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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Klärung der Situation -- das ist's, was uns noth thut. Nach innen
und mehr noch gegenüber dem Reiche. Vielleicht hat der Verfasser jenes Ar¬
tikels dies bezweckt und dazu freilich sehr drastische Mittel angewendet. Wenn
der Artikel die Folge hat, daß man rechten Ortes einsieht, wie hohe Zeit es
ist. eine solche Klärung herbeizuführen, dann können selbst die Uebertreibungen
desselben sich für Sachsen heilsam erweisen.


K. F.


Dom deutschen Reichstag.

In seiner elften Sitzung, der ersten der abgelaufenen Woche ist der
Reichstag in die Berathung des Bankgesetz-Entwurfes eingetreten und hat
die erste Lesung desselben in drei denkwürdigen Sitzungen zu Ende gebracht.
Denkwürdig dürfen diese Sitzungen heißen, denn ihre Verhandlungen gehören
zu den besten Leistungen, welche deutsche Parlamente in ihren glücklichsten
Tagen bisher aufzuweisen haben. Die vorparlamentarische Geschichte des
Bankgesetz-Entwurfes wollen wir nur in größter Kürze andeuten. Man weiß,
Wie in Folge der staatlichen Zersplitterung unter der Bundesverfassung von
1818 Deutschland mit privilegirten Banken überschwemmt worden ist. Dieses
Unwesen, früher wenig bemerkbar, steigerte sich unter dem Einfluß des merk¬
würdigen Verkehrsaufschwungs der fünfziger Jahre. Das Wort "Gründer"
hat zwar erst seit dem Jahre 1872 einen üblen Klang bekommen. Die ersten
Gründer waren aber die Regierungen der deutschen Kleinstaaten in den fünf¬
ziger Jahren. Ihren Bankmonopolen -- die allerdings nur auf das Gebiet
^r privilegirenden Regierung lauteten, die aber das große deutsche Wirth¬
schaftsgebiet den privilegirten Bank-Instituten als Jagdrevier erschlossen, weil
die bereits in tausend Adern strömende Einheit dieses Gebietes nicht willkür¬
lich an einer einzelnen Stelle zu unterbinden war -- jenen Bankmonopolen
also verdanken wir die Entwerthung des Geldes, oder, was dasselbe ist, die
Steigerung der Waarenpreise, und zahllose andere Uebelstände. Man hat
von Seiten der Vertheidiger des ausgearteten Bankwesens in Abrede stellen
sollen, daß jene Uebelstände von dem Zustand unseres Bankwesens überhaupt,
geschweige denn zum größten Theile herrühren. Gerade so hat man den Moor-
rauch lange Zeit nicht vom Moorbrennen, sondern von zersetzten Gewittern
und wer weiß noch welchen fabelhaften Dingen herleiten wollen. Ueber die
Einwirkung des Bankwesens auf die Circulationsmittel sind nun aber jetzt
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Grenzboten IV. 1874.

Klärung der Situation — das ist's, was uns noth thut. Nach innen
und mehr noch gegenüber dem Reiche. Vielleicht hat der Verfasser jenes Ar¬
tikels dies bezweckt und dazu freilich sehr drastische Mittel angewendet. Wenn
der Artikel die Folge hat, daß man rechten Ortes einsieht, wie hohe Zeit es
ist. eine solche Klärung herbeizuführen, dann können selbst die Uebertreibungen
desselben sich für Sachsen heilsam erweisen.


K. F.


Dom deutschen Reichstag.

