Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
M'anetenmenschen.
2. Der neueste Versuch zur Lösung der Frage.

Die Gegner der Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmels¬
körper und zunächst die Planeten sowie deren Monde lebende und denkende
Bewohner haben, machen gegen dieselbe geltend, daß die Erde im Sonnen¬
system eine bevorzugte Stelle einnehme, die sie allein für solche Wesen geeignet
erscheinen lasse. Flammarion entkräftet diesen Einwurf. Die Erde ist, wenn
Wir die Entfernungen der Planeten von der Sonne ins Auge fassen, weder
der erste, noch der mittelste, noch der letzte der Planeten des Systems, dem
sie angehört; denn sie kreist dreimal weiter als der Merkur und dreißig Mal
Weniger weit als der Neptun von der Sonne, der Punkt aber, welcher den
Mittleren Abstand von jener bezeichnet, liegt zwischen den Bahnen des Saturn
und des Uranus. Forschen wir nach der Menge des Lichts und der Wärme,
welche die Planeten von der Sonne erhalten, so finden wir. daß dieselbe auf dem
Merkur sieben, auf der Venus zweimal größer, auf dem Mars halb so groß, auf dem
Jupiter 27, auf dem Saturn 90, auf dem Uranus 360 und auf dem Neptun
900 Mal geringer ist als auf der Erde. Die Entfernungen der Planeten
vom Quell des Lichtes und der Wärme bestimmen eine abgestufte Verringe¬
rung der Temperatur auf ihren Oberflächen vom Merkur bis zum Neptun.
Der Einfluß der innern Wärme der Erde auf ihre Oberfläche, einst ohne
Zweifel sehr bedeutend, ist jetzt im Vergleich mit der. welche ihr die Sonne
spendet, kaum merkbar. Sehr wohl möglich ist aber, daß bei andern Plane-
ten das Centralfeuer noch sehr mächtig auf die an ihrer Oberfläche sich zeigenden
organischen Erscheinungen einwirkt. Ferner können die Atmosphären der
andern Planeten so eingerichtet sein, daß sie die Sonnenstrahlen zur Erwärmung
und Erleuchtung derselben mehr oder weniger durchlassen und die durch Wärme¬
ausstrahlung entstehende Abkühlung mehr oder weniger verhindern als die
Atmosphäre der Erde. Endlich kann die Empfänglichkeit der andern Planeten
für Licht und Wärme, die Höhe der Gebirge, die Vertheilung der Feuchtig¬
keit auf denselben und vieles Andere, was hier in Betracht kommt, anders
few als auf unserm Weltkörper. Genug, alle Einwürfe, die sich auf große
Nähe oder Entfernung der andern Himmelskugeln unseres Systems stützen und
darauf hin das Vorhandensein lebender Wesen auf gewissen Welten leugnen, indem
dieselben entweder verbrennen oder erfrieren würden, sind werth- und gewicht¬
los. Die Natur kann entweder dem Zustand des Planeten entsprechende
lebende Wesen hervorbringen oder das Uebermaß der solchen Wesen gewöhn-
lich ungünstigen Verhältnisse mildern. und so zeichnet sich die Stellung der
Erde vor derjenigen der übrigen Planeten in keiner Weise aus.


Grenzboten IV. 1875. ^
M'anetenmenschen.
2. Der neueste Versuch zur Lösung der Frage.

Die Gegner der Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmels¬
körper und zunächst die Planeten sowie deren Monde lebende und denkende
Bewohner haben, machen gegen dieselbe geltend, daß die Erde im Sonnen¬
system eine bevorzugte Stelle einnehme, die sie allein für solche Wesen geeignet
erscheinen lasse. Flammarion entkräftet diesen Einwurf. Die Erde ist, wenn
Wir die Entfernungen der Planeten von der Sonne ins Auge fassen, weder
der erste, noch der mittelste, noch der letzte der Planeten des Systems, dem
sie angehört; denn sie kreist dreimal weiter als der Merkur und dreißig Mal
Weniger weit als der Neptun von der Sonne, der Punkt aber, welcher den
Mittleren Abstand von jener bezeichnet, liegt zwischen den Bahnen des Saturn
und des Uranus. Forschen wir nach der Menge des Lichts und der Wärme,
welche die Planeten von der Sonne erhalten, so finden wir. daß dieselbe auf dem
Merkur sieben, auf der Venus zweimal größer, auf dem Mars halb so groß, auf dem
Jupiter 27, auf dem Saturn 90, auf dem Uranus 360 und auf dem Neptun
900 Mal geringer ist als auf der Erde. Die Entfernungen der Planeten
vom Quell des Lichtes und der Wärme bestimmen eine abgestufte Verringe¬
rung der Temperatur auf ihren Oberflächen vom Merkur bis zum Neptun.
