Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Zusammengehen der Schule mit dein Theater fortan unmöglich geworden.
Von da an vertraute das Theater seiner eigenen Kraft und löste unter großer
Anstrengung und zum Vollenden seines Ruhmes auch die zweite Aufgabe, die
Ausbildung der Oper.

So war es auf allen Gebieten des Lebens rüstig vorwärts gegangen,
und wenn, wie wir hie und da betonten, Weimars Culturentwickelung ver¬
hältnißmäßig spät einsetzte, so nahm sie einen ungleich höhern und kräftigeren
Flug, der nicht allein die Stadt und ihre Bewohner in ihren engen Mauern
gefördert, sondern der, was seine höchsten Leistungen anlangt, die Welt in
Bewegung setzte und Weimars Namen unsterblich gemacht hat.




Die Kesultate des Verkaufs voll H. H. Weigel's
Sammlung.

Wenn auch die frühere Mittheilung der Grenzboten') über die damals
zum Verkauf stehende berühmte T. O. Weigel'sche Sammlung von frühesten
Erzeugnissen der Druckerkunst ihren Zweck, nämlich die Erhaltung der großen
Sammlung für Deutschland, nicht erreicht hat, so ist sie doch nicht ohne
wichtige, für uns erfreuliche Resultate geblieben.

Der Besitzer der Sammlung hatte dieselbe um 50,000 Thaler dem Ber¬
liner Museum zum Kauf angeboten. In Berlin jedoch hatte man, trotz des
den Ankauf empfehlenden Gutachtens eines zu dem Zweck nach Leipzig gesendeten
Sachverständigen, die Erwerbung der ganzen Sammlung abgelehnt. Da nun
dem Besitzer eine andere deutsche Anstalt, welche zugleich den Wunsch und
die Mittel zum Ankauf besaß, nicht bekannt war, entschloß er sich zur öffent¬
lichen Versteigerung der Sammlung und versendete den Katalog.

Als hierdurch die Absicht des Verkaufs allgemeiner bekannt geworden
war, bewarben sich nahezu gleichzeitig das Germanische Museum zu Nürn¬
berg und die Kaiserliche Bibliothek zu Straßburg um den Besitz der ganzen
Sammlung. T. O. Weigel wies jetzt jedoch die ihm gemachten Anerbietungen
mit Rücksicht auf die bereits festgesetzte und publicirte Auction und auf mehrere
bereits erfolgte, seine Erwartung weit übersteigenden Gebote, zurück, und es
kam daher in den Tagen vom 27. bis 29. Mai dieses Jahres zur Versteigerung
dieser in ihrer Art einzigen, für die Geschichte der deutschen Cultur so höchst
wichtigen Sammlung.

Diese Auction hat nicht nur in den für den Gegenstand sich interessiren-



") Gienzl'oder II. 1872. S. I9N--93.

Zusammengehen der Schule mit dein Theater fortan unmöglich geworden.
Von da an vertraute das Theater seiner eigenen Kraft und löste unter großer
Anstrengung und zum Vollenden seines Ruhmes auch die zweite Aufgabe, die
Ausbildung der Oper.

So war es auf allen Gebieten des Lebens rüstig vorwärts gegangen,
und wenn, wie wir hie und da betonten, Weimars Culturentwickelung ver¬
hältnißmäßig spät einsetzte, so nahm sie einen ungleich höhern und kräftigeren
Flug, der nicht allein die Stadt und ihre Bewohner in ihren engen Mauern
gefördert, sondern der, was seine höchsten Leistungen anlangt, die Welt in
Bewegung setzte und Weimars Namen unsterblich gemacht hat.




Die Kesultate des Verkaufs voll H. H. Weigel's
Sammlung.

Wenn auch die frühere Mittheilung der Grenzboten') über die damals
zum Verkauf stehende berühmte T. O. Weigel'sche Sammlung von frühesten
Erzeugnissen der Druckerkunst ihren Zweck, nämlich die Erhaltung der großen
Sammlung für Deutschland, nicht erreicht hat, so ist sie doch nicht ohne
wichtige, für uns erfreuliche Resultate geblieben.

