Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.eine solche Hoffnung scheint nur in der verkehrten Welt auf Erfüllung hoffen Aas Annahmeschreiben von Houverneur Kayes. "Hie Hayes" -- "hie Tilden", so lautet gegenwärtig in den Vereinig¬ Während sich S a in uel I. Ti it en von Newyork den Ruf eines kühlen, eine solche Hoffnung scheint nur in der verkehrten Welt auf Erfüllung hoffen Aas Annahmeschreiben von Houverneur Kayes. „Hie Hayes" — „hie Tilden", so lautet gegenwärtig in den Vereinig¬ Während sich S a in uel I. Ti it en von Newyork den Ruf eines kühlen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136434"/> <p xml:id="ID_823" prev="#ID_822"> eine solche Hoffnung scheint nur in der verkehrten Welt auf Erfüllung hoffen<lb/> zu können. Bei so bewandten Umständen aber bleibt uns nichts übrig als<lb/> der Wunsch, daß es den Christen bald gelingen möge, sich der Türkenherrschaft<lb/> zu entledigen, wobei wir aber nicht in den Fehler verfallen wollen, unser Ver¬<lb/> langen darnach mit der Wahrscheinlichkeit eines baldigen, oder gar eines jetzigen<lb/> Siegs der christlichen Sache zu verwechseln. Im Gegentheil, die Vasallen und<lb/> Unterthanen, die jetzt gegen die Pforte die Waffen erhoben haben, scheinen<lb/> nach dem, was sie bis jetzt geleistet haben, den Türken militärisch noch nicht<lb/> gewachsen, und die Rajah in den südlicheren Provinzen ist offenbar weder einig<lb/> noch muthig genug, um die Namens- und Glaubensbrüder im Norden durch<lb/> einen allgemeinen Aufstand energisch zu unterstützen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aas Annahmeschreiben von Houverneur Kayes.</head><lb/> <p xml:id="ID_824"> „Hie Hayes" — „hie Tilden", so lautet gegenwärtig in den Vereinig¬<lb/> ten Staaten das Feldgeschrei der beiden großen Parteien bei der bevorstehen¬<lb/> den Prästdentschafts-Campagne. Republikaner sowohl, wie Demokraten haben<lb/> sich als Bannerträger einen Mann erkoren, dessen politische Vergangenheit<lb/> tadellos, dessen Character fleckenrein, von dessen Führerschaft am Staatsruder<lb/> für die Republik Gutes zu erwarten ist. Trotz Alledem sind beide Männer,<lb/> was Naturanlage und Charactereigenschaft anbetrifft, in manchen Punkten sich<lb/> sehr ungleich.</p><lb/> <p xml:id="ID_825" next="#ID_826"> Während sich S a in uel I. Ti it en von Newyork den Ruf eines kühlen,<lb/> klug berechnenden Politikers, der sich in seinen mündlichen und schriftlichen<lb/> Aeußerungen und Kundgebungen so leicht keine Blößen giebt, erworben und<lb/> durch seine Reformsiege im Staate Newyork bereits reiche Lorbeeren errungen hat,<lb/> erscheint Rutherford B. Hayes von Ohio mehr als ein wohlwollender,<lb/> klar blickender Westländer (Gestern matt), der, den Eingebungen weiser<lb/> Mäßigung folgend, die Frontiinien hitziger Kämpfe meistens vermied. Til¬<lb/> den's Kämpfe mit den corrupten Gesellschaften oder „Ringen" in Newyork<lb/> brachten ihm zwar vielfachen Ruhm, aber auch bittere Feindschaften ein;<lb/> Hayes hatte bisher nur wenig Gelegenheit, sich in einer solchen Weise her¬<lb/> vorzuthun, wie Tilden es gethan, deshalb ist er auch von seinen Feinden<lb/> weniger gehaßt, als Tilden. Beide Präsidentschaftscandidaten haben natür¬<lb/> lich auch ihre schwachen Seiten, die von den Parteigegnern während des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
eine solche Hoffnung scheint nur in der verkehrten Welt auf Erfüllung hoffen
zu können. Bei so bewandten Umständen aber bleibt uns nichts übrig als
der Wunsch, daß es den Christen bald gelingen möge, sich der Türkenherrschaft
zu entledigen, wobei wir aber nicht in den Fehler verfallen wollen, unser Ver¬
langen darnach mit der Wahrscheinlichkeit eines baldigen, oder gar eines jetzigen
Siegs der christlichen Sache zu verwechseln. Im Gegentheil, die Vasallen und
Unterthanen, die jetzt gegen die Pforte die Waffen erhoben haben, scheinen
nach dem, was sie bis jetzt geleistet haben, den Türken militärisch noch nicht
gewachsen, und die Rajah in den südlicheren Provinzen ist offenbar weder einig
noch muthig genug, um die Namens- und Glaubensbrüder im Norden durch
einen allgemeinen Aufstand energisch zu unterstützen.
Aas Annahmeschreiben von Houverneur Kayes.
„Hie Hayes" — „hie Tilden", so lautet gegenwärtig in den Vereinig¬
ten Staaten das Feldgeschrei der beiden großen Parteien bei der bevorstehen¬
den Prästdentschafts-Campagne. Republikaner sowohl, wie Demokraten haben
sich als Bannerträger einen Mann erkoren, dessen politische Vergangenheit
tadellos, dessen Character fleckenrein, von dessen Führerschaft am Staatsruder
für die Republik Gutes zu erwarten ist. Trotz Alledem sind beide Männer,
was Naturanlage und Charactereigenschaft anbetrifft, in manchen Punkten sich
sehr ungleich.
Während sich S a in uel I. Ti it en von Newyork den Ruf eines kühlen,
klug berechnenden Politikers, der sich in seinen mündlichen und schriftlichen
Aeußerungen und Kundgebungen so leicht keine Blößen giebt, erworben und
durch seine Reformsiege im Staate Newyork bereits reiche Lorbeeren errungen hat,
erscheint Rutherford B. Hayes von Ohio mehr als ein wohlwollender,
klar blickender Westländer (Gestern matt), der, den Eingebungen weiser
Mäßigung folgend, die Frontiinien hitziger Kämpfe meistens vermied. Til¬
den's Kämpfe mit den corrupten Gesellschaften oder „Ringen" in Newyork
brachten ihm zwar vielfachen Ruhm, aber auch bittere Feindschaften ein;
Hayes hatte bisher nur wenig Gelegenheit, sich in einer solchen Weise her¬
vorzuthun, wie Tilden es gethan, deshalb ist er auch von seinen Feinden
weniger gehaßt, als Tilden. Beide Präsidentschaftscandidaten haben natür¬
lich auch ihre schwachen Seiten, die von den Parteigegnern während des
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