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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Dom preußischen Fandtag.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche die Berathung der Provinzial-
ordnung beendigt. Die wichtigeren Abänderungen sind in der vorigen Woche
beschlossen und hier bereits im vorigen Brief behandelt worden. Morgen
steht nun die Provinzialordnung mit den Abänderungen des Herrenhauses
wiederum bei den Abgeordneten auf der, Tagesordnung. Die Freunde des
Gesetzes haben sich viel Mühe gegeben, dasselbe schließlich durch ein allseitiges
Compromiß zu retten. Im vorigen Brief wurde erwähnt, daß das Herren¬
haus für die Theilnahme an der provinziellen Staatsverwaltung den Provin-
zialausschuß, welchen Regierungsvorlage und Abgeordnetenhaus für diesen
Zweck in Aussicht genommen, durch ein besonders construirtes Organ ersetzt
hat: den Provinzialrath. Ebenso ist an Stelle des Bezirksausschusses ein
Bezirksrath gesetzt. Ein Amendement des Oberbürgermeisters von Berlin
hatte eine von den Beschlüssen der Herrenhauscommission abweichende Con-
struction und des Bezirksrathes vorgeschlagen, die aber nicht die Zustimmung
des Hauses fand. Den Inhalt des Amendements anzugeben, wird erst im
nächsten Brief von Interesse sein. Denn dieses Amendement soll nunmehr
im Abgeordnetenhaus als Modifikation der Herrenhausbeschlüsse eingebracht
werden, und man hofft, daß das Herrenhaus eventuell zustimmt. Ueber das
Schicksal des Planes wird im nächsten Brief zu berichten sein. Außerdem
hat das Herrenhaus in dieser Woche das Gesetz über die Ausstattung der
Provinzen mit eignen Fonds berathen und im Wesentlichen nach den
Beschlüssen der Abgeordneten angenommen, desgleichen das Gesetz über die
Verwaltungsgerichte. Die übrigen Gegenstände waren technischer Art. Mit
solchen Gegenständen hat sich in dieser Woche auch das Abgeordnetenhaus
überwiegend beschäftigt. Das Gesetz über die Bermögensverwaltung in den
katholischen Kirchengemeinden lag dem Abgeordnetenhaus mit den Abände¬
rungen des Herrenhauses vor. Die Berathung eines Gesetzes, welches im
Abgeordnetenhause durch seine drei Lesungen gegangen und dann vom Herren¬
haus zurückkommt, erfolgt immer in der Form der dritten Lesung. Diesmal
nun wurden die Abänderungen des Herrenhauses angenommen bis auf die
eine, welche den Vorsitz des Pfarrers im Gemeindekirchenrath, den das Abge¬
ordnetenhaus aus der Regierungsvorlage beseitigt, wieder hergestellt hatte.
Der Borsitz des Pfarrers wurde zum zweiten Mal beseitigt, wovon die Folge
6--r. ist, daß das Gesetz an das Herrenhaus zurückgeht.




Dom preußischen Fandtag.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche die Berathung der Provinzial-
ordnung beendigt. Die wichtigeren Abänderungen sind in der vorigen Woche
beschlossen und hier bereits im vorigen Brief behandelt worden. Morgen
steht nun die Provinzialordnung mit den Abänderungen des Herrenhauses
wiederum bei den Abgeordneten auf der, Tagesordnung. Die Freunde des
Gesetzes haben sich viel Mühe gegeben, dasselbe schließlich durch ein allseitiges
Compromiß zu retten. Im vorigen Brief wurde erwähnt, daß das Herren¬
haus für die Theilnahme an der provinziellen Staatsverwaltung den Provin-
zialausschuß, welchen Regierungsvorlage und Abgeordnetenhaus für diesen
Zweck in Aussicht genommen, durch ein besonders construirtes Organ ersetzt
hat: den Provinzialrath. Ebenso ist an Stelle des Bezirksausschusses ein
Bezirksrath gesetzt. Ein Amendement des Oberbürgermeisters von Berlin
hatte eine von den Beschlüssen der Herrenhauscommission abweichende Con-
struction und des Bezirksrathes vorgeschlagen, die aber nicht die Zustimmung
des Hauses fand. Den Inhalt des Amendements anzugeben, wird erst im
nächsten Brief von Interesse sein. Denn dieses Amendement soll nunmehr
im Abgeordnetenhaus als Modifikation der Herrenhausbeschlüsse eingebracht
werden, und man hofft, daß das Herrenhaus eventuell zustimmt. Ueber das
Schicksal des Planes wird im nächsten Brief zu berichten sein. Außerdem
hat das Herrenhaus in dieser Woche das Gesetz über die Ausstattung der
Provinzen mit eignen Fonds berathen und im Wesentlichen nach den
Beschlüssen der Abgeordneten angenommen, desgleichen das Gesetz über die
Verwaltungsgerichte. Die übrigen Gegenstände waren technischer Art. Mit
solchen Gegenständen hat sich in dieser Woche auch das Abgeordnetenhaus
überwiegend beschäftigt. Das Gesetz über die Bermögensverwaltung in den
katholischen Kirchengemeinden lag dem Abgeordnetenhaus mit den Abände¬
rungen des Herrenhauses vor. Die Berathung eines Gesetzes, welches im
Abgeordnetenhause durch seine drei Lesungen gegangen und dann vom Herren¬
haus zurückkommt, erfolgt immer in der Form der dritten Lesung. Diesmal
nun wurden die Abänderungen des Herrenhauses angenommen bis auf die
eine, welche den Vorsitz des Pfarrers im Gemeindekirchenrath, den das Abge¬
ordnetenhaus aus der Regierungsvorlage beseitigt, wieder hergestellt hatte.
