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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Generalen. In der Instruktion für die Generalmajors von der In¬
fanterie, in welcher die klassische Erklärung des Wortes General ge¬
geben wird, (daß es einen Offizier bedeute, "der in das Große vom Kriege
"ntrir<-t") sagt der König an einer andern Stelle: "In Summa, darum
heißen sie Generale, damit, wenn sie eine Sache gut überlegt haben, sie solche
ans ihre Hörner nehmen." So vermied er denn auch jederzeit auss sorg¬
fältigste, die selbständige Thätigkeit seiner Unterführer mehr als durchaus noth¬
wendig zu beschränken oder etwa gar ihr selbstthätiges Eingreifen durch Ver¬
weisung auf noch zu erwartende Befehle zu hemmen. Daher sehen wir denn
crins die von ihm erzogenen Generale, bei aller Besorgniß vor der Strenge
ihres Herrn, doch, wo es nöthig war, fast immer selbständige Entschlüsse fassen,
selbst wenn die Billigung derselben seitens des königlichen Oberfeldherrn mehr
als zweifelhaft ist. Fassen wir endlich zusammen, was über den Vertheidi¬
gungskrieg gesagt wird, so ist vielleicht hierzu nichts geeigneter als die Stelle
in der "ä.re as la Suerre", in welcher die Grundanschauung Friedrichs vom
Wesen der wahren Defensive am reinsten zum Ausdruck gekommen ist:


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Rai-ollei- eomme ^.imibal".

-- also Vorsicht mit Thatkraft und Kühnheit gepaart, nicht Vorsicht und Ab¬
wehr allein. "Und wie sehr auch die Umstände zur Defensive einladen möchte"",
sagt der Verfasser unsrer Schrift, "so muß uns doch allezeit der Mahnruf des
Königs gegenwärtig sein, daß wir thöricht handeln würden, ohne zwingenden
Grund auf die Offensive zu verzichten."


Die preußischen Fachschulen. -- Ein Mahnruf an Staat und Industrie.
Von Dr. L, Geisenheimer, Bergschuldirektor in Tarnowitz.
Breslau, I. U. Kerns Verlag, 1877.

Die Grundgedanken des Verfassers sind: der Rückgang des deutscheu
Schaffens auf gewerblichen Gebiete ist nicht so sehr von den letzten Jahr¬
zehnten her zu datiren, nicht so sehr vom Gründerschwindel oder von einer
Gesetzgebung, die in wohlmeinenden Eifer die deutsche Arbeit wehrlos der
Konkurrenz von Ländern überließ, die ihr durch den Reichthum ihrer Natur¬
schätze oder durch die Leichtigkeit des Verkehrs überlegen sind, als vielmehr
davou, daß der dreißigjährige Krieg uoch heute nachwirkt. Ein so altes Uebel
kaun nur durch wirthschaftliche Erziehung allmühlig gehoben werden. Die Ge¬
setzgebung muß, absehend von Manchesterthevrien, die wenigstens nicht völlig
für uns passen, unsern gewerblichen Bedürfnissen mehr Beachtung schenken.
Vor allem aber müssen die Fachschulen so gestaltet und geordnet werden, daß
sie hier fördernd einzugreifen und ein bessere Zukunft heraufführen zu helfen


Generalen. In der Instruktion für die Generalmajors von der In¬
fanterie, in welcher die klassische Erklärung des Wortes General ge¬
geben wird, (daß es einen Offizier bedeute, „der in das Große vom Kriege
«ntrir<-t") sagt der König an einer andern Stelle: „In Summa, darum
heißen sie Generale, damit, wenn sie eine Sache gut überlegt haben, sie solche
ans ihre Hörner nehmen." So vermied er denn auch jederzeit auss sorg¬
fältigste, die selbständige Thätigkeit seiner Unterführer mehr als durchaus noth¬
wendig zu beschränken oder etwa gar ihr selbstthätiges Eingreifen durch Ver¬
weisung auf noch zu erwartende Befehle zu hemmen. Daher sehen wir denn
crins die von ihm erzogenen Generale, bei aller Besorgniß vor der Strenge
ihres Herrn, doch, wo es nöthig war, fast immer selbständige Entschlüsse fassen,
selbst wenn die Billigung derselben seitens des königlichen Oberfeldherrn mehr
als zweifelhaft ist. Fassen wir endlich zusammen, was über den Vertheidi¬
gungskrieg gesagt wird, so ist vielleicht hierzu nichts geeigneter als die Stelle
in der „ä.re as la Suerre», in welcher die Grundanschauung Friedrichs vom
Wesen der wahren Defensive am reinsten zum Ausdruck gekommen ist:


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Rai-ollei- eomme ^.imibal".

