Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Den 2. September. Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag
in eine frische Gegenwart der Dinge versetzt und nur den Wunsch, daß es
halten möge. Eine offene Fröhlichkeit und das Lumpige ohne Einfluß auf
meinen Humor*). sAuch war das Wetter besonders herrlich.^

sDen 3. September halb 7 Uhr holte ich den Herzog ab, gingen
nach Ettersburg, Knebel begleitete uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich
vergnügt und trieben unter uns, nachdem die Damen retirirt waren, viel
Thorheiten.**) sEinsiedel sprach vernünftig über Boden.s

sDen 4. September früh 7 Uhr weg geritten nach Weimar, fand im
Garten manches Sonnabend-Geschäfte, auf die Kriegs-Commission, zu Corona
gegessen. Nachmittags allein. Abends ums Webicht gelaufen. Dann halb
9 zu Schmauß, über die nächsten Politica. Der Besuch der schönen Götter
dauert noch immer fort, auch das reine Werter.)

Den 6. September kriegt ich das Decret als Geheimderath.***) Der
Wirbel der irdischen Dinge und allerlei anstoßende persönliche Gefühle griffen
mich an. 5)

Es ziemt sich nicht diese innere Bewegung aufzuschreiben.

^Bemerkung eines politischen Fehlers, den ich an mir habe, der auch
schwer zu tilgen ist. 55) Z


C. A. H. Burkhardt.


Aas neue und das alle Leipzig,
i.

Es gewährt immer ein bedeutendes Interesse, irgend einen der Mittel¬
punkte modernen Kulturlebens in verschiedenen Perioden und Phasen seiner
Entwickelung zu beobachten und zu vergleichen, sei es, daß sein äußeres und
inneres Wachsthum ein rasches und überraschendes war und daher sein Sonst
zu seinem Jetzt einen frappanten Gegensatz bildet, sei es, daß in früherer wie







-) Bei Riemer II 96.
") Bei Riemer n. 98. wo man dies schwer in der Verbindung auf den Ettersburger
Aufenthalt beziehen kann.
Das Decret ballte vom S. September 1779.
! s) Bei Riemer II 96.
55) Hier bricht das Tagebuch vom Jahr 1779 ab.

Den 2. September. Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag
in eine frische Gegenwart der Dinge versetzt und nur den Wunsch, daß es
halten möge. Eine offene Fröhlichkeit und das Lumpige ohne Einfluß auf
meinen Humor*). sAuch war das Wetter besonders herrlich.^

sDen 3. September halb 7 Uhr holte ich den Herzog ab, gingen
nach Ettersburg, Knebel begleitete uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich
vergnügt und trieben unter uns, nachdem die Damen retirirt waren, viel
Thorheiten.**) sEinsiedel sprach vernünftig über Boden.s

sDen 4. September früh 7 Uhr weg geritten nach Weimar, fand im
Garten manches Sonnabend-Geschäfte, auf die Kriegs-Commission, zu Corona
gegessen. Nachmittags allein. Abends ums Webicht gelaufen. Dann halb
9 zu Schmauß, über die nächsten Politica. Der Besuch der schönen Götter
dauert noch immer fort, auch das reine Werter.)

Den 6. September kriegt ich das Decret als Geheimderath.***) Der
Wirbel der irdischen Dinge und allerlei anstoßende persönliche Gefühle griffen
mich an. 5)

Es ziemt sich nicht diese innere Bewegung aufzuschreiben.

^Bemerkung eines politischen Fehlers, den ich an mir habe, der auch
schwer zu tilgen ist. 55) Z


C. A. H. Burkhardt.


Aas neue und das alle Leipzig,
i.

Es gewährt immer ein bedeutendes Interesse, irgend einen der Mittel¬
punkte modernen Kulturlebens in verschiedenen Perioden und Phasen seiner
Entwickelung zu beobachten und zu vergleichen, sei es, daß sein äußeres und
inneres Wachsthum ein rasches und überraschendes war und daher sein Sonst
zu seinem Jetzt einen frappanten Gegensatz bildet, sei es, daß in früherer wie







