) bestimmen möge. Wir selber aber hegen im
Geheimen den frommen Wunsch, daß der Verleger, dem wir dies schöne
„Bilderbuch" verdanken, seine lange gehegte Idee damit nicht endgiltig für
verwirklicht halten, sondern vielleicht in Jahr und Tag sie noch einmal in
größerem Umfange, nach einem festen Plane und mit aller Muße zur Aus¬
führung bringen möge.




Un den westeuropäischen Lösen 1483 bis 1486.
Eine Reis ebeschreib ung.
I.

Unter den zahlreichen Handschriften der Stadtbibliothek zu Breslau befindet
sich ein recht unansehnlicher dünner Folioband aus dem Anfang des vorigen
Jahrhunderts, dessen Inhalt sich durch die Ueberschrift „Reisebeschreibung
Niklas vonPvpplau, Ritters, bürtig von Breslau" ankündigt. Die
Handschrift ist nicht das Original der Reisebeschreibung, sondern eine bedeutend


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[0424] bloß weil der Zeichner nicht die Fähigkeit hatte, sein Bild stilgerecht und der Natur des Holzschnittes gemäß auf dem Holzstocke anzulegen. Bei der im¬ mensen Bedeutung, die der Holzschnitt in unsrer Zeit gewonnen hat, und die voraussichtlich auch noch eine Zeit lang zunehmen wird, bis ihm vielleicht ein¬ mal — worauf manche Anzeichen hindeuten — einerseits der billiger werdende Lichtdruck, andererseits die wieder in Aufschwung begriffene Kunst der Radi- rnng einen Theil seiner Aufgaben abnehmen werden, ist es entschieden die Pflicht unserer Knnstakademieen und Knnstgewerbeschulen, die berechtigten und stilgemäßen Zeichunugsmanieren für den Holzschnitt systematisch zu lehren und zu üben, damit jene „wilde" Sorte von Holzschnittzeichnern nicht überHand nehme. Hierzu aber bietet das Album des Albertvereius eine lehrreiche Vor¬ bildersammlung. Aus den meisten seiner Blätter kann man lernen, wie man für den Holzschnitt zeichnen soll, aus wenigen nur, wie man womöglich nicht zeichnen soll. Schade, daß das Album, wie aus seiner Vorrede hervorgeht, nicht in den regulären Buchhandel kommt. Für die Lotterie des Albertvereius sind 2000 Exemplare davon hergestellt worden, und bei diesen wird es sein Bewenden haben. So können wir denn nur hoffen, daß der Wunsch, in den Besitz des¬ selben zu gelangen, den Wohlthätigkeitssinn recht vieler anregen und zum An¬ kauf eines Looses (ö, 5 Mark) bestimmen möge. Wir selber aber hegen im Geheimen den frommen Wunsch, daß der Verleger, dem wir dies schöne „Bilderbuch" verdanken, seine lange gehegte Idee damit nicht endgiltig für verwirklicht halten, sondern vielleicht in Jahr und Tag sie noch einmal in größerem Umfange, nach einem festen Plane und mit aller Muße zur Aus¬ führung bringen möge. Un den westeuropäischen Lösen 1483 bis 1486. Eine Reis ebeschreib ung. I. Unter den zahlreichen Handschriften der Stadtbibliothek zu Breslau befindet sich ein recht unansehnlicher dünner Folioband aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, dessen Inhalt sich durch die Ueberschrift „Reisebeschreibung Niklas vonPvpplau, Ritters, bürtig von Breslau" ankündigt. Die Handschrift ist nicht das Original der Reisebeschreibung, sondern eine bedeutend

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/424>, abgerufen am 22.07.2024.