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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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fang; sobald sie von dem sich ansetzenden Rnße wieder bedeckt und verschwunden
sind, ist auch das Fieber fort. Recht wohl ließen sich mit Rezepten dieser
Gattung noch einige Bogen füllen; denn der Aberglaube hat auf diesem Ge¬
biete, wie zu Aufang schon bemerkt, eine ganz besonders reiche und bunte Fülle
von Blüthen getrieben, aber ich meine, es wird mit dem Angeführten genug,
vielleicht übergenug sein, und so sei uur noch der in einigen Harzgegenden
herrschende Gebrauch erwähut, uach welchem Fieberkranke eine Handvoll Salz
nehmen, damit an ein Gewässer gehen, es hineiustrenen und dazu die Worte
sprechen: "Ich streue diesen Samen in Gottes Namen; wenn dieser Same
wird aufgehen, werd' ich mein Fieber wiedersehen."

Ich führe die zuletzt beschrieben- Sitte deshalb zu Ende dieses Kapitels
an, weil sie den Uebergang zu einer Reihe anderer Rezepte und Manipulationen
der Volksmedizin bildet, in die anch einige der unmittelbar vorher beschriebenen
Heilmittel hineinspielen.




Journal-Sünden.
Von Herrmann Soyanx.

Eine recht erfreuliche und nicht hoch genug anzuschlagende Erscheinung ist
das in stetigem Wachsen begriffene Interesse unserer periodischen Literatur an
den Fragen der Natur- Erd- und Völkerkunde. Nur selten greifen wir zu
einer Zeitschrift -- sofern sie nicht bestimmte Fächer vertritt --, ohne darin
irgend einen Aufsatz über ein Thema aus jenen Wissenszweigen zu finden. --
Diese Thatsache ist um so lobenswerther, als leider auch uoch heute die er¬
wähnten Fächer, und besonders die Erdkunde, in unseren Schulen mit ver¬
derblicher Nachlässigkeit, gleichsam als gleichgültigere Nebensache und als noth¬
wendiges Uebel betrachtet und behandelt werden, und somit dem Lernbegierige",
wenn er nicht die Mittel zur Anschaffung umfassenderer Werke besitzt, jene
populären Arbeiten als Ergänzungen für die Mängel in den Bildungsanstalten
willkommen sind. -- Jene Auslassungen, welche der verstorbene Peschel über
die Erdkunde als Unterrichtsgegenstand im Jahre 1868 schrieb, treffen leider
noch immer zu, und selbst das bessere Material an Lehr- und Handbüchern'
welche ja auch uur die Resultate der gewonnenen Erkenntnisse bieten, dient


fang; sobald sie von dem sich ansetzenden Rnße wieder bedeckt und verschwunden
sind, ist auch das Fieber fort. Recht wohl ließen sich mit Rezepten dieser
Gattung noch einige Bogen füllen; denn der Aberglaube hat auf diesem Ge¬
biete, wie zu Aufang schon bemerkt, eine ganz besonders reiche und bunte Fülle
von Blüthen getrieben, aber ich meine, es wird mit dem Angeführten genug,
vielleicht übergenug sein, und so sei uur noch der in einigen Harzgegenden
herrschende Gebrauch erwähut, uach welchem Fieberkranke eine Handvoll Salz
nehmen, damit an ein Gewässer gehen, es hineiustrenen und dazu die Worte
sprechen: „Ich streue diesen Samen in Gottes Namen; wenn dieser Same
wird aufgehen, werd' ich mein Fieber wiedersehen."

Ich führe die zuletzt beschrieben- Sitte deshalb zu Ende dieses Kapitels
an, weil sie den Uebergang zu einer Reihe anderer Rezepte und Manipulationen
der Volksmedizin bildet, in die anch einige der unmittelbar vorher beschriebenen
Heilmittel hineinspielen.




Journal-Sünden.
Von Herrmann Soyanx.