In seiner elften Sitzung, der ersten der abgelaufenen Woche ist der
Reichstag in die Berathung des Bankgesetz-Entwurfes eingetreten und hat
die erste Lesung desselben in drei denkwürdigen Sitzungen zu Ende gebracht.
Denkwürdig dürfen diese Sitzungen heißen, denn ihre Verhandlungen gehören
zu den besten Leistungen, welche deutsche Parlamente in ihren glücklichsten
Tagen bisher aufzuweisen haben. Die vorparlamentarische Geschichte des
Bankgesetz-Entwurfes wollen wir nur in größter Kürze andeuten. Man weiß,
Wie in Folge der staatlichen Zersplitterung unter der Bundesverfassung von
1818 Deutschland mit privilegirten Banken überschwemmt worden ist. Dieses
Unwesen, früher wenig bemerkbar, steigerte sich unter dem Einfluß des merk¬
würdigen Verkehrsaufschwungs der fünfziger Jahre. Das Wort „Gründer"
hat zwar erst seit dem Jahre 1872 einen üblen Klang bekommen. Die ersten
Gründer waren aber die Regierungen der deutschen Kleinstaaten in den fünf¬
ziger Jahren. Ihren Bankmonopolen — die allerdings nur auf das Gebiet
^r privilegirenden Regierung lauteten, die aber das große deutsche Wirth¬
schaftsgebiet den privilegirten Bank-Instituten als Jagdrevier erschlossen, weil
die bereits in tausend Adern strömende Einheit dieses Gebietes nicht willkür¬
lich an einer einzelnen Stelle zu unterbinden war — jenen Bankmonopolen
also verdanken wir die Entwerthung des Geldes, oder, was dasselbe ist, die
Steigerung der Waarenpreise, und zahllose andere Uebelstände. Man hat
von Seiten der Vertheidiger des ausgearteten Bankwesens in Abrede stellen
sollen, daß jene Uebelstände von dem Zustand unseres Bankwesens überhaupt,
geschweige denn zum größten Theile herrühren. Gerade so hat man den Moor-
rauch lange Zeit nicht vom Moorbrennen, sondern von zersetzten Gewittern
und wer weiß noch welchen fabelhaften Dingen herleiten wollen. Ueber die
Einwirkung des Bankwesens auf die Circulationsmittel sind nun aber jetzt
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Grenzboten IV. 1874.
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[0357] Klärung der Situation — das ist's, was uns noth thut. Nach innen und mehr noch gegenüber dem Reiche. Vielleicht hat der Verfasser jenes Ar¬ tikels dies bezweckt und dazu freilich sehr drastische Mittel angewendet. Wenn der Artikel die Folge hat, daß man rechten Ortes einsieht, wie hohe Zeit es ist. eine solche Klärung herbeizuführen, dann können selbst die Uebertreibungen desselben sich für Sachsen heilsam erweisen. K. F. Dom deutschen Reichstag. In seiner elften Sitzung, der ersten der abgelaufenen Woche ist der Reichstag in die Berathung des Bankgesetz-Entwurfes eingetreten und hat die erste Lesung desselben in drei denkwürdigen Sitzungen zu Ende gebracht. Denkwürdig dürfen diese Sitzungen heißen, denn ihre Verhandlungen gehören zu den besten Leistungen, welche deutsche Parlamente in ihren glücklichsten Tagen bisher aufzuweisen haben. Die vorparlamentarische Geschichte des Bankgesetz-Entwurfes wollen wir nur in größter Kürze andeuten. Man weiß, Wie in Folge der staatlichen Zersplitterung unter der Bundesverfassung von 1818 Deutschland mit privilegirten Banken überschwemmt worden ist. Dieses Unwesen, früher wenig bemerkbar, steigerte sich unter dem Einfluß des merk¬ würdigen Verkehrsaufschwungs der fünfziger Jahre. Das Wort „Gründer" hat zwar erst seit dem Jahre 1872 einen üblen Klang bekommen. Die ersten Gründer waren aber die Regierungen der deutschen Kleinstaaten in den fünf¬ ziger Jahren. Ihren Bankmonopolen — die allerdings nur auf das Gebiet ^r privilegirenden Regierung lauteten, die aber das große deutsche Wirth¬ schaftsgebiet den privilegirten Bank-Instituten als Jagdrevier erschlossen, weil die bereits in tausend Adern strömende Einheit dieses Gebietes nicht willkür¬ lich an einer einzelnen Stelle zu unterbinden war — jenen Bankmonopolen also verdanken wir die Entwerthung des Geldes, oder, was dasselbe ist, die Steigerung der Waarenpreise, und zahllose andere Uebelstände. Man hat von Seiten der Vertheidiger des ausgearteten Bankwesens in Abrede stellen sollen, daß jene Uebelstände von dem Zustand unseres Bankwesens überhaupt, geschweige denn zum größten Theile herrühren. Gerade so hat man den Moor- rauch lange Zeit nicht vom Moorbrennen, sondern von zersetzten Gewittern und wer weiß noch welchen fabelhaften Dingen herleiten wollen. Ueber die Einwirkung des Bankwesens auf die Circulationsmittel sind nun aber jetzt 46 Grenzboten IV. 1874.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/357>, abgerufen am 28.12.2024.