— also Vorsicht mit Thatkraft und Kühnheit gepaart, nicht Vorsicht und Ab¬
wehr allein. „Und wie sehr auch die Umstände zur Defensive einladen möchte»",
sagt der Verfasser unsrer Schrift, „so muß uns doch allezeit der Mahnruf des
Königs gegenwärtig sein, daß wir thöricht handeln würden, ohne zwingenden
Grund auf die Offensive zu verzichten."


Die preußischen Fachschulen. — Ein Mahnruf an Staat und Industrie.
Von Dr. L, Geisenheimer, Bergschuldirektor in Tarnowitz.
Breslau, I. U. Kerns Verlag, 1877.

Die Grundgedanken des Verfassers sind: der Rückgang des deutscheu
Schaffens auf gewerblichen Gebiete ist nicht so sehr von den letzten Jahr¬
zehnten her zu datiren, nicht so sehr vom Gründerschwindel oder von einer
Gesetzgebung, die in wohlmeinenden Eifer die deutsche Arbeit wehrlos der
Konkurrenz von Ländern überließ, die ihr durch den Reichthum ihrer Natur¬
schätze oder durch die Leichtigkeit des Verkehrs überlegen sind, als vielmehr
davou, daß der dreißigjährige Krieg uoch heute nachwirkt. Ein so altes Uebel
kaun nur durch wirthschaftliche Erziehung allmühlig gehoben werden. Die Ge¬
setzgebung muß, absehend von Manchesterthevrien, die wenigstens nicht völlig
für uns passen, unsern gewerblichen Bedürfnissen mehr Beachtung schenken.
Vor allem aber müssen die Fachschulen so gestaltet und geordnet werden, daß
sie hier fördernd einzugreifen und ein bessere Zukunft heraufführen zu helfen


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[0487] Generalen. In der Instruktion für die Generalmajors von der In¬ fanterie, in welcher die klassische Erklärung des Wortes General ge¬ geben wird, (daß es einen Offizier bedeute, „der in das Große vom Kriege «ntrir<-t") sagt der König an einer andern Stelle: „In Summa, darum heißen sie Generale, damit, wenn sie eine Sache gut überlegt haben, sie solche ans ihre Hörner nehmen." So vermied er denn auch jederzeit auss sorg¬ fältigste, die selbständige Thätigkeit seiner Unterführer mehr als durchaus noth¬ wendig zu beschränken oder etwa gar ihr selbstthätiges Eingreifen durch Ver¬ weisung auf noch zu erwartende Befehle zu hemmen. Daher sehen wir denn crins die von ihm erzogenen Generale, bei aller Besorgniß vor der Strenge ihres Herrn, doch, wo es nöthig war, fast immer selbständige Entschlüsse fassen, selbst wenn die Billigung derselben seitens des königlichen Oberfeldherrn mehr als zweifelhaft ist. Fassen wir endlich zusammen, was über den Vertheidi¬ gungskrieg gesagt wird, so ist vielleicht hierzu nichts geeigneter als die Stelle in der „ä.re as la Suerre», in welcher die Grundanschauung Friedrichs vom Wesen der wahren Defensive am reinsten zum Ausdruck gekommen ist: VN l?Al)MS, Rai-ollei- eomme ^.imibal". — also Vorsicht mit Thatkraft und Kühnheit gepaart, nicht Vorsicht und Ab¬ wehr allein. „Und wie sehr auch die Umstände zur Defensive einladen möchte»", sagt der Verfasser unsrer Schrift, „so muß uns doch allezeit der Mahnruf des Königs gegenwärtig sein, daß wir thöricht handeln würden, ohne zwingenden Grund auf die Offensive zu verzichten." Die preußischen Fachschulen. — Ein Mahnruf an Staat und Industrie. Von Dr. L, Geisenheimer, Bergschuldirektor in Tarnowitz. Breslau, I. U. Kerns Verlag, 1877. Die Grundgedanken des Verfassers sind: der Rückgang des deutscheu Schaffens auf gewerblichen Gebiete ist nicht so sehr von den letzten Jahr¬ zehnten her zu datiren, nicht so sehr vom Gründerschwindel oder von einer Gesetzgebung, die in wohlmeinenden Eifer die deutsche Arbeit wehrlos der Konkurrenz von Ländern überließ, die ihr durch den Reichthum ihrer Natur¬ schätze oder durch die Leichtigkeit des Verkehrs überlegen sind, als vielmehr davou, daß der dreißigjährige Krieg uoch heute nachwirkt. Ein so altes Uebel kaun nur durch wirthschaftliche Erziehung allmühlig gehoben werden. Die Ge¬ setzgebung muß, absehend von Manchesterthevrien, die wenigstens nicht völlig für uns passen, unsern gewerblichen Bedürfnissen mehr Beachtung schenken. Vor allem aber müssen die Fachschulen so gestaltet und geordnet werden, daß sie hier fördernd einzugreifen und ein bessere Zukunft heraufführen zu helfen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/487>, abgerufen am 03.07.2024.