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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Zween Bordmgs zum Auf- und Abfahren.

Die machen mit denen, die bereits in See, an der Zahl bei 30 Schiffe." --


Georg Bobertag.


Heus der Keeresgeschichte des Asmanischen Kelches.
n.

Der erste ernste Schritt auf der längst vorbereiteten Bahn geschah im
Frühjahr des Jahres 1826. Es wurde in einem außerordentlichen Divan
beschlossen, unter dem Namen Muallem Jschkendj, "exerzirte Hand", eine neue
reguläre Truppe zu bilden. Eine am östlichen Bosporus-Ufer zusammenge¬
zogene, aus anatolischen Milizen bestehende Armee sollte die Ausführung dieses
Beschlusses unterstützen. Im Einklange mit dem von Selim eingeschlagenen
Wege ward zur Bildung der Neuformation von jeder der Oreas die Abgabe
einer Anzahl von Janitscharen angeordnet. Wenn diese auch nicht zweifelhaft
sein konnten, gegen wen die neue Schöpfung gerichtet sei, so kam ihnen doch der
Divanbeschluß so überraschend, daß sie, der Unterstützung ihrer Oberoffiziere
entbehrend, die getroffene Maßregel über sich ergehen lassen mußten. Die
Aushebung aus den Oreas ging glücklich von statten; arabische Exerziermeister,
von Mehmet Ali eingeholt, waren bereits zur Hand, und die neue Truppe,
reichlich verpflegt und gut besoldet, trat ins Leben. Am 4. Juni fand ihre
feierliche Einweihung vor einer der Hauptkasernen der Janitscharen statt. Diese
Feier gab die Veranlassung, daß der lange zurückgehaltene Groll der Janit¬
scharen nnn endlich doch sich Luft machte und in den Vorbereitungen zu einem
Aufstande zum Ausbruch kam. Namentlich waren es die Quartiermacher und
Unteroffiziere, die, in ihrer Prärogativen am meisten geschädigt und auf die
so oft bewährte Sympathie der Masse rechnend, zum Aufruhr hetzten.

Am 18. Juni sollte in dem Thale "der süßen Wasser" bei Konstantinopel
eine erste Revue der neuen Truppe stattfinden. Diesem abermaligen Auftrete"
derselben galt es zuvorzukommen. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni
traten zuerst die Quartiermacher und Unteroffiziere von fünf Oreas zusammen
und gaben das Zeichen zur Erhebung. Die Gemeinen sammelten sich auf dem
Etmeidam, der traditionellen Operationsbasis aller Janitscharen-Aufstände und
stellten dort ihre Feldzeichen auf. Bald folgten die übrigen Oreas nach und
gegen Morgen waren bereits gegen 20,000 Mann versammelt. Noch während
der Nacht versuchten die Rebellen umsonst, sich des Großveziers nud des


Zween Bordmgs zum Auf- und Abfahren.

Die machen mit denen, die bereits in See, an der Zahl bei 30 Schiffe." —


Georg Bobertag.


Heus der Keeresgeschichte des Asmanischen Kelches.
n.

Der erste ernste Schritt auf der längst vorbereiteten Bahn geschah im
Frühjahr des Jahres 1826. Es wurde in einem außerordentlichen Divan
beschlossen, unter dem Namen Muallem Jschkendj, „exerzirte Hand", eine neue
reguläre Truppe zu bilden. Eine am östlichen Bosporus-Ufer zusammenge¬
zogene, aus anatolischen Milizen bestehende Armee sollte die Ausführung dieses
Beschlusses unterstützen. Im Einklange mit dem von Selim eingeschlagenen
Wege ward zur Bildung der Neuformation von jeder der Oreas die Abgabe
einer Anzahl von Janitscharen angeordnet. Wenn diese auch nicht zweifelhaft
sein konnten, gegen wen die neue Schöpfung gerichtet sei, so kam ihnen doch der
Divanbeschluß so überraschend, daß sie, der Unterstützung ihrer Oberoffiziere
entbehrend, die getroffene Maßregel über sich ergehen lassen mußten. Die
Aushebung aus den Oreas ging glücklich von statten; arabische Exerziermeister,
von Mehmet Ali eingeholt, waren bereits zur Hand, und die neue Truppe,
reichlich verpflegt und gut besoldet, trat ins Leben. Am 4. Juni fand ihre
feierliche Einweihung vor einer der Hauptkasernen der Janitscharen statt. Diese
Feier gab die Veranlassung, daß der lange zurückgehaltene Groll der Janit¬
scharen nnn endlich doch sich Luft machte und in den Vorbereitungen zu einem
Aufstande zum Ausbruch kam. Namentlich waren es die Quartiermacher und
Unteroffiziere, die, in ihrer Prärogativen am meisten geschädigt und auf die
so oft bewährte Sympathie der Masse rechnend, zum Aufruhr hetzten.

