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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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al6 ein nothwendiges Element allgemein menschlicher und nationaler Bildung.
Ein kleinerer Theil bereitet sich selbst zu künftigen Lehrern des gleichen Faches
~~ auf Gymnasien, Realschulen. Polytechniker u. s. w-. ein noch kleinerer
vielleicht zu wirklichen Literarhistorikern von Profession vor, zu literarhisto¬
rischen Schriftstellern oder zu Universitätslehrern, oder zu Beidem. Daß für
jenen ersten, größten Theil der Zuhörer der organische Zusammenhang der
Literaturgeschichte in sich und mit dem Ganzen unsrer Volks- und National¬
geschichte die Hauptsache ist. braucht kaum gesagt zu werden. Hier muß das
eigentlich geschichtliche oder kulturgeschichtliche, daneben das ästhetisch-kritische
Element in den Vordergrund treten; das philologische ohne ausgeschlossen
W sein, darf nur in zweiter Linie stehen, muß sich jenen beiden unterordnen.
Für die Spezialisten (um es so auszudrücken) mag dann entweder in besondern
wehr monographischen Vorträgen (über einzelne Dichterschulen, einzelne Dichter,
la auch einzelne Dichterwerke) der philologische Standpunkt neben dem kultur¬
historischen und ästhetisch-kritischen stärker betont werden, oder auch, was sich
hier besonders empfehlen dürfte, in literarhistorischen Seminarien. Bei einer
Boranstellung des philologischen und Hintenansetzung des weitergreifenden kultur¬
geschichtlichen Gesichtspunktes würde zwar wohl das Bedürfniß jener Minder¬
heit von Spezialisten. obgleich doch auch nur sehr theilweise und einseitig
Befriedigung finden, dagegen der allgemeinere Bildungszweck der großen
Mehrheit -- der doch bei einem Wissenszweige wie die nationale Literatur¬
geschichte ganz wesentlich in Betracht kommt -- nur höchst unvollkommen
erreicht werden.




Literatur.

^ (Dunia). Im Jahr 1643 war's. Deutschland lag zerrüttet darnieder
H" Folgen eines seit 25 Jahren wüthenden Religionskrieges, fremde
G durchzogen seine Marken, fremde Namen geboten über sein ferneres
1)1? et; ^ Westen hatte der welsche Nachbar schon die Hand auf Deutschlands
nur ? ^ Gauen gelegt, im Norden und Osten der Schwede sich das sagen-
zz.-^lehre Rügen, die fruchtbaren pommerschen Grenzstrecken ausgesucht,
deu/s^ Lohn für geleistete Hülfe. Nur der Fremde übte noch Macht im
imm" ""d deutscher Geist, deutsche Größe schienen verloren auf
eifrig hohen Norden, in Skalholt auf Island ein
Ala^ Forscher jenen Pergamentband, der zwischen seinen altersgrauen
stickt" Keim barg, aus dem das stolze deutsche Reich der fränkischen,
beleben, hohenstaufischen Kaiser sich entwickelt hatte,, den Keim, der
sich ^1 unsterbliche Leben barg, durch welches auch das zertretene Deutschland
war? 6"in. lebenskräftigen, herrschenden Staate entwickeln sollte. Es
Kraft ^ ^iegengesang, den ein Volk voll Heldenmuth und tiefster sittlicher
einst sich selbst'gesungen, den der Bischof Brynjulf Svendsen damals


al6 ein nothwendiges Element allgemein menschlicher und nationaler Bildung.
Ein kleinerer Theil bereitet sich selbst zu künftigen Lehrern des gleichen Faches
~~ auf Gymnasien, Realschulen. Polytechniker u. s. w-. ein noch kleinerer
vielleicht zu wirklichen Literarhistorikern von Profession vor, zu literarhisto¬
rischen Schriftstellern oder zu Universitätslehrern, oder zu Beidem. Daß für
jenen ersten, größten Theil der Zuhörer der organische Zusammenhang der
Literaturgeschichte in sich und mit dem Ganzen unsrer Volks- und National¬
geschichte die Hauptsache ist. braucht kaum gesagt zu werden. Hier muß das
eigentlich geschichtliche oder kulturgeschichtliche, daneben das ästhetisch-kritische
Element in den Vordergrund treten; das philologische ohne ausgeschlossen
W sein, darf nur in zweiter Linie stehen, muß sich jenen beiden unterordnen.
Für die Spezialisten (um es so auszudrücken) mag dann entweder in besondern
wehr monographischen Vorträgen (über einzelne Dichterschulen, einzelne Dichter,
la auch einzelne Dichterwerke) der philologische Standpunkt neben dem kultur¬
historischen und ästhetisch-kritischen stärker betont werden, oder auch, was sich
hier besonders empfehlen dürfte, in literarhistorischen Seminarien. Bei einer
Boranstellung des philologischen und Hintenansetzung des weitergreifenden kultur¬
geschichtlichen Gesichtspunktes würde zwar wohl das Bedürfniß jener Minder¬
heit von Spezialisten. obgleich doch auch nur sehr theilweise und einseitig
Befriedigung finden, dagegen der allgemeinere Bildungszweck der großen
Mehrheit — der doch bei einem Wissenszweige wie die nationale Literatur¬
geschichte ganz wesentlich in Betracht kommt — nur höchst unvollkommen
erreicht werden.




Literatur.

^ (Dunia). Im Jahr 1643 war's. Deutschland lag zerrüttet darnieder
H„ Folgen eines seit 25 Jahren wüthenden Religionskrieges, fremde
G durchzogen seine Marken, fremde Namen geboten über sein ferneres
1)1? et; ^ Westen hatte der welsche Nachbar schon die Hand auf Deutschlands
nur ? ^ Gauen gelegt, im Norden und Osten der Schwede sich das sagen-
zz.-^lehre Rügen, die fruchtbaren pommerschen Grenzstrecken ausgesucht,
deu/s^ Lohn für geleistete Hülfe. Nur der Fremde übte noch Macht im
imm» ""d deutscher Geist, deutsche Größe schienen verloren auf
eifrig hohen Norden, in Skalholt auf Island ein
Ala^ Forscher jenen Pergamentband, der zwischen seinen altersgrauen
stickt" Keim barg, aus dem das stolze deutsche Reich der fränkischen,
beleben, hohenstaufischen Kaiser sich entwickelt hatte,, den Keim, der
sich ^1 unsterbliche Leben barg, durch welches auch das zertretene Deutschland
war? 6"in. lebenskräftigen, herrschenden Staate entwickeln sollte. Es
Kraft ^ ^iegengesang, den ein Volk voll Heldenmuth und tiefster sittlicher
einst sich selbst'gesungen, den der Bischof Brynjulf Svendsen damals


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/401>, abgerufen am 05.02.2025.