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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Auch draußen auf dem Klosterhöfe herrscht Abendruhe. Gern verweilt
unser Blick noch auf dem Aeußern der Klosterruine. In reichem Schmuck
von Lissenen erheben sich die Giebel des Querschiffes; elf schmale, sein geformte
Fenster mit wohlerhaltenen Maßwerk längs des Hauptschiffes entsprechen den
zwölf Pfeilern im Innern. Von den nur zur halben Höhe des Mittel¬
gewölbes aufsteigenden Seitenschiffen fehlt das südliche ganz, hohe Bäume
schmiegen sich traulich in die Ecken des Gebäudes.

An Kloster Chorin grenzt das heutige Amt Chorin. Wirthschaftliche
Rücksichten haben auch hier die erste Zerstörung der Klostergebäude veranlaßt,
erst Friedrich Wilhelm IV. hat als Kronprinz der Verwüstung Einhalt gethan.
Die Geschichte des Klosters ist dieselbe wie die Lehnins. In den Kämpfen
der Quitzow's tritt es handelnd und leidend auf, -- noch wird auf der Feldmark
eine Stelle gezeigt, wo der Abt und Dietrich Quitzow zusammenkamen, -- dann
erfolgte 1S43 unter dem greisen Abt Brixius die Secularisation, die steinernen
Heiligenbilder, und Denkmäler wurden zerschlagen, die Kleinodien wanderten
in's Domstift zu Berlin, der Altar kam nach dem Dorfe Chorinchen. Kur¬
fürstliche Amtleute schlugen nun ihr Quartier in dem Abteigebäude auf,
Mitglieder der Familien Köckeritz, Mörner, Arnim und Sparr. Gänzlich
verödete das Amt im 30jährigen Kriege durch die Durchzüge kaiserlicher und
schwedischer Soldaten. Im 18. Jahrhundert setzte man Invaliden in die
Mönchszellen, die ehrwürdige Kirche wurde zum Theil abgerissen, ihre Kapellen
wurden zu Viehställen benutzt. Die Gestalten und Thaten der Vergangenheit
waren ja in dieser Zeit zu leeren Schatten verschwommen, unsere ganze ältere
Geschichte war ein bei Seite geworfenes, vergessenes Buch. Das ist nun
anders geworden; die alten Herrscherstehen uns wieder lebendiger vor Augen,
aber zerstört trauern ihre Grabstätten über den Untergang des herrlichen
Geschlechtes, das sie erbaute. Die Pracht dieser schlanken Säulen, diese kühn
gespannten Gewölbe, diese Fenster mit dem prächtigen gothischen Ornament
geben uns Kunde von dem Glanz der Ballenstädter, diese zerstörten Giebel,
diese zertrümmerten, Kreuzgänge erzählen aber auch von den Stürmen, welche
an diesen stillen Stätten vorüberbrausten.




pariser Ariefe.
Die Deutschen in Paris seit dem Frieden.

Ist es ein Bayer oder ein Oesterreicher, der La dz^arme prussisime ge¬
schrieben hat? Herr Zeller im Moniteur universel ist über die Schrift ent-


Auch draußen auf dem Klosterhöfe herrscht Abendruhe. Gern verweilt
unser Blick noch auf dem Aeußern der Klosterruine. In reichem Schmuck
von Lissenen erheben sich die Giebel des Querschiffes; elf schmale, sein geformte
Fenster mit wohlerhaltenen Maßwerk längs des Hauptschiffes entsprechen den
zwölf Pfeilern im Innern. Von den nur zur halben Höhe des Mittel¬
gewölbes aufsteigenden Seitenschiffen fehlt das südliche ganz, hohe Bäume
schmiegen sich traulich in die Ecken des Gebäudes.

