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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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will recht groß thun! Es ist auch dem Fürsten von Bernburg zu Ehren dieses
große Comödien-Fest angestellet.

Ich werde schon wieder geruffen, daß die Post nicht länger warten wird.
E. H. werden gütigst verzeih" daß ich in der schlechtesten Schrift die jemals
gefunden worden Ihnen meine Ergebenheit bezeuget und mir erlauben daß
ich beständig seyn darf, was ich alle Zeit gewesen bin, nämlich !c. ?c.


F. K. Neuberin.


Dom Aeichstage und dem preußischen Landtage.

Die erste Session des neuen Reichstages hat mit einem bedauernswerthen
Mißklang begonnen. Der anfänglichen Befriedigung über das ungewohnte
Schauspiel einer glänzenden Beschlußfähigkeit gleich in der ersten Sitzung ist
eine tiefe Verstimmung über den Mangel an Arbeitsstoff auf dem Fuße ge¬
folgt. Ein Gesetzentwurf über die Untersuchung von Seennfüllen, der während
der letzten Session in den Kommissionsberathungen gescheitert war, ein Patent¬
gesetzentwurf, der seiner Natur nach die Domäne einer kleinen Gemeinde von
Sachverständigen ist, endlich zwei Vorlagen betreffend die Verwaltung der
Einnahmen und Ausgaben des Reiches und betreffend die Einrichtung und die
Befugnisse des Rechnungshofes -- das ist Alles, was im Laufe der ersten acht
Tage an Berathungsmaterial geboten wurde. Das, worauf es zunächst allein
ankommt, das Etatsgesetz, ruht bis jetzt im Schoße des Bundesrates, und
noch ist alle Welt im Unklaren darüber, welche Auskunftsmittel zur Deckung
des sogenannten Defizits von fünfundzwanzig Millionen derselbe ersinnen wird.
Unter diesen Umständen, hat der Reichstag vorgezogen, nachdem er seit seiner
Konstituirung zwei fast rein formelle Sitzungen gehalten, beinahe eine volle
Woche Ferien zu macheu. Mit welchen Exklamationen selbst die zahmsten
Parlamentarier diese seltsame Belohnung ihres Pflichteifers begrüßten, mag
diskreterweise verschwiegen werden. Aber nicht dieser unwillkommene Eindruck
auf die Volksvertreter und die daraus zu befürchtende Wirkung auf die Ent¬
wickelung unseres parlamentarischen Lebens allein ist das Bedauerliche an der
gegenwärtigen Geschäftslage; sie macht zugleich höchst zweifelhaft, ob es ge¬
lingen wird, die Berathung des Reichshaushaltsetats rechtzeitig, d. h. vor dem
1. April, zum Abschluß zu bringen. Man hat die Verlegung des Etatsjahrs-


will recht groß thun! Es ist auch dem Fürsten von Bernburg zu Ehren dieses
große Comödien-Fest angestellet.

Ich werde schon wieder geruffen, daß die Post nicht länger warten wird.
E. H. werden gütigst verzeih» daß ich in der schlechtesten Schrift die jemals
gefunden worden Ihnen meine Ergebenheit bezeuget und mir erlauben daß
ich beständig seyn darf, was ich alle Zeit gewesen bin, nämlich !c. ?c.


F. K. Neuberin.


Dom Aeichstage und dem preußischen Landtage.

Die erste Session des neuen Reichstages hat mit einem bedauernswerthen
Mißklang begonnen. Der anfänglichen Befriedigung über das ungewohnte
Schauspiel einer glänzenden Beschlußfähigkeit gleich in der ersten Sitzung ist
eine tiefe Verstimmung über den Mangel an Arbeitsstoff auf dem Fuße ge¬
folgt. Ein Gesetzentwurf über die Untersuchung von Seennfüllen, der während
der letzten Session in den Kommissionsberathungen gescheitert war, ein Patent¬
gesetzentwurf, der seiner Natur nach die Domäne einer kleinen Gemeinde von
Sachverständigen ist, endlich zwei Vorlagen betreffend die Verwaltung der
Einnahmen und Ausgaben des Reiches und betreffend die Einrichtung und die
Befugnisse des Rechnungshofes — das ist Alles, was im Laufe der ersten acht
Tage an Berathungsmaterial geboten wurde. Das, worauf es zunächst allein
ankommt, das Etatsgesetz, ruht bis jetzt im Schoße des Bundesrates, und
noch ist alle Welt im Unklaren darüber, welche Auskunftsmittel zur Deckung
des sogenannten Defizits von fünfundzwanzig Millionen derselbe ersinnen wird.
Unter diesen Umständen, hat der Reichstag vorgezogen, nachdem er seit seiner
Konstituirung zwei fast rein formelle Sitzungen gehalten, beinahe eine volle
Woche Ferien zu macheu. Mit welchen Exklamationen selbst die zahmsten
Parlamentarier diese seltsame Belohnung ihres Pflichteifers begrüßten, mag
diskreterweise verschwiegen werden. Aber nicht dieser unwillkommene Eindruck
auf die Volksvertreter und die daraus zu befürchtende Wirkung auf die Ent¬
wickelung unseres parlamentarischen Lebens allein ist das Bedauerliche an der
gegenwärtigen Geschäftslage; sie macht zugleich höchst zweifelhaft, ob es ge¬
lingen wird, die Berathung des Reichshaushaltsetats rechtzeitig, d. h. vor dem
1. April, zum Abschluß zu bringen. Man hat die Verlegung des Etatsjahrs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/442>, abgerufen am 03.07.2024.