Der Einfluß der innern Wärme der Erde auf ihre Oberfläche, einst ohne
Zweifel sehr bedeutend, ist jetzt im Vergleich mit der. welche ihr die Sonne
spendet, kaum merkbar. Sehr wohl möglich ist aber, daß bei andern Plane-
ten das Centralfeuer noch sehr mächtig auf die an ihrer Oberfläche sich zeigenden
organischen Erscheinungen einwirkt. Ferner können die Atmosphären der
andern Planeten so eingerichtet sein, daß sie die Sonnenstrahlen zur Erwärmung
und Erleuchtung derselben mehr oder weniger durchlassen und die durch Wärme¬
ausstrahlung entstehende Abkühlung mehr oder weniger verhindern als die
Atmosphäre der Erde. Endlich kann die Empfänglichkeit der andern Planeten
für Licht und Wärme, die Höhe der Gebirge, die Vertheilung der Feuchtig¬
keit auf denselben und vieles Andere, was hier in Betracht kommt, anders
few als auf unserm Weltkörper. Genug, alle Einwürfe, die sich auf große
Nähe oder Entfernung der andern Himmelskugeln unseres Systems stützen und
darauf hin das Vorhandensein lebender Wesen auf gewissen Welten leugnen, indem
dieselben entweder verbrennen oder erfrieren würden, sind werth- und gewicht¬
los. Die Natur kann entweder dem Zustand des Planeten entsprechende
lebende Wesen hervorbringen oder das Uebermaß der solchen Wesen gewöhn-
lich ungünstigen Verhältnisse mildern. und so zeichnet sich die Stellung der
Erde vor derjenigen der übrigen Planeten in keiner Weise aus.


Grenzboten IV. 1875. ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0333" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134679"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> M'anetenmenschen.<lb/>
2. Der neueste Versuch zur Lösung der Frage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1003"> Die Gegner der Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmels¬<lb/>
körper und zunächst die Planeten sowie deren Monde lebende und denkende<lb/>
Bewohner haben, machen gegen dieselbe geltend, daß die Erde im Sonnen¬<lb/>
system eine bevorzugte Stelle einnehme, die sie allein für solche Wesen geeignet<lb/>
erscheinen lasse.  Flammarion entkräftet diesen Einwurf.  Die Erde ist, wenn<lb/>
Wir die Entfernungen der Planeten von der Sonne ins Auge fassen, weder<lb/>
der erste, noch der mittelste, noch der letzte der Planeten des Systems, dem<lb/>
sie angehört; denn sie kreist dreimal weiter als der Merkur und dreißig Mal<lb/>
Weniger weit als der Neptun von der Sonne, der Punkt aber, welcher den<lb/>
Mittleren Abstand von jener bezeichnet, liegt zwischen den Bahnen des Saturn<lb/>
und des Uranus. Forschen wir nach der Menge des Lichts und der Wärme,<lb/>
welche die Planeten von der Sonne erhalten, so finden wir. daß dieselbe auf dem<lb/>
Merkur sieben, auf der Venus zweimal größer, auf dem Mars halb so groß, auf dem<lb/>
Jupiter 27, auf dem Saturn 90, auf dem Uranus 360 und auf dem Neptun<lb/>
900 Mal geringer ist als auf der Erde. Die Entfernungen der Planeten<lb/>
vom Quell des Lichtes und der Wärme bestimmen eine abgestufte Verringe¬<lb/>
rung der Temperatur auf ihren Oberflächen vom Merkur bis zum Neptun.<lb/>
Der Einfluß der innern Wärme der Erde auf ihre Oberfläche, einst ohne<lb/>
Zweifel sehr bedeutend, ist jetzt im Vergleich mit der. welche ihr die Sonne<lb/>
spendet, kaum merkbar. Sehr wohl möglich ist aber, daß bei andern Plane-<lb/>
ten das Centralfeuer noch sehr mächtig auf die an ihrer Oberfläche sich zeigenden<lb/>
organischen Erscheinungen einwirkt.  Ferner können die Atmosphären der<lb/>
andern Planeten so eingerichtet sein, daß sie die Sonnenstrahlen zur Erwärmung<lb/>
und Erleuchtung derselben mehr oder weniger durchlassen und die durch Wärme¬<lb/>
ausstrahlung entstehende Abkühlung mehr oder weniger verhindern als die<lb/>
Atmosphäre der Erde. Endlich kann die Empfänglichkeit der andern Planeten<lb/>