-) Bei Riemer II 96.
") Bei Riemer n. 98. wo man dies schwer in der Verbindung auf den Ettersburger
Aufenthalt beziehen kann.
Das Decret ballte vom S. September 1779.
! s) Bei Riemer II 96.
55) Hier bricht das Tagebuch vom Jahr 1779 ab.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131744"/>
          <p xml:id="ID_110"> Den 2. September. Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag<lb/>
in eine frische Gegenwart der Dinge versetzt und nur den Wunsch, daß es<lb/>
halten möge. Eine offene Fröhlichkeit und das Lumpige ohne Einfluß auf<lb/>
meinen Humor*).  sAuch war das Wetter besonders herrlich.^</p><lb/>
          <p xml:id="ID_111"> sDen 3. September halb 7 Uhr holte ich den Herzog ab, gingen<lb/>
nach Ettersburg, Knebel begleitete uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich<lb/>
vergnügt und trieben unter uns, nachdem die Damen retirirt waren, viel<lb/>
Thorheiten.**)  sEinsiedel sprach vernünftig über Boden.s</p><lb/>
          <p xml:id="ID_112"> sDen 4. September früh 7 Uhr weg geritten nach Weimar, fand im<lb/>
Garten manches Sonnabend-Geschäfte, auf die Kriegs-Commission, zu Corona<lb/>
gegessen. Nachmittags allein. Abends ums Webicht gelaufen. Dann halb<lb/>
9 zu Schmauß, über die nächsten Politica. Der Besuch der schönen Götter<lb/>
dauert noch immer fort, auch das reine Werter.)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_113"> Den 6. September kriegt ich das Decret als Geheimderath.***) Der<lb/>
Wirbel der irdischen Dinge und allerlei anstoßende persönliche Gefühle griffen<lb/>
mich an. 5)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_114"> Es ziemt sich nicht diese innere Bewegung aufzuschreiben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_115"> ^Bemerkung eines politischen Fehlers, den ich an mir habe, der auch<lb/>
schwer zu tilgen ist. 55) Z</p><lb/>
          <note type="byline"> C. A. H. Burkhardt.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aas neue und das alle Leipzig,<lb/>
i.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_116" next="#ID_117"> Es gewährt immer ein bedeutendes Interesse, irgend einen der Mittel¬<lb/>
punkte modernen Kulturlebens in verschiedenen Perioden und Phasen seiner<lb/>
Entwickelung zu beobachten und zu vergleichen, sei es, daß sein äußeres und<lb/>
inneres Wachsthum ein rasches und überraschendes war und daher sein Sonst<lb/>
zu seinem Jetzt einen frappanten Gegensatz bildet, sei es, daß in früherer wie</p><lb/>
          <note xml:id="FID_33" place="foot"> -) Bei Riemer II 96.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_34" place="foot"> ") Bei Riemer n. 98. wo man dies schwer in der Verbindung auf den Ettersburger<lb/>
Aufenthalt beziehen kann.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_35" place="foot"> Das Decret ballte vom S. September 1779.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_36" place="foot"> ! s) Bei Riemer II 96.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_37" place="foot"> 55) Hier bricht das Tagebuch vom Jahr 1779 ab.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] Den 2. September. Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag in eine frische Gegenwart der Dinge versetzt und nur den Wunsch, daß es halten möge. Eine offene Fröhlichkeit und das Lumpige ohne Einfluß auf meinen Humor*). sAuch war das Wetter besonders herrlich.^ sDen 3. September halb 7 Uhr holte ich den Herzog ab, gingen nach Ettersburg, Knebel begleitete uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich vergnügt und trieben unter uns, nachdem die Damen retirirt waren, viel Thorheiten.**) sEinsiedel sprach vernünftig über Boden.s sDen 4. September früh 7 Uhr weg geritten nach Weimar, fand im Garten manches Sonnabend-Geschäfte, auf die Kriegs-Commission, zu Corona gegessen. Nachmittags allein. Abends ums Webicht gelaufen. Dann halb 9 zu Schmauß, über die nächsten Politica. Der Besuch der schönen Götter dauert noch immer fort, auch das reine Werter.) Den 6. September kriegt ich das Decret als Geheimderath.***) Der Wirbel der irdischen Dinge und allerlei anstoßende persönliche Gefühle griffen mich an. 5) Es ziemt sich nicht diese innere Bewegung aufzuschreiben. ^Bemerkung eines politischen Fehlers, den ich an mir habe, der auch schwer zu tilgen ist. 55) Z C. A. H. Burkhardt. Aas neue und das alle Leipzig, i. Es gewährt immer ein bedeutendes Interesse, irgend einen der Mittel¬ punkte modernen Kulturlebens in verschiedenen Perioden und Phasen seiner Entwickelung zu beobachten und zu vergleichen, sei es, daß sein äußeres und inneres Wachsthum ein rasches und überraschendes war und daher sein Sonst zu seinem Jetzt einen frappanten Gegensatz bildet, sei es, daß in früherer wie -) Bei Riemer II 96. ") Bei Riemer n. 98. wo man dies schwer in der Verbindung auf den Ettersburger Aufenthalt beziehen kann. Das Decret ballte vom S. September 1779. ! s) Bei Riemer II 96. 55) Hier bricht das Tagebuch vom Jahr 1779 ab.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/34
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/34>, abgerufen am 22.07.2024.