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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Literatur.

H. Schürmann (evangelischer Pfarrer zu Solingen), "Petrus und
Papstthum im Licht der Bibel, mit einem Anhange: Louise Lateau, Roms
neuester Triumph." (Barmer, Hugo Klein I87S.) -- Je tiefer es zu beklagen
ist, daß ein (allerdings winziger) Bruchtheil des deutschen Protestantismus,
der am besten durch sein Organ, die "Kreuzzeitung", charakterisirt wird, sich
mit den Ultramontanen verbindet, um das deutsche Reich und seine Politik
zu bekriegen: um so freudiger verdient jeder Versuch protestantischer Theo¬
logen, den hart kämpfenden altkatholischen Brüdern die Hand zu reichen,
Anerkennung und lebhafte Unterstützung. Am segensreichsten aber wirken
wohl diejenigen Schriften der protestantischen praktischen Theologie -- sit.
vorn verbo, -- welche in genauer Kenntniß des Bildungsgrades und Her¬
zensbedürfnisses der von der ultramontanen Propaganda am meisten bedrohten
Bevölkerung unsrer Westmarken, sich mit klaren, zündenden deutschen Worten
direct an das Verständniß der Menge wendet. Eine solche Schrift, welcher
die weiteste Verbreitung zu wünschen wäre in Rheinland und Westphalen, in
Schlesien und Posen und Oberbaiern und in allen sonstigen Domänen des
Ultramontanismus, ist die vorliegende. Das Hauptbollwerk des Papalsystems,
wie es durch die Unfehlbarkeitserklärung gekrönt worden, ist und bleibt
immer die Lehre, daß die päpstliche Hierarchie auf der heiligen Schrift
und den Satzungen des Erlösers selbst beruhe, d. h. aus der angeblich vom
Heiland selbst geordneten bevorzugten Stellung (dem "Pontifieat") des Petrus.
Die Widerlegung und Enthüllung dieser raffinirten Fälschung ist bisher
zumeist der wissenschaftlichen Theologie oder doch kritischen Darlegungen
überlassen worden, welche sich an einen beschränkten Kreis "Gebildeter" rich¬
teten. Die vorliegende Schrift aber unternimmt mit Glück den Versuch, die
exegetische Arbeit, welche mit dem Nachweise nothwendig verbunden ist, daß
die päpstliche Hierarchie mit den von ihr beanspruchten Gewalten mit Nichten
auf den heiligen Urkunden des Christenthums, sondern einzig und allein auf
der Legende süße, in einer volksthümlichen, spannenden und Allen hochin¬
teressanter Weise zur Darstellung zu bringen. Die Wirkung dieser Schrift
verspricht -- zunächst in der Bevölkerung des Rheinlandes, in deren Mitte der
Verfasser als bekannter Prediger thätig ist, eine um so tiefere zu werden, als
die vortreffliche Kanzelrede, welche der Verfasser am Sonntag nach dem
Kissinger Attentat in der evangelischen Kirche zu Solingen hielt und später
im Druck herausgab ("Wie stehen wir Evangelische zum Kampf der Gegen¬
wart?" Solingen, Albert Pfeiffer) noch heute landauf landab unvergessen
ist, und, wie die vorliegende Schrift, eine ebenso patriotische als wahrhaft
B. christliche Gesinnung bekundet.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Bin" in Leipzig.
Verlag von F. L- Herdill in Leipzig. -- Druck von Hiithel <K Herrmann in Leipzig.
Literatur.

H. Schürmann (evangelischer Pfarrer zu Solingen), „Petrus und
Papstthum im Licht der Bibel, mit einem Anhange: Louise Lateau, Roms
neuester Triumph." (Barmer, Hugo Klein I87S.) — Je tiefer es zu beklagen
ist, daß ein (allerdings winziger) Bruchtheil des deutschen Protestantismus,
der am besten durch sein Organ, die „Kreuzzeitung", charakterisirt wird, sich
mit den Ultramontanen verbindet, um das deutsche Reich und seine Politik
zu bekriegen: um so freudiger verdient jeder Versuch protestantischer Theo¬
logen, den hart kämpfenden altkatholischen Brüdern die Hand zu reichen,
Anerkennung und lebhafte Unterstützung. Am segensreichsten aber wirken
wohl diejenigen Schriften der protestantischen praktischen Theologie — sit.
vorn verbo, — welche in genauer Kenntniß des Bildungsgrades und Her¬
zensbedürfnisses der von der ultramontanen Propaganda am meisten bedrohten
Bevölkerung unsrer Westmarken, sich mit klaren, zündenden deutschen Worten
direct an das Verständniß der Menge wendet. Eine solche Schrift, welcher
die weiteste Verbreitung zu wünschen wäre in Rheinland und Westphalen, in
Schlesien und Posen und Oberbaiern und in allen sonstigen Domänen des
Ultramontanismus, ist die vorliegende. Das Hauptbollwerk des Papalsystems,
wie es durch die Unfehlbarkeitserklärung gekrönt worden, ist und bleibt
immer die Lehre, daß die päpstliche Hierarchie auf der heiligen Schrift
und den Satzungen des Erlösers selbst beruhe, d. h. aus der angeblich vom
Heiland selbst geordneten bevorzugten Stellung (dem „Pontifieat") des Petrus.
