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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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stehen uns unsere deutschen Brüder treulich bei wider die Kniffs und Ränke
unserer Dunkelmänner unter allen Masken: dann dürfen wir hoffen, auch
bet uns zu Lande mit den finstern Gewalten fertig zu werden , die noch im¬
mer die Massen in ihren Banden gefangen halten. Schon jetzt beginnen die
Luxemburger einzusehen, wie wenig Verlaß auf die so heiß ersehnte "Revanche"
Frankreichs ist und wie gering die Aussichten dieses Landes auf Erfolg sind,
wenn es sich auf keine besseren Helfer und Retter stützt, als auf die Wunder
der Götzen der Jesuiten, auf die lieben Frauen in Lourdes und Paray-le-Mo"
nial und auf das si. Herz Jesu. -- So einfältig sind wir Luxemburger doch
nicht mehr, daß wir an solchen Firlefanz glauben sollten. Wir glauben so¬
gar nicht mehr an die Wunderthaten unseres eigenen wunderthätigen Mutter¬
gottesbildes, so sehr wir auch geneigt sind, Alles bet uns für vortrefflicher
zu halten, als es bet andern Leuten ist.


N. Steffen.


Die Aufgabe der liberalen "Kartei Sachsens im nächsten
Landtage.

Die liberale Partei Sachsens ist mit keinerlei Programm in die diesmalige
Wahlbewegung eingetreten. Sie hat, meine ich, daran recht gethan. Das
beste Programm einer Partei sind allzeit ihre Thaten. Auch die liberale
Partei Sachsens kann ruhig auf das verweisen, was sie in zwei Landtagen
nach einander richtig erstrebt und wenigstens zum großen Theile durch¬
gesetzt hat.'

Bet den ersten Wahlen nach dem neuen, freieren Wahlgesetz von 1868,
im Jahre 1869, stellte die nationalliberale Partei, (die damals noch selbständig
und unabhängig von andern liberalen Schattirungen vorging, ohne mit diesen
in Gegensatz zu treten) ein förmliches Programm auf, das sog. Leipziger
Programm, worin die Forderungen des Liberalismus kurz aber scharf präcisirt
wurden. Der erste Paragraph desselben enthielt das nationale Glaubensbe-
kenntniß, "festen Anschluß an den Norddeutschen Bund7; die folgenden
beschäftigten sich mit Fragen des innern Staats- und Volkslebens. Da ward
ein noch weiterer freiheitlicher Ausbau der Verfassung (in der Richtung des
neuen Wahlgesetzes) insbesondere eine Vereinfachung des ständischen Mechanis-


stehen uns unsere deutschen Brüder treulich bei wider die Kniffs und Ränke
unserer Dunkelmänner unter allen Masken: dann dürfen wir hoffen, auch
bet uns zu Lande mit den finstern Gewalten fertig zu werden , die noch im¬
mer die Massen in ihren Banden gefangen halten. Schon jetzt beginnen die
Luxemburger einzusehen, wie wenig Verlaß auf die so heiß ersehnte „Revanche"
Frankreichs ist und wie gering die Aussichten dieses Landes auf Erfolg sind,
wenn es sich auf keine besseren Helfer und Retter stützt, als auf die Wunder
der Götzen der Jesuiten, auf die lieben Frauen in Lourdes und Paray-le-Mo«
nial und auf das si. Herz Jesu. — So einfältig sind wir Luxemburger doch
nicht mehr, daß wir an solchen Firlefanz glauben sollten. Wir glauben so¬
gar nicht mehr an die Wunderthaten unseres eigenen wunderthätigen Mutter¬
gottesbildes, so sehr wir auch geneigt sind, Alles bet uns für vortrefflicher
zu halten, als es bet andern Leuten ist.


N. Steffen.


Die Aufgabe der liberalen "Kartei Sachsens im nächsten
Landtage.

Die liberale Partei Sachsens ist mit keinerlei Programm in die diesmalige
Wahlbewegung eingetreten. Sie hat, meine ich, daran recht gethan. Das
beste Programm einer Partei sind allzeit ihre Thaten. Auch die liberale
Partei Sachsens kann ruhig auf das verweisen, was sie in zwei Landtagen
nach einander richtig erstrebt und wenigstens zum großen Theile durch¬
gesetzt hat.'

Bet den ersten Wahlen nach dem neuen, freieren Wahlgesetz von 1868,
im Jahre 1869, stellte die nationalliberale Partei, (die damals noch selbständig
und unabhängig von andern liberalen Schattirungen vorging, ohne mit diesen
in Gegensatz zu treten) ein förmliches Programm auf, das sog. Leipziger
Programm, worin die Forderungen des Liberalismus kurz aber scharf präcisirt
wurden. Der erste Paragraph desselben enthielt das nationale Glaubensbe-
kenntniß, „festen Anschluß an den Norddeutschen Bund7; die folgenden
beschäftigten sich mit Fragen des innern Staats- und Volkslebens. Da ward
ein noch weiterer freiheitlicher Ausbau der Verfassung (in der Richtung des
neuen Wahlgesetzes) insbesondere eine Vereinfachung des ständischen Mechanis-


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[0435] stehen uns unsere deutschen Brüder treulich bei wider die Kniffs und Ränke unserer Dunkelmänner unter allen Masken: dann dürfen wir hoffen, auch bet uns zu Lande mit den finstern Gewalten fertig zu werden , die noch im¬ mer die Massen in ihren Banden gefangen halten. Schon jetzt beginnen die Luxemburger einzusehen, wie wenig Verlaß auf die so heiß ersehnte „Revanche" Frankreichs ist und wie gering die Aussichten dieses Landes auf Erfolg sind, wenn es sich auf keine besseren Helfer und Retter stützt, als auf die Wunder der Götzen der Jesuiten, auf die lieben Frauen in Lourdes und Paray-le-Mo« nial und auf das si. Herz Jesu. — So einfältig sind wir Luxemburger doch nicht mehr, daß wir an solchen Firlefanz glauben sollten. Wir glauben so¬ gar nicht mehr an die Wunderthaten unseres eigenen wunderthätigen Mutter¬ gottesbildes, so sehr wir auch geneigt sind, Alles bet uns für vortrefflicher zu halten, als es bet andern Leuten ist. N. Steffen. Die Aufgabe der liberalen "Kartei Sachsens im nächsten Landtage. Die liberale Partei Sachsens ist mit keinerlei Programm in die diesmalige Wahlbewegung eingetreten. Sie hat, meine ich, daran recht gethan. Das beste Programm einer Partei sind allzeit ihre Thaten. Auch die liberale Partei Sachsens kann ruhig auf das verweisen, was sie in zwei Landtagen nach einander richtig erstrebt und wenigstens zum großen Theile durch¬ gesetzt hat.' Bet den ersten Wahlen nach dem neuen, freieren Wahlgesetz von 1868, im Jahre 1869, stellte die nationalliberale Partei, (die damals noch selbständig und unabhängig von andern liberalen Schattirungen vorging, ohne mit diesen in Gegensatz zu treten) ein förmliches Programm auf, das sog. Leipziger Programm, worin die Forderungen des Liberalismus kurz aber scharf präcisirt wurden. Der erste Paragraph desselben enthielt das nationale Glaubensbe- kenntniß, „festen Anschluß an den Norddeutschen Bund7; die folgenden beschäftigten sich mit Fragen des innern Staats- und Volkslebens. Da ward ein noch weiterer freiheitlicher Ausbau der Verfassung (in der Richtung des neuen Wahlgesetzes) insbesondere eine Vereinfachung des ständischen Mechanis-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/435>, abgerufen am 05.02.2025.