Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

katholischen Papst-Kirche ruhe, und daß sie immermehr fähig werden, die
Ansichten derer zu prüfen, die nur in dem reinen Evangelio den Grund ihres
Glaubens finden, und daß so die Hoffnung immer mehr ihrer Erfüllung ent¬
gegen gehe, daß die getrennten christlichen Brüder sich verständigen und --
wieder vereinigen.

In diesem Sinne danken wir den Jesuiten für das Feuer, das sie ent¬
zündet haben. Nicht allein, daß die Sonne der Wahrheit sich durch ihre
Nebelgebilde nicht verdecken läßt, sondern diese mehr und mehr verscheuchen
wird, das Feuer, das sie angezündet, wird nicht allein die Geister erhitzen,
sondern auch erleuchten, und so das Morgenroth des Tages werden, an dem
die durch Rom getrennten christlichen Brüder sich als Jünger Christi wieder
die Hände reichen. Je mehr dies aber der Wunsch von Millionen guter
Menschen ist, um so wichtiger ist, vor Allem zu erkennen, daß was die
Kirchen trennt nicht göttliche Wahrheit, sondern menschlicher Wahn ist, vor
Allem das Papstthum, das nicht der Einheits -, sondern der Trennungs¬
punkt der Christenheit ist, während der vermeintliche Anspruch, Nachfolger
des Apostels Petrus als Bischofs in Rom zu sein. nur -- eine Unwahrheit
ist, weil Petrus - für jeden Geschichtskundigen zweifellos -- nie Bischof in
Rom gewesen ist.




politische Heheimöünde.
2. Die Carbonari.

Carbonari, d. h. Köhler, ist der Name einer geheimen politischen Gesell¬
schaft, die in der Geschichte des nach Einheit und Befreiung von der Fremd¬
herrschaft ringenden Italien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt und auch
in Frankreich eine Zeit lang viele Anhänger gehabt hat.

Wie alle Geheimbünde beanspruchte auch dieser, für sehr alt zu gelten.
Starkgläubige ließen die Gesellschaft unter Philipp von Macedonien entstanden
sein. Andere begnügten sich mit der Fabel, daß sich zur Zeit des Papstes
Alexander des Dritten unter den Kohlenbrennern der deutschen Wälder ein
Verein zu gegenseitigem Schutze gegen Räuber und gewaltthätige Ritter ge¬
bildet habe und daß dieser Verein, mit dem die Rettung der sächsischen Prinzen
aus der Gewalt Kunz v. Kauffungen's in Verbindung gebracht wurde, der


katholischen Papst-Kirche ruhe, und daß sie immermehr fähig werden, die
Ansichten derer zu prüfen, die nur in dem reinen Evangelio den Grund ihres
Glaubens finden, und daß so die Hoffnung immer mehr ihrer Erfüllung ent¬
gegen gehe, daß die getrennten christlichen Brüder sich verständigen und —
wieder vereinigen.

In diesem Sinne danken wir den Jesuiten für das Feuer, das sie ent¬
zündet haben. Nicht allein, daß die Sonne der Wahrheit sich durch ihre
Nebelgebilde nicht verdecken läßt, sondern diese mehr und mehr verscheuchen
wird, das Feuer, das sie angezündet, wird nicht allein die Geister erhitzen,
sondern auch erleuchten, und so das Morgenroth des Tages werden, an dem
die durch Rom getrennten christlichen Brüder sich als Jünger Christi wieder
die Hände reichen. Je mehr dies aber der Wunsch von Millionen guter
Menschen ist, um so wichtiger ist, vor Allem zu erkennen, daß was die
Kirchen trennt nicht göttliche Wahrheit, sondern menschlicher Wahn ist, vor
Allem das Papstthum, das nicht der Einheits -, sondern der Trennungs¬
punkt der Christenheit ist, während der vermeintliche Anspruch, Nachfolger
des Apostels Petrus als Bischofs in Rom zu sein. nur — eine Unwahrheit
ist, weil Petrus - für jeden Geschichtskundigen zweifellos — nie Bischof in
Rom gewesen ist.




politische Heheimöünde.
2. Die Carbonari.

Carbonari, d. h. Köhler, ist der Name einer geheimen politischen Gesell¬
schaft, die in der Geschichte des nach Einheit und Befreiung von der Fremd¬
herrschaft ringenden Italien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt und auch
in Frankreich eine Zeit lang viele Anhänger gehabt hat.