für Licht und Wärme, die Höhe der Gebirge, die Vertheilung der Feuchtig¬<lb/>
keit auf denselben und vieles Andere, was hier in Betracht kommt, anders<lb/>
few als auf unserm Weltkörper.  Genug, alle Einwürfe, die sich auf große<lb/>
Nähe oder Entfernung der andern Himmelskugeln unseres Systems stützen und<lb/>
darauf hin das Vorhandensein lebender Wesen auf gewissen Welten leugnen, indem<lb/>
dieselben entweder verbrennen oder erfrieren würden, sind werth- und gewicht¬<lb/>
los. Die Natur kann entweder dem Zustand des Planeten entsprechende<lb/>
lebende Wesen hervorbringen oder das Uebermaß der solchen Wesen gewöhn-<lb/>
lich ungünstigen Verhältnisse mildern. und so zeichnet sich die Stellung der<lb/>
Erde vor derjenigen der übrigen Planeten in keiner Weise aus.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1875. ^</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0333] M'anetenmenschen. 2. Der neueste Versuch zur Lösung der Frage. Die Gegner der Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmels¬ körper und zunächst die Planeten sowie deren Monde lebende und denkende Bewohner haben, machen gegen dieselbe geltend, daß die Erde im Sonnen¬ system eine bevorzugte Stelle einnehme, die sie allein für solche Wesen geeignet erscheinen lasse. Flammarion entkräftet diesen Einwurf. Die Erde ist, wenn Wir die Entfernungen der Planeten von der Sonne ins Auge fassen, weder der erste, noch der mittelste, noch der letzte der Planeten des Systems, dem sie angehört; denn sie kreist dreimal weiter als der Merkur und dreißig Mal Weniger weit als der Neptun von der Sonne, der Punkt aber, welcher den Mittleren Abstand von jener bezeichnet, liegt zwischen den Bahnen des Saturn und des Uranus. Forschen wir nach der Menge des Lichts und der Wärme, welche die Planeten von der Sonne erhalten, so finden wir. daß dieselbe auf dem Merkur sieben, auf der Venus zweimal größer, auf dem Mars halb so groß, auf dem Jupiter 27, auf dem Saturn 90, auf dem Uranus 360 und auf dem Neptun 900 Mal geringer ist als auf der Erde. Die Entfernungen der Planeten vom Quell des Lichtes und der Wärme bestimmen eine abgestufte Verringe¬ rung der Temperatur auf ihren Oberflächen vom Merkur bis zum Neptun. Der Einfluß der innern Wärme der Erde auf ihre Oberfläche, einst ohne Zweifel sehr bedeutend, ist jetzt im Vergleich mit der. welche ihr die Sonne spendet, kaum merkbar. Sehr wohl möglich ist aber, daß bei andern Plane- ten das Centralfeuer noch sehr mächtig auf die an ihrer Oberfläche sich zeigenden organischen Erscheinungen einwirkt. Ferner können die Atmosphären der andern Planeten so eingerichtet sein, daß sie die Sonnenstrahlen zur Erwärmung und Erleuchtung derselben mehr oder weniger durchlassen und die durch Wärme¬ ausstrahlung entstehende Abkühlung mehr oder weniger verhindern als die Atmosphäre der Erde. Endlich kann die Empfänglichkeit der andern Planeten für Licht und Wärme, die Höhe der Gebirge, die Vertheilung der Feuchtig¬ keit auf denselben und vieles Andere, was hier in Betracht kommt, anders few als auf unserm Weltkörper. Genug, alle Einwürfe, die sich auf große Nähe oder Entfernung der andern Himmelskugeln unseres Systems stützen und darauf hin das Vorhandensein lebender Wesen auf gewissen Welten leugnen, indem dieselben entweder verbrennen oder erfrieren würden, sind werth- und gewicht¬ los. Die Natur kann entweder dem Zustand des Planeten entsprechende lebende Wesen hervorbringen oder das Uebermaß der solchen Wesen gewöhn- lich ungünstigen Verhältnisse mildern. und so zeichnet sich die Stellung der Erde vor derjenigen der übrigen Planeten in keiner Weise aus. Grenzboten IV. 1875. ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/333
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/333>, abgerufen am 22.07.2024.