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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Die erste Aufführung der Iischerin*) im "JarKe
zu Mesure (1782.)

Wenn bis jetzt Eingehenderes über die theatralischen Aufführungen der
classischen Zeit vermißt wird, bei welchen die Natur selbst die Bühne abgab,
so möchten wir den Grund dafür suchen in der äußerst schwierigen Beschaffung
des einschlagenden Materials und in der geringen Vertrautheit mit der Geschichte
der weimarischen Parkanlagen. Jene unvergleichlichen Schöpfungen Göthe's, Kne¬
bel's u. s. w. haben nämlich im Laufe eines Jahrhunderts so erhebliche Um¬
änderungen erfahren, daß diese sich leider ohne Illustrationen nicht klar zur
Darstellung bringen lassen. Es giebt nur wenige Stellen, welche das Cha-
racteristische und das Ursprüngliche sich bewahrt haben und zu diesen gehört
unzweifelhaft jener Ort, an dem 1782 d. 22. Juli im Parke zu Tiefurt Gö¬
the's Fischerin aufgeführt wurde. Wer den Versuch macht, selbst mit den
kärglichen Anhaltepunkten, welche das Stück darbietet, die Bühne zu be¬
stimmen, der wird ohne Bedenken dieselbe an jener Stelle suchen, an der einige
runde Stufen am rechten Ufer in den Fluß hinabführen. Unmittelbar rechts
an diesem Eingang stand die Fischerhütte, vor der aus mächtigen Steinen er¬
baut der Feuerheerd und einige Sitze sich befanden und vor dieser Hütte spiel¬
ten die Hauptpersonen des Stücks. Nur wenige Schritte oberhalb dieser An¬
lage war die Schöpfstelle, die von den Büschen des Ufers überragt wurde.
Das Orchester befand sich in einer für die Zuschauer unsichtbaren Laube,
da sie hinter einem mächtigen Baume wenige Schritte von dem zur rechten
Hand lag; während die beiden noch übrigen Fischerhütten dazu bestimmt wa¬
ren, entweder das Nebenpersonal in sich aufzunehmen, oder als bloße Staffage
zu dienen. Letzteres war bei der Hütte der Fall, welche auf dem jenseitigen
Ufer unmittelbar neben dem jetzt dort sich befindlichen natürlich später erst
gesetzten Denkmale des Prinzen Constantin stand; sie war nicht erst für die
Aufführung erbaut, sondern man hatte dem dort stehenden Badehause das
Ansehen einer Fischerhütte gegeben. Auch bei ihr waren wie neben den übrigen
allerhand Fischergeräthschaften aufgehängt. Endlich lag die eben erwähnte
für das Nebenpersonal bestimmte dritte Fischerhütte nur wenige Schritte links
von der Hauptscene hinter vier oder wie man will auch fünf Ahornbäumen,
während der Hintergrund von dem hohen mit starken Bäumen besetzten Berge
gebildet wurde, der ganz wie heute von dichtem Unterholze bedeckt war. Der



") Ein Bild, das freilich nur eine oberflächliche Kenntniß von der Aufführung der Fischerin
gewinnen und in künstlerischer Beziehung viel zu wünschen übrig läßt, existirt im Schlosse zu
Tiefurt sud Ur. 1794 des Inventars. Das Bild ist von G, M. Kraus. Auf demselben fehlt
das Zelt, auch der Hintergrund ist mangelhaft.
Die erste Aufführung der Iischerin*) im "JarKe
zu Mesure (1782.)

Wenn bis jetzt Eingehenderes über die theatralischen Aufführungen der
classischen Zeit vermißt wird, bei welchen die Natur selbst die Bühne abgab,
so möchten wir den Grund dafür suchen in der äußerst schwierigen Beschaffung
des einschlagenden Materials und in der geringen Vertrautheit mit der Geschichte
der weimarischen Parkanlagen. Jene unvergleichlichen Schöpfungen Göthe's, Kne¬
bel's u. s. w. haben nämlich im Laufe eines Jahrhunderts so erhebliche Um¬
änderungen erfahren, daß diese sich leider ohne Illustrationen nicht klar zur
Darstellung bringen lassen. Es giebt nur wenige Stellen, welche das Cha-
racteristische und das Ursprüngliche sich bewahrt haben und zu diesen gehört
unzweifelhaft jener Ort, an dem 1782 d. 22. Juli im Parke zu Tiefurt Gö¬
the's Fischerin aufgeführt wurde. Wer den Versuch macht, selbst mit den
kärglichen Anhaltepunkten, welche das Stück darbietet, die Bühne zu be¬
stimmen, der wird ohne Bedenken dieselbe an jener Stelle suchen, an der einige
runde Stufen am rechten Ufer in den Fluß hinabführen. Unmittelbar rechts
an diesem Eingang stand die Fischerhütte, vor der aus mächtigen Steinen er¬
baut der Feuerheerd und einige Sitze sich befanden und vor dieser Hütte spiel¬
ten die Hauptpersonen des Stücks. Nur wenige Schritte oberhalb dieser An¬
lage war die Schöpfstelle, die von den Büschen des Ufers überragt wurde.
Das Orchester befand sich in einer für die Zuschauer unsichtbaren Laube,
da sie hinter einem mächtigen Baume wenige Schritte von dem zur rechten
Hand lag; während die beiden noch übrigen Fischerhütten dazu bestimmt wa¬
ren, entweder das Nebenpersonal in sich aufzunehmen, oder als bloße Staffage
zu dienen. Letzteres war bei der Hütte der Fall, welche auf dem jenseitigen
Ufer unmittelbar neben dem jetzt dort sich befindlichen natürlich später erst
gesetzten Denkmale des Prinzen Constantin stand; sie war nicht erst für die
Aufführung erbaut, sondern man hatte dem dort stehenden Badehause das
Ansehen einer Fischerhütte gegeben. Auch bei ihr waren wie neben den übrigen
allerhand Fischergeräthschaften aufgehängt. Endlich lag die eben erwähnte
für das Nebenpersonal bestimmte dritte Fischerhütte nur wenige Schritte links
von der Hauptscene hinter vier oder wie man will auch fünf Ahornbäumen,
während der Hintergrund von dem hohen mit starken Bäumen besetzten Berge
gebildet wurde, der ganz wie heute von dichtem Unterholze bedeckt war. Der



") Ein Bild, das freilich nur eine oberflächliche Kenntniß von der Aufführung der Fischerin
gewinnen und in künstlerischer Beziehung viel zu wünschen übrig läßt, existirt im Schlosse zu
Tiefurt sud Ur. 1794 des Inventars. Das Bild ist von G, M. Kraus. Auf demselben fehlt
das Zelt, auch der Hintergrund ist mangelhaft.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/46>, abgerufen am 03.07.2024.