Eine recht erfreuliche und nicht hoch genug anzuschlagende Erscheinung ist
das in stetigem Wachsen begriffene Interesse unserer periodischen Literatur an
den Fragen der Natur- Erd- und Völkerkunde. Nur selten greifen wir zu
einer Zeitschrift — sofern sie nicht bestimmte Fächer vertritt —, ohne darin
irgend einen Aufsatz über ein Thema aus jenen Wissenszweigen zu finden. —
Diese Thatsache ist um so lobenswerther, als leider auch uoch heute die er¬
wähnten Fächer, und besonders die Erdkunde, in unseren Schulen mit ver¬
derblicher Nachlässigkeit, gleichsam als gleichgültigere Nebensache und als noth¬
wendiges Uebel betrachtet und behandelt werden, und somit dem Lernbegierige»,
wenn er nicht die Mittel zur Anschaffung umfassenderer Werke besitzt, jene
populären Arbeiten als Ergänzungen für die Mängel in den Bildungsanstalten
willkommen sind. — Jene Auslassungen, welche der verstorbene Peschel über
die Erdkunde als Unterrichtsgegenstand im Jahre 1868 schrieb, treffen leider
noch immer zu, und selbst das bessere Material an Lehr- und Handbüchern'
welche ja auch uur die Resultate der gewonnenen Erkenntnisse bieten, dient


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[0152] fang; sobald sie von dem sich ansetzenden Rnße wieder bedeckt und verschwunden sind, ist auch das Fieber fort. Recht wohl ließen sich mit Rezepten dieser Gattung noch einige Bogen füllen; denn der Aberglaube hat auf diesem Ge¬ biete, wie zu Aufang schon bemerkt, eine ganz besonders reiche und bunte Fülle von Blüthen getrieben, aber ich meine, es wird mit dem Angeführten genug, vielleicht übergenug sein, und so sei uur noch der in einigen Harzgegenden herrschende Gebrauch erwähut, uach welchem Fieberkranke eine Handvoll Salz nehmen, damit an ein Gewässer gehen, es hineiustrenen und dazu die Worte sprechen: „Ich streue diesen Samen in Gottes Namen; wenn dieser Same wird aufgehen, werd' ich mein Fieber wiedersehen." Ich führe die zuletzt beschrieben- Sitte deshalb zu Ende dieses Kapitels an, weil sie den Uebergang zu einer Reihe anderer Rezepte und Manipulationen der Volksmedizin bildet, in die anch einige der unmittelbar vorher beschriebenen Heilmittel hineinspielen. Journal-Sünden. Von Herrmann Soyanx. Eine recht erfreuliche und nicht hoch genug anzuschlagende Erscheinung ist das in stetigem Wachsen begriffene Interesse unserer periodischen Literatur an den Fragen der Natur- Erd- und Völkerkunde. Nur selten greifen wir zu einer Zeitschrift — sofern sie nicht bestimmte Fächer vertritt —, ohne darin irgend einen Aufsatz über ein Thema aus jenen Wissenszweigen zu finden. — Diese Thatsache ist um so lobenswerther, als leider auch uoch heute die er¬ wähnten Fächer, und besonders die Erdkunde, in unseren Schulen mit ver¬ derblicher Nachlässigkeit, gleichsam als gleichgültigere Nebensache und als noth¬ wendiges Uebel betrachtet und behandelt werden, und somit dem Lernbegierige», wenn er nicht die Mittel zur Anschaffung umfassenderer Werke besitzt, jene populären Arbeiten als Ergänzungen für die Mängel in den Bildungsanstalten willkommen sind. — Jene Auslassungen, welche der verstorbene Peschel über die Erdkunde als Unterrichtsgegenstand im Jahre 1868 schrieb, treffen leider noch immer zu, und selbst das bessere Material an Lehr- und Handbüchern' welche ja auch uur die Resultate der gewonnenen Erkenntnisse bieten, dient

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/152>, abgerufen am 03.07.2024.