Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.aufmerksam zu machen, um auch Andern eine ähnliche Freude zu verschaffen, R. Berg an. Stärke und Jertljeitung des deutschen und des polnischen Elements in Oosen. Seit dem Sturze des Cultusministers v. Muster trat in der Politik der aufmerksam zu machen, um auch Andern eine ähnliche Freude zu verschaffen, R. Berg an. Stärke und Jertljeitung des deutschen und des polnischen Elements in Oosen. Seit dem Sturze des Cultusministers v. Muster trat in der Politik der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0423" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/129415"/> <p xml:id="ID_1364" prev="#ID_1363"> aufmerksam zu machen, um auch Andern eine ähnliche Freude zu verschaffen,<lb/> wie ich selbst bei wiederholtem Anschauen derselben empfunden.</p><lb/> <note type="byline"> R. Berg an.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Stärke und Jertljeitung des deutschen und des polnischen<lb/> Elements in Oosen.</head><lb/> <p xml:id="ID_1365" next="#ID_1366"> Seit dem Sturze des Cultusministers v. Muster trat in der Politik der<lb/> Preußischen Regierung, wie gegen die Ultramontanen, so Such gegen die Polen<lb/> innerhalb der Staatsgrenzen ein bedeutender Umschwung ein. Niemals sind<lb/> früher entschiedene Maßregeln ergriffen worden, um unter ihnen die deutsche<lb/> Sprache zu verbreiten und sie dadurch zu ebenso guten Unterthanen zu machen,<lb/> wie ihre deutschen Mitbürger. Wenn auch die verhältnißmäßig wenigen<lb/> Polen, welche sich dem Staatsdienste widmeten, sich die herrschende Dienst¬<lb/> sprache aneignen mußten, wenn auch eine höhere Bildung nur durch sie zu<lb/> erreichen war und wenn auch die Nützlichkeit ihrer Kenntniß bei tausend Ge¬<lb/> legenheiten des städtischen gewerblichen Verkehrs sie vielen Polen von geringe¬<lb/> rem Bildungsstande aufnöthigte, so verblieb doch die Masse des polnischen<lb/> Volks von dieser Nöthigung und also auch von der Erlernung des Deutschen<lb/> unberührt, und indem das junge Geschlecht stets nur in der Kenntniß des<lb/> Polnischen aufwuchs und eben nur zum geringen Theil sich das Deutsche nach¬<lb/> träglich aneignete, machte dieses entweder keine oder nur unerhebliche Fort¬<lb/> schritte. Stellenweise hat es sogar an Boden verloren; das ist nach Richard<lb/> Voekh namentlich in Oberschlesien geschehen, wo in ganzen Landstrecken jetzt<lb/> nur polnisch gesprochen wird, während im 16. Jahrhundert dort die deutsche<lb/> Zunge erschallte. Zu Ende ging dieser Proceß unter der preußischen Regie¬<lb/> rung, sogar noch in diesem Jahrhundert. Herbeigeführt wurde die Umwand¬<lb/> lung hauptsächlich durch die katholische Geistlichkeit, die nicht ohne Grund<lb/> überall der Sprache Luther's, Lessing's und Kant's feindlich gesinnt ist; denn<lb/> die polonisirten oberschlesischen Dörfer waren katholisch. Derselbe Fall liegt<lb/> bei den Bamberger Ansiedlern auf den Kämmereidörfern der Stadt Posen<lb/> vor, welche zwar noch ihre Volkstracht, aber nicht die Sprache ihrer Heimath<lb/> beibehalten haben. Die preußische Regierungsbehörde gestattete die Eindeut¬<lb/> schung unter ihren Augen, indem sie den ausschließlichen Gebrauch des Pol¬<lb/> nischen in der Kirche nicht hindern konnte und die Schule den polnischen<lb/> Priestern nicht nehmen wollte. Sie konnte die Verbannung der deutschen<lb/> Sprache aus der Kirche nicht hindern, weil sie das Recht der katholischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0423]
aufmerksam zu machen, um auch Andern eine ähnliche Freude zu verschaffen,
wie ich selbst bei wiederholtem Anschauen derselben empfunden.
R. Berg an.
Stärke und Jertljeitung des deutschen und des polnischen
Elements in Oosen.
Seit dem Sturze des Cultusministers v. Muster trat in der Politik der
Preußischen Regierung, wie gegen die Ultramontanen, so Such gegen die Polen
innerhalb der Staatsgrenzen ein bedeutender Umschwung ein. Niemals sind
früher entschiedene Maßregeln ergriffen worden, um unter ihnen die deutsche
Sprache zu verbreiten und sie dadurch zu ebenso guten Unterthanen zu machen,
wie ihre deutschen Mitbürger. Wenn auch die verhältnißmäßig wenigen
Polen, welche sich dem Staatsdienste widmeten, sich die herrschende Dienst¬
sprache aneignen mußten, wenn auch eine höhere Bildung nur durch sie zu
erreichen war und wenn auch die Nützlichkeit ihrer Kenntniß bei tausend Ge¬
legenheiten des städtischen gewerblichen Verkehrs sie vielen Polen von geringe¬
rem Bildungsstande aufnöthigte, so verblieb doch die Masse des polnischen
Volks von dieser Nöthigung und also auch von der Erlernung des Deutschen
unberührt, und indem das junge Geschlecht stets nur in der Kenntniß des
Polnischen aufwuchs und eben nur zum geringen Theil sich das Deutsche nach¬
träglich aneignete, machte dieses entweder keine oder nur unerhebliche Fort¬
schritte. Stellenweise hat es sogar an Boden verloren; das ist nach Richard
Voekh namentlich in Oberschlesien geschehen, wo in ganzen Landstrecken jetzt
nur polnisch gesprochen wird, während im 16. Jahrhundert dort die deutsche
Zunge erschallte. Zu Ende ging dieser Proceß unter der preußischen Regie¬
rung, sogar noch in diesem Jahrhundert. Herbeigeführt wurde die Umwand¬
lung hauptsächlich durch die katholische Geistlichkeit, die nicht ohne Grund
überall der Sprache Luther's, Lessing's und Kant's feindlich gesinnt ist; denn
die polonisirten oberschlesischen Dörfer waren katholisch. Derselbe Fall liegt
bei den Bamberger Ansiedlern auf den Kämmereidörfern der Stadt Posen
vor, welche zwar noch ihre Volkstracht, aber nicht die Sprache ihrer Heimath
beibehalten haben. Die preußische Regierungsbehörde gestattete die Eindeut¬
schung unter ihren Augen, indem sie den ausschließlichen Gebrauch des Pol¬
nischen in der Kirche nicht hindern konnte und die Schule den polnischen
Priestern nicht nehmen wollte. Sie konnte die Verbannung der deutschen
Sprache aus der Kirche nicht hindern, weil sie das Recht der katholischen
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