Am 18. Juni sollte in dem Thale „der süßen Wasser" bei Konstantinopel
eine erste Revue der neuen Truppe stattfinden. Diesem abermaligen Auftrete»
derselben galt es zuvorzukommen. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni
traten zuerst die Quartiermacher und Unteroffiziere von fünf Oreas zusammen
und gaben das Zeichen zur Erhebung. Die Gemeinen sammelten sich auf dem
Etmeidam, der traditionellen Operationsbasis aller Janitscharen-Aufstände und
stellten dort ihre Feldzeichen auf. Bald folgten die übrigen Oreas nach und
gegen Morgen waren bereits gegen 20,000 Mann versammelt. Noch während
der Nacht versuchten die Rebellen umsonst, sich des Großveziers nud des


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[0219] Zween Bordmgs zum Auf- und Abfahren. Die machen mit denen, die bereits in See, an der Zahl bei 30 Schiffe." — Georg Bobertag. Heus der Keeresgeschichte des Asmanischen Kelches. n. Der erste ernste Schritt auf der längst vorbereiteten Bahn geschah im Frühjahr des Jahres 1826. Es wurde in einem außerordentlichen Divan beschlossen, unter dem Namen Muallem Jschkendj, „exerzirte Hand", eine neue reguläre Truppe zu bilden. Eine am östlichen Bosporus-Ufer zusammenge¬ zogene, aus anatolischen Milizen bestehende Armee sollte die Ausführung dieses Beschlusses unterstützen. Im Einklange mit dem von Selim eingeschlagenen Wege ward zur Bildung der Neuformation von jeder der Oreas die Abgabe einer Anzahl von Janitscharen angeordnet. Wenn diese auch nicht zweifelhaft sein konnten, gegen wen die neue Schöpfung gerichtet sei, so kam ihnen doch der Divanbeschluß so überraschend, daß sie, der Unterstützung ihrer Oberoffiziere entbehrend, die getroffene Maßregel über sich ergehen lassen mußten. Die Aushebung aus den Oreas ging glücklich von statten; arabische Exerziermeister, von Mehmet Ali eingeholt, waren bereits zur Hand, und die neue Truppe, reichlich verpflegt und gut besoldet, trat ins Leben. Am 4. Juni fand ihre feierliche Einweihung vor einer der Hauptkasernen der Janitscharen statt. Diese Feier gab die Veranlassung, daß der lange zurückgehaltene Groll der Janit¬ scharen nnn endlich doch sich Luft machte und in den Vorbereitungen zu einem Aufstande zum Ausbruch kam. Namentlich waren es die Quartiermacher und Unteroffiziere, die, in ihrer Prärogativen am meisten geschädigt und auf die so oft bewährte Sympathie der Masse rechnend, zum Aufruhr hetzten. Am 18. Juni sollte in dem Thale „der süßen Wasser" bei Konstantinopel eine erste Revue der neuen Truppe stattfinden. Diesem abermaligen Auftrete» derselben galt es zuvorzukommen. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni traten zuerst die Quartiermacher und Unteroffiziere von fünf Oreas zusammen und gaben das Zeichen zur Erhebung. Die Gemeinen sammelten sich auf dem Etmeidam, der traditionellen Operationsbasis aller Janitscharen-Aufstände und stellten dort ihre Feldzeichen auf. Bald folgten die übrigen Oreas nach und gegen Morgen waren bereits gegen 20,000 Mann versammelt. Noch während der Nacht versuchten die Rebellen umsonst, sich des Großveziers nud des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/219>, abgerufen am 28.06.2024.