Die Widerlegung und Enthüllung dieser raffinirten Fälschung ist bisher
zumeist der wissenschaftlichen Theologie oder doch kritischen Darlegungen
überlassen worden, welche sich an einen beschränkten Kreis „Gebildeter" rich¬
teten. Die vorliegende Schrift aber unternimmt mit Glück den Versuch, die
exegetische Arbeit, welche mit dem Nachweise nothwendig verbunden ist, daß
die päpstliche Hierarchie mit den von ihr beanspruchten Gewalten mit Nichten
auf den heiligen Urkunden des Christenthums, sondern einzig und allein auf
der Legende süße, in einer volksthümlichen, spannenden und Allen hochin¬
teressanter Weise zur Darstellung zu bringen. Die Wirkung dieser Schrift
verspricht — zunächst in der Bevölkerung des Rheinlandes, in deren Mitte der
Verfasser als bekannter Prediger thätig ist, eine um so tiefere zu werden, als
die vortreffliche Kanzelrede, welche der Verfasser am Sonntag nach dem
Kissinger Attentat in der evangelischen Kirche zu Solingen hielt und später
im Druck herausgab („Wie stehen wir Evangelische zum Kampf der Gegen¬
wart?" Solingen, Albert Pfeiffer) noch heute landauf landab unvergessen
ist, und, wie die vorliegende Schrift, eine ebenso patriotische als wahrhaft
B. christliche Gesinnung bekundet.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Bin» in Leipzig.
Verlag von F. L- Herdill in Leipzig. — Druck von Hiithel <K Herrmann in Leipzig.
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[0248] Literatur. H. Schürmann (evangelischer Pfarrer zu Solingen), „Petrus und Papstthum im Licht der Bibel, mit einem Anhange: Louise Lateau, Roms neuester Triumph." (Barmer, Hugo Klein I87S.) — Je tiefer es zu beklagen ist, daß ein (allerdings winziger) Bruchtheil des deutschen Protestantismus, der am besten durch sein Organ, die „Kreuzzeitung", charakterisirt wird, sich mit den Ultramontanen verbindet, um das deutsche Reich und seine Politik zu bekriegen: um so freudiger verdient jeder Versuch protestantischer Theo¬ logen, den hart kämpfenden altkatholischen Brüdern die Hand zu reichen, Anerkennung und lebhafte Unterstützung. Am segensreichsten aber wirken wohl diejenigen Schriften der protestantischen praktischen Theologie — sit. vorn verbo, — welche in genauer Kenntniß des Bildungsgrades und Her¬ zensbedürfnisses der von der ultramontanen Propaganda am meisten bedrohten Bevölkerung unsrer Westmarken, sich mit klaren, zündenden deutschen Worten direct an das Verständniß der Menge wendet. Eine solche Schrift, welcher die weiteste Verbreitung zu wünschen wäre in Rheinland und Westphalen, in Schlesien und Posen und Oberbaiern und in allen sonstigen Domänen des Ultramontanismus, ist die vorliegende. Das Hauptbollwerk des Papalsystems, wie es durch die Unfehlbarkeitserklärung gekrönt worden, ist und bleibt immer die Lehre, daß die päpstliche Hierarchie auf der heiligen Schrift und den Satzungen des Erlösers selbst beruhe, d. h. aus der angeblich vom Heiland selbst geordneten bevorzugten Stellung (dem „Pontifieat") des Petrus. Die Widerlegung und Enthüllung dieser raffinirten Fälschung ist bisher zumeist der wissenschaftlichen Theologie oder doch kritischen Darlegungen überlassen worden, welche sich an einen beschränkten Kreis „Gebildeter" rich¬ teten. Die vorliegende Schrift aber unternimmt mit Glück den Versuch, die exegetische Arbeit, welche mit dem Nachweise nothwendig verbunden ist, daß die päpstliche Hierarchie mit den von ihr beanspruchten Gewalten mit Nichten auf den heiligen Urkunden des Christenthums, sondern einzig und allein auf der Legende süße, in einer volksthümlichen, spannenden und Allen hochin¬ teressanter Weise zur Darstellung zu bringen. Die Wirkung dieser Schrift verspricht — zunächst in der Bevölkerung des Rheinlandes, in deren Mitte der Verfasser als bekannter Prediger thätig ist, eine um so tiefere zu werden, als die vortreffliche Kanzelrede, welche der Verfasser am Sonntag nach dem Kissinger Attentat in der evangelischen Kirche zu Solingen hielt und später im Druck herausgab („Wie stehen wir Evangelische zum Kampf der Gegen¬ wart?" Solingen, Albert Pfeiffer) noch heute landauf landab unvergessen ist, und, wie die vorliegende Schrift, eine ebenso patriotische als wahrhaft B. christliche Gesinnung bekundet. Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Bin» in Leipzig. Verlag von F. L- Herdill in Leipzig. — Druck von Hiithel <K Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/248>, abgerufen am 29.06.2024.