Der Besitzer der Sammlung hatte dieselbe um 50,000 Thaler dem Ber¬
liner Museum zum Kauf angeboten. In Berlin jedoch hatte man, trotz des
den Ankauf empfehlenden Gutachtens eines zu dem Zweck nach Leipzig gesendeten
Sachverständigen, die Erwerbung der ganzen Sammlung abgelehnt. Da nun
dem Besitzer eine andere deutsche Anstalt, welche zugleich den Wunsch und
die Mittel zum Ankauf besaß, nicht bekannt war, entschloß er sich zur öffent¬
lichen Versteigerung der Sammlung und versendete den Katalog.

Als hierdurch die Absicht des Verkaufs allgemeiner bekannt geworden
war, bewarben sich nahezu gleichzeitig das Germanische Museum zu Nürn¬
berg und die Kaiserliche Bibliothek zu Straßburg um den Besitz der ganzen
Sammlung. T. O. Weigel wies jetzt jedoch die ihm gemachten Anerbietungen
mit Rücksicht auf die bereits festgesetzte und publicirte Auction und auf mehrere
bereits erfolgte, seine Erwartung weit übersteigenden Gebote, zurück, und es
kam daher in den Tagen vom 27. bis 29. Mai dieses Jahres zur Versteigerung
dieser in ihrer Art einzigen, für die Geschichte der deutschen Cultur so höchst
wichtigen Sammlung.

