Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.mittelbar nach der ersten Publikation despreußischen Militäreoder auf unerklärliche ii. Kein Bernecker Curgast versäumt es leicht, einen Ausflug nach Bayreuth mittelbar nach der ersten Publikation despreußischen Militäreoder auf unerklärliche ii. Kein Bernecker Curgast versäumt es leicht, einen Ausflug nach Bayreuth <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193169"/> <p xml:id="ID_1262" prev="#ID_1261"> mittelbar nach der ersten Publikation despreußischen Militäreoder auf unerklärliche<lb/> Weise verschwand, sich also aus reiner Angst vor den dort angedrohten Strafen in<lb/> große Gefahr stürzte. Das Desertiren — man nannte dies offtciell „unerlaubte<lb/> Entfernung aus dem Quartier" — kam in der ersten Zeit häufig vor; jedoch<lb/> wurden fast ausnahmslos alle Entwichenen wieder eingefangen, da die Polizei¬<lb/> beamten und Gensdarmen der ganzen Provinz die schärfsten Weisungen hat¬<lb/> ten, verdächtige Individuen festzuhalten. Dazu kam noch vielfach Mangel an<lb/> Geld, an Civilkleidern, an Kenntniß der Gegend und der deutschen Sprache,<lb/> und hauptsächlich letzter Umstand war für die Ausreißer verhängnißvoll. Wer<lb/> nach dem Wege frug, ohne der deutschen Sprache mächtig zu sein, den hielten<lb/> die rheinischen Landbewohner selbstverständlich für einen französischen Deser¬<lb/> teur, auf den sie oft förmliche Jagd machten, um ihn einzufangen und der<lb/> nächsten Behörde einzuliefern. Die thatkräftige Hülfe, welche unsere Land¬<lb/> bevölkerung den Sicherheitsorganen leistete, um die Deserteure dingfest zu<lb/> machen, verdient gebührende Anerkennung. — Die Defertionsversuche waren<lb/> meist hoffnungslos und wurden außerdem nach einiger Zeit nicht mehr dis¬<lb/> ciplinarisch, sondern kriegsrechtlich bestraft. Ein aus Frankreich kommender<lb/> Brief enthielt bezüglich dessen folgende Warnung: etisr trere xrencl vaeisuee<lb/> restg en xrusse ne olivrduz xg,s g, es kauvv ear ceux hui 8ö sauve et Mi<lb/> sollt i-g-ttiÄps sont, üsillö. So schlimm war es nun doch nicht: die kriegs-<lb/> rechtliche Bestrafung lautete auf Festungsstrafe.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> ii. </head><lb/> <p xml:id="ID_1263" next="#ID_1264"> Kein Bernecker Curgast versäumt es leicht, einen Ausflug nach Bayreuth<lb/> zu machen, und in diesem Jahre umsomehr, da die ehemalige Markgrafen¬<lb/> residenz um eine Sehenswürdigkeit reicher geworden ist: um das im Bau be¬<lb/> griffene Theater Richard Wagner's. Die Kutscher, die hinüberfahren, haben<lb/> nun ein dreifaches Ziel: die Fantasie, die Ermitage, das Theater. Schon aus<lb/> weiter Ferne sieht man das Brettergerüste des Bühnenraumes thurmartig<lb/> emporragen. Das Theater liegt an der Nordseite der Stadt, jenseits des<lb/> Bahnhofes, nicht weit vom Irrenhause, am AbHange der sogenannten „Bür-<lb/> gerreuth". Man kann den Bauplatz zu keiner günstigeren Zeit betreten, als<lb/> gerade jetzt. Von dem Zuschauerraum sind zwar erst die Treppenhäuser an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
mittelbar nach der ersten Publikation despreußischen Militäreoder auf unerklärliche
Weise verschwand, sich also aus reiner Angst vor den dort angedrohten Strafen in
große Gefahr stürzte. Das Desertiren — man nannte dies offtciell „unerlaubte
Entfernung aus dem Quartier" — kam in der ersten Zeit häufig vor; jedoch
wurden fast ausnahmslos alle Entwichenen wieder eingefangen, da die Polizei¬
beamten und Gensdarmen der ganzen Provinz die schärfsten Weisungen hat¬
ten, verdächtige Individuen festzuhalten. Dazu kam noch vielfach Mangel an
Geld, an Civilkleidern, an Kenntniß der Gegend und der deutschen Sprache,
und hauptsächlich letzter Umstand war für die Ausreißer verhängnißvoll. Wer
nach dem Wege frug, ohne der deutschen Sprache mächtig zu sein, den hielten
die rheinischen Landbewohner selbstverständlich für einen französischen Deser¬
teur, auf den sie oft förmliche Jagd machten, um ihn einzufangen und der
nächsten Behörde einzuliefern. Die thatkräftige Hülfe, welche unsere Land¬
bevölkerung den Sicherheitsorganen leistete, um die Deserteure dingfest zu
machen, verdient gebührende Anerkennung. — Die Defertionsversuche waren
meist hoffnungslos und wurden außerdem nach einiger Zeit nicht mehr dis¬
ciplinarisch, sondern kriegsrechtlich bestraft. Ein aus Frankreich kommender
Brief enthielt bezüglich dessen folgende Warnung: etisr trere xrencl vaeisuee
restg en xrusse ne olivrduz xg,s g, es kauvv ear ceux hui 8ö sauve et Mi
sollt i-g-ttiÄps sont, üsillö. So schlimm war es nun doch nicht: die kriegs-
rechtliche Bestrafung lautete auf Festungsstrafe.
ii.
Kein Bernecker Curgast versäumt es leicht, einen Ausflug nach Bayreuth
zu machen, und in diesem Jahre umsomehr, da die ehemalige Markgrafen¬
residenz um eine Sehenswürdigkeit reicher geworden ist: um das im Bau be¬
griffene Theater Richard Wagner's. Die Kutscher, die hinüberfahren, haben
nun ein dreifaches Ziel: die Fantasie, die Ermitage, das Theater. Schon aus
weiter Ferne sieht man das Brettergerüste des Bühnenraumes thurmartig
emporragen. Das Theater liegt an der Nordseite der Stadt, jenseits des
Bahnhofes, nicht weit vom Irrenhause, am AbHange der sogenannten „Bür-
gerreuth". Man kann den Bauplatz zu keiner günstigeren Zeit betreten, als
gerade jetzt. Von dem Zuschauerraum sind zwar erst die Treppenhäuser an
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