Wie alle Geheimbünde beanspruchte auch dieser, für sehr alt zu gelten.
Starkgläubige ließen die Gesellschaft unter Philipp von Macedonien entstanden
sein. Andere begnügten sich mit der Fabel, daß sich zur Zeit des Papstes
Alexander des Dritten unter den Kohlenbrennern der deutschen Wälder ein
Verein zu gegenseitigem Schutze gegen Räuber und gewaltthätige Ritter ge¬
bildet habe und daß dieser Verein, mit dem die Rettung der sächsischen Prinzen
aus der Gewalt Kunz v. Kauffungen's in Verbindung gebracht wurde, der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0462" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134808"/>
          <p xml:id="ID_1431" prev="#ID_1430"> katholischen Papst-Kirche ruhe, und daß sie immermehr fähig werden, die<lb/>
Ansichten derer zu prüfen, die nur in dem reinen Evangelio den Grund ihres<lb/>
Glaubens finden, und daß so die Hoffnung immer mehr ihrer Erfüllung ent¬<lb/>
gegen gehe, daß die getrennten christlichen Brüder sich verständigen und &#x2014;<lb/>
wieder vereinigen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1432"> In diesem Sinne danken wir den Jesuiten für das Feuer, das sie ent¬<lb/>
zündet haben. Nicht allein, daß die Sonne der Wahrheit sich durch ihre<lb/>
Nebelgebilde nicht verdecken läßt, sondern diese mehr und mehr verscheuchen<lb/>
wird, das Feuer, das sie angezündet, wird nicht allein die Geister erhitzen,<lb/>
sondern auch erleuchten, und so das Morgenroth des Tages werden, an dem<lb/>
die durch Rom getrennten christlichen Brüder sich als Jünger Christi wieder<lb/>
die Hände reichen. Je mehr dies aber der Wunsch von Millionen guter<lb/>
Menschen ist, um so wichtiger ist, vor Allem zu erkennen, daß was die<lb/>
Kirchen trennt nicht göttliche Wahrheit, sondern menschlicher Wahn ist, vor<lb/>
Allem das Papstthum, das nicht der Einheits -, sondern der Trennungs¬<lb/>
punkt der Christenheit ist, während der vermeintliche Anspruch, Nachfolger<lb/>
des Apostels Petrus als Bischofs in Rom zu sein. nur &#x2014; eine Unwahrheit<lb/>
ist, weil Petrus - für jeden Geschichtskundigen zweifellos &#x2014; nie Bischof in<lb/>
Rom gewesen ist.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> politische Heheimöünde.<lb/>
2. Die Carbonari.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1433"> Carbonari, d. h. Köhler, ist der Name einer geheimen politischen Gesell¬<lb/>
schaft, die in der Geschichte des nach Einheit und Befreiung von der Fremd¬<lb/>
herrschaft ringenden Italien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt und auch<lb/>
in Frankreich eine Zeit lang viele Anhänger gehabt hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1434" next="#ID_1435"> Wie alle Geheimbünde beanspruchte auch dieser, für sehr alt zu gelten.<lb/>
Starkgläubige ließen die Gesellschaft unter Philipp von Macedonien entstanden<lb/>
sein. Andere begnügten sich mit der Fabel, daß sich zur Zeit des Papstes<lb/>
Alexander des Dritten unter den Kohlenbrennern der deutschen Wälder ein<lb/>
Verein zu gegenseitigem Schutze gegen Räuber und gewaltthätige Ritter ge¬<lb/>
bildet habe und daß dieser Verein, mit dem die Rettung der sächsischen Prinzen<lb/>
aus der Gewalt Kunz v. Kauffungen's in Verbindung gebracht wurde, der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0462] katholischen Papst-Kirche ruhe, und daß sie immermehr fähig werden, die Ansichten derer zu prüfen, die nur in dem reinen Evangelio den Grund ihres Glaubens finden, und daß so die Hoffnung immer mehr ihrer Erfüllung ent¬ gegen gehe, daß die getrennten christlichen Brüder sich verständigen und — wieder vereinigen. In diesem Sinne danken wir den Jesuiten für das Feuer, das sie ent¬ zündet haben. Nicht allein, daß die Sonne der Wahrheit sich durch ihre Nebelgebilde nicht verdecken läßt, sondern diese mehr und mehr verscheuchen wird, das Feuer, das sie angezündet, wird nicht allein die Geister erhitzen, sondern auch erleuchten, und so das Morgenroth des Tages werden, an dem die durch Rom getrennten christlichen Brüder sich als Jünger Christi wieder die Hände reichen. Je mehr dies aber der Wunsch von Millionen guter Menschen ist, um so wichtiger ist, vor Allem zu erkennen, daß was die Kirchen trennt nicht göttliche Wahrheit, sondern menschlicher Wahn ist, vor Allem das Papstthum, das nicht der Einheits -, sondern der Trennungs¬ punkt der Christenheit ist, während der vermeintliche Anspruch, Nachfolger des Apostels Petrus als Bischofs in Rom zu sein. nur — eine Unwahrheit ist, weil Petrus - für jeden Geschichtskundigen zweifellos — nie Bischof in Rom gewesen ist. politische Heheimöünde. 2. Die Carbonari. Carbonari, d. h. Köhler, ist der Name einer geheimen politischen Gesell¬ schaft, die in der Geschichte des nach Einheit und Befreiung von der Fremd¬ herrschaft ringenden Italien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt und auch in Frankreich eine Zeit lang viele Anhänger gehabt hat. Wie alle Geheimbünde beanspruchte auch dieser, für sehr alt zu gelten. Starkgläubige ließen die Gesellschaft unter Philipp von Macedonien entstanden sein. Andere begnügten sich mit der Fabel, daß sich zur Zeit des Papstes Alexander des Dritten unter den Kohlenbrennern der deutschen Wälder ein Verein zu gegenseitigem Schutze gegen Räuber und gewaltthätige Ritter ge¬ bildet habe und daß dieser Verein, mit dem die Rettung der sächsischen Prinzen aus der Gewalt Kunz v. Kauffungen's in Verbindung gebracht wurde, der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/462
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/462>, abgerufen am 22.07.2024.