Der Borsitz des Pfarrers wurde zum zweiten Mal beseitigt, wovon die Folge
6—r. ist, daß das Gesetz an das Herrenhaus zurückgeht.




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[0443] Dom preußischen Fandtag. Das Herrenhaus hat in dieser Woche die Berathung der Provinzial- ordnung beendigt. Die wichtigeren Abänderungen sind in der vorigen Woche beschlossen und hier bereits im vorigen Brief behandelt worden. Morgen steht nun die Provinzialordnung mit den Abänderungen des Herrenhauses wiederum bei den Abgeordneten auf der, Tagesordnung. Die Freunde des Gesetzes haben sich viel Mühe gegeben, dasselbe schließlich durch ein allseitiges Compromiß zu retten. Im vorigen Brief wurde erwähnt, daß das Herren¬ haus für die Theilnahme an der provinziellen Staatsverwaltung den Provin- zialausschuß, welchen Regierungsvorlage und Abgeordnetenhaus für diesen Zweck in Aussicht genommen, durch ein besonders construirtes Organ ersetzt hat: den Provinzialrath. Ebenso ist an Stelle des Bezirksausschusses ein Bezirksrath gesetzt. Ein Amendement des Oberbürgermeisters von Berlin hatte eine von den Beschlüssen der Herrenhauscommission abweichende Con- struction und des Bezirksrathes vorgeschlagen, die aber nicht die Zustimmung des Hauses fand. Den Inhalt des Amendements anzugeben, wird erst im nächsten Brief von Interesse sein. Denn dieses Amendement soll nunmehr im Abgeordnetenhaus als Modifikation der Herrenhausbeschlüsse eingebracht werden, und man hofft, daß das Herrenhaus eventuell zustimmt. Ueber das Schicksal des Planes wird im nächsten Brief zu berichten sein. Außerdem hat das Herrenhaus in dieser Woche das Gesetz über die Ausstattung der Provinzen mit eignen Fonds berathen und im Wesentlichen nach den Beschlüssen der Abgeordneten angenommen, desgleichen das Gesetz über die Verwaltungsgerichte. Die übrigen Gegenstände waren technischer Art. Mit solchen Gegenständen hat sich in dieser Woche auch das Abgeordnetenhaus überwiegend beschäftigt. Das Gesetz über die Bermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden lag dem Abgeordnetenhaus mit den Abände¬ rungen des Herrenhauses vor. Die Berathung eines Gesetzes, welches im Abgeordnetenhause durch seine drei Lesungen gegangen und dann vom Herren¬ haus zurückkommt, erfolgt immer in der Form der dritten Lesung. Diesmal nun wurden die Abänderungen des Herrenhauses angenommen bis auf die eine, welche den Vorsitz des Pfarrers im Gemeindekirchenrath, den das Abge¬ ordnetenhaus aus der Regierungsvorlage beseitigt, wieder hergestellt hatte. Der Borsitz des Pfarrers wurde zum zweiten Mal beseitigt, wovon die Folge 6—r. ist, daß das Gesetz an das Herrenhaus zurückgeht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/443>, abgerufen am 05.02.2025.