Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.Dom preußischen Landtage. Es ist keine angenehme Aufgabe, immer wieder dasselbe schreiben zu müssen, Von Interesse war, daß die Konservativen zum ersten Male mit dem Dom preußischen Landtage. Es ist keine angenehme Aufgabe, immer wieder dasselbe schreiben zu müssen, Von Interesse war, daß die Konservativen zum ersten Male mit dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0319" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139078"/> </div> <div n="1"> <head> Dom preußischen Landtage.</head><lb/> <p xml:id="ID_932"> Es ist keine angenehme Aufgabe, immer wieder dasselbe schreiben zu müssen,<lb/> am wenigsten, wenn es Unerfreuliches ist. Abermals galt die hauptsächlichste<lb/> Debatte des Abgeordnetenhauses in der abgelaufenen Woche der Frage der<lb/> Verwaltnngsrefvrm. Herbeigeführt war die Verhandlung durch einen Antrag<lb/> der Centrnmspartei, nach welchem die Regierung zur Vorlegung einer Landge-<lb/> meindeordnnng, sowie eiuer Kreis- und Prvvinzialordnnng für Rheinland und<lb/> Westphalen aufgefordert werdeu sollte. Das Ergebniß war vorher zu sehen:<lb/> der Antrag wurde mit großer Majorität angenommen. Ausschlaggebend war<lb/> dabei die Haltung der Nationalliberalen. Im Lager der gouvernementalen<lb/> Heißsporne fehlt es für dieselbe uicht an den Vorwürfen der Inkonsequenz.<lb/> Man sagt: wenn die Nationalliberalen neulich den Mramontcmen die Unter¬<lb/> stützung für den Antrag eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes versagten, wenn<lb/> sie zugleich das Zusammengehen der Fortschrittspartei mit dem Centrum scharf<lb/> kritisirten, wie konnten sie jetzt die vom Centrum ausgegebene Parole zu der<lb/> ihrigen machen? Dabei wird nur übersehen, daß es sich bei jenem Antrage<lb/> betreffend die Miuisterverautwortlichkeit lediglich um ein willkürlich ersonnenes,<lb/> aus der augenblicklichen Situation in keiner Weise zu rechtfertigendes Oppositions¬<lb/> manöver handelte, während die Forderung der Ausdehnung der Verwaltnngs¬<lb/> refvrm aus der unsere innere Lage vorwiegend beherrschenden Frage unmittelbar<lb/> hervorgeht und von der nationalliberalen Partei in den letzten Sessionen stets<lb/> mit Nachdruck erhoben worden ist. Der bloße Umstand, daß jetzt das Centrum<lb/> sich sofort uach der Eröffnung der Session der Angelegenheit bemächtigt<lb/> hatte, konnte die Nationalliberalen unmöglich abhalten, ihren Standpunkt aufs<lb/> Neue unumwunden zu bekennen. Die Antwort der Regierung war im Grnnde<lb/> dieselbe wie immer: Die Nothwendigkeit der Ausdehnung der Verwaltnngs¬<lb/> refvrm auf die ganze Monarchie — natürlich unter Berücksichtigung der eigen¬<lb/> thümlichen Verhältnisse der einzelnem Provinzen — ist selbstverständlich; den<lb/> Zeitpunkt der Ausführung aber zu bestimmen, behält sich die Regierung vor.<lb/> Immerhin ließ sich aus deu Worten Friedenthals ziemlich gewiß der Fortschritt<lb/> konstaiiren, daß die Ausarbeitung eines betreffenden Gesetzentwurfs nunmehr<lb/> beschlossene Sache ist. Welcher Art indeß die Kautelen sein werden, die der<lb/> rheinisch-westphälischen Kreis- und Provinzialvrdnnng gegen die Möglichkeit<lb/> eines Mißbrauchs im Interesse der ultramontanen Agitation eingefügt werden<lb/> sollen, ist noch ganz unbestimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_933" next="#ID_934"> Von Interesse war, daß die Konservativen zum ersten Male mit dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0319]
Dom preußischen Landtage.
Es ist keine angenehme Aufgabe, immer wieder dasselbe schreiben zu müssen,
am wenigsten, wenn es Unerfreuliches ist. Abermals galt die hauptsächlichste
Debatte des Abgeordnetenhauses in der abgelaufenen Woche der Frage der
Verwaltnngsrefvrm. Herbeigeführt war die Verhandlung durch einen Antrag
der Centrnmspartei, nach welchem die Regierung zur Vorlegung einer Landge-
meindeordnnng, sowie eiuer Kreis- und Prvvinzialordnnng für Rheinland und
Westphalen aufgefordert werdeu sollte. Das Ergebniß war vorher zu sehen:
der Antrag wurde mit großer Majorität angenommen. Ausschlaggebend war
dabei die Haltung der Nationalliberalen. Im Lager der gouvernementalen
Heißsporne fehlt es für dieselbe uicht an den Vorwürfen der Inkonsequenz.
Man sagt: wenn die Nationalliberalen neulich den Mramontcmen die Unter¬
stützung für den Antrag eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes versagten, wenn
sie zugleich das Zusammengehen der Fortschrittspartei mit dem Centrum scharf
kritisirten, wie konnten sie jetzt die vom Centrum ausgegebene Parole zu der
ihrigen machen? Dabei wird nur übersehen, daß es sich bei jenem Antrage
betreffend die Miuisterverautwortlichkeit lediglich um ein willkürlich ersonnenes,
aus der augenblicklichen Situation in keiner Weise zu rechtfertigendes Oppositions¬
manöver handelte, während die Forderung der Ausdehnung der Verwaltnngs¬
refvrm aus der unsere innere Lage vorwiegend beherrschenden Frage unmittelbar
hervorgeht und von der nationalliberalen Partei in den letzten Sessionen stets
mit Nachdruck erhoben worden ist. Der bloße Umstand, daß jetzt das Centrum
sich sofort uach der Eröffnung der Session der Angelegenheit bemächtigt
hatte, konnte die Nationalliberalen unmöglich abhalten, ihren Standpunkt aufs
Neue unumwunden zu bekennen. Die Antwort der Regierung war im Grnnde
dieselbe wie immer: Die Nothwendigkeit der Ausdehnung der Verwaltnngs¬
refvrm auf die ganze Monarchie — natürlich unter Berücksichtigung der eigen¬
thümlichen Verhältnisse der einzelnem Provinzen — ist selbstverständlich; den
Zeitpunkt der Ausführung aber zu bestimmen, behält sich die Regierung vor.
Immerhin ließ sich aus deu Worten Friedenthals ziemlich gewiß der Fortschritt
konstaiiren, daß die Ausarbeitung eines betreffenden Gesetzentwurfs nunmehr
beschlossene Sache ist. Welcher Art indeß die Kautelen sein werden, die der
rheinisch-westphälischen Kreis- und Provinzialvrdnnng gegen die Möglichkeit
eines Mißbrauchs im Interesse der ultramontanen Agitation eingefügt werden
sollen, ist noch ganz unbestimmt.
Von Interesse war, daß die Konservativen zum ersten Male mit dem
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