Diese Auction hat nicht nur in den für den Gegenstand sich interessiren-



") Gienzl'oder II. 1872. S. I9N—93.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128004"/>
          <p xml:id="ID_197" prev="#ID_196"> Zusammengehen der Schule mit dein Theater fortan unmöglich geworden.<lb/>
Von da an vertraute das Theater seiner eigenen Kraft und löste unter großer<lb/>
Anstrengung und zum Vollenden seines Ruhmes auch die zweite Aufgabe, die<lb/>
Ausbildung der Oper.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_198"> So war es auf allen Gebieten des Lebens rüstig vorwärts gegangen,<lb/>
und wenn, wie wir hie und da betonten, Weimars Culturentwickelung ver¬<lb/>
hältnißmäßig spät einsetzte, so nahm sie einen ungleich höhern und kräftigeren<lb/>
Flug, der nicht allein die Stadt und ihre Bewohner in ihren engen Mauern<lb/>
gefördert, sondern der, was seine höchsten Leistungen anlangt, die Welt in<lb/>
Bewegung setzte und Weimars Namen unsterblich gemacht hat.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Kesultate des Verkaufs voll H. H. Weigel's<lb/>
Sammlung.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_199"> Wenn auch die frühere Mittheilung der Grenzboten') über die damals<lb/>
zum Verkauf stehende berühmte T. O. Weigel'sche Sammlung von frühesten<lb/>
Erzeugnissen der Druckerkunst ihren Zweck, nämlich die Erhaltung der großen<lb/>
Sammlung für Deutschland, nicht erreicht hat, so ist sie doch nicht ohne<lb/>
wichtige, für uns erfreuliche Resultate geblieben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_200"> Der Besitzer der Sammlung hatte dieselbe um 50,000 Thaler dem Ber¬<lb/>
liner Museum zum Kauf angeboten. In Berlin jedoch hatte man, trotz des<lb/>
den Ankauf empfehlenden Gutachtens eines zu dem Zweck nach Leipzig gesendeten<lb/>
Sachverständigen, die Erwerbung der ganzen Sammlung abgelehnt. Da nun<lb/>
dem Besitzer eine andere deutsche Anstalt, welche zugleich den Wunsch und<lb/>
die Mittel zum Ankauf besaß, nicht bekannt war, entschloß er sich zur öffent¬<lb/>
lichen Versteigerung der Sammlung und versendete den Katalog.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_201"> Als hierdurch die Absicht des Verkaufs allgemeiner bekannt geworden<lb/>
war, bewarben sich nahezu gleichzeitig das Germanische Museum zu Nürn¬<lb/>
berg und die Kaiserliche Bibliothek zu Straßburg um den Besitz der ganzen<lb/>
Sammlung. T. O. Weigel wies jetzt jedoch die ihm gemachten Anerbietungen<lb/>
mit Rücksicht auf die bereits festgesetzte und publicirte Auction und auf mehrere<lb/>
bereits erfolgte, seine Erwartung weit übersteigenden Gebote, zurück, und es<lb/>
kam daher in den Tagen vom 27. bis 29. Mai dieses Jahres zur Versteigerung<lb/>
dieser in ihrer Art einzigen, für die Geschichte der deutschen Cultur so höchst<lb/>
wichtigen Sammlung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_202" next="#ID_203"> Diese Auction hat nicht nur in den für den Gegenstand sich interessiren-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_15" place="foot"> ") Gienzl'oder II. 1872. S. I9N&#x2014;93.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] Zusammengehen der Schule mit dein Theater fortan unmöglich geworden. Von da an vertraute das Theater seiner eigenen Kraft und löste unter großer Anstrengung und zum Vollenden seines Ruhmes auch die zweite Aufgabe, die Ausbildung der Oper. So war es auf allen Gebieten des Lebens rüstig vorwärts gegangen, und wenn, wie wir hie und da betonten, Weimars Culturentwickelung ver¬ hältnißmäßig spät einsetzte, so nahm sie einen ungleich höhern und kräftigeren Flug, der nicht allein die Stadt und ihre Bewohner in ihren engen Mauern gefördert, sondern der, was seine höchsten Leistungen anlangt, die Welt in Bewegung setzte und Weimars Namen unsterblich gemacht hat. Die Kesultate des Verkaufs voll H. H. Weigel's Sammlung. Wenn auch die frühere Mittheilung der Grenzboten') über die damals zum Verkauf stehende berühmte T. O. Weigel'sche Sammlung von frühesten Erzeugnissen der Druckerkunst ihren Zweck, nämlich die Erhaltung der großen Sammlung für Deutschland, nicht erreicht hat, so ist sie doch nicht ohne wichtige, für uns erfreuliche Resultate geblieben. Der Besitzer der Sammlung hatte dieselbe um 50,000 Thaler dem Ber¬ liner Museum zum Kauf angeboten. In Berlin jedoch hatte man, trotz des den Ankauf empfehlenden Gutachtens eines zu dem Zweck nach Leipzig gesendeten Sachverständigen, die Erwerbung der ganzen Sammlung abgelehnt. Da nun dem Besitzer eine andere deutsche Anstalt, welche zugleich den Wunsch und die Mittel zum Ankauf besaß, nicht bekannt war, entschloß er sich zur öffent¬ lichen Versteigerung der Sammlung und versendete den Katalog. Als hierdurch die Absicht des Verkaufs allgemeiner bekannt geworden war, bewarben sich nahezu gleichzeitig das Germanische Museum zu Nürn¬ berg und die Kaiserliche Bibliothek zu Straßburg um den Besitz der ganzen Sammlung. T. O. Weigel wies jetzt jedoch die ihm gemachten Anerbietungen mit Rücksicht auf die bereits festgesetzte und publicirte Auction und auf mehrere bereits erfolgte, seine Erwartung weit übersteigenden Gebote, zurück, und es kam daher in den Tagen vom 27. bis 29. Mai dieses Jahres zur Versteigerung dieser in ihrer Art einzigen, für die Geschichte der deutschen Cultur so höchst wichtigen Sammlung. Diese Auction hat nicht nur in den für den Gegenstand sich interessiren- ") Gienzl'oder II. 1872. S. I9N—93.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/76>, abgerufen am 24.08.2024.