An Kloster Chorin grenzt das heutige Amt Chorin. Wirthschaftliche
Rücksichten haben auch hier die erste Zerstörung der Klostergebäude veranlaßt,
erst Friedrich Wilhelm IV. hat als Kronprinz der Verwüstung Einhalt gethan.
Die Geschichte des Klosters ist dieselbe wie die Lehnins. In den Kämpfen
der Quitzow's tritt es handelnd und leidend auf, — noch wird auf der Feldmark
eine Stelle gezeigt, wo der Abt und Dietrich Quitzow zusammenkamen, — dann
erfolgte 1S43 unter dem greisen Abt Brixius die Secularisation, die steinernen
Heiligenbilder, und Denkmäler wurden zerschlagen, die Kleinodien wanderten
in's Domstift zu Berlin, der Altar kam nach dem Dorfe Chorinchen. Kur¬
fürstliche Amtleute schlugen nun ihr Quartier in dem Abteigebäude auf,
Mitglieder der Familien Köckeritz, Mörner, Arnim und Sparr. Gänzlich
verödete das Amt im 30jährigen Kriege durch die Durchzüge kaiserlicher und
schwedischer Soldaten. Im 18. Jahrhundert setzte man Invaliden in die
Mönchszellen, die ehrwürdige Kirche wurde zum Theil abgerissen, ihre Kapellen
wurden zu Viehställen benutzt. Die Gestalten und Thaten der Vergangenheit
waren ja in dieser Zeit zu leeren Schatten verschwommen, unsere ganze ältere
Geschichte war ein bei Seite geworfenes, vergessenes Buch. Das ist nun
anders geworden; die alten Herrscherstehen uns wieder lebendiger vor Augen,
aber zerstört trauern ihre Grabstätten über den Untergang des herrlichen
Geschlechtes, das sie erbaute. Die Pracht dieser schlanken Säulen, diese kühn
gespannten Gewölbe, diese Fenster mit dem prächtigen gothischen Ornament
geben uns Kunde von dem Glanz der Ballenstädter, diese zerstörten Giebel,
diese zertrümmerten, Kreuzgänge erzählen aber auch von den Stürmen, welche
an diesen stillen Stätten vorüberbrausten.




pariser Ariefe.
Die Deutschen in Paris seit dem Frieden.

Ist es ein Bayer oder ein Oesterreicher, der La dz^arme prussisime ge¬
schrieben hat? Herr Zeller im Moniteur universel ist über die Schrift ent-


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[0428] Auch draußen auf dem Klosterhöfe herrscht Abendruhe. Gern verweilt unser Blick noch auf dem Aeußern der Klosterruine. In reichem Schmuck von Lissenen erheben sich die Giebel des Querschiffes; elf schmale, sein geformte Fenster mit wohlerhaltenen Maßwerk längs des Hauptschiffes entsprechen den zwölf Pfeilern im Innern. Von den nur zur halben Höhe des Mittel¬ gewölbes aufsteigenden Seitenschiffen fehlt das südliche ganz, hohe Bäume schmiegen sich traulich in die Ecken des Gebäudes. An Kloster Chorin grenzt das heutige Amt Chorin. Wirthschaftliche Rücksichten haben auch hier die erste Zerstörung der Klostergebäude veranlaßt, erst Friedrich Wilhelm IV. hat als Kronprinz der Verwüstung Einhalt gethan. Die Geschichte des Klosters ist dieselbe wie die Lehnins. In den Kämpfen der Quitzow's tritt es handelnd und leidend auf, — noch wird auf der Feldmark eine Stelle gezeigt, wo der Abt und Dietrich Quitzow zusammenkamen, — dann erfolgte 1S43 unter dem greisen Abt Brixius die Secularisation, die steinernen Heiligenbilder, und Denkmäler wurden zerschlagen, die Kleinodien wanderten in's Domstift zu Berlin, der Altar kam nach dem Dorfe Chorinchen. Kur¬ fürstliche Amtleute schlugen nun ihr Quartier in dem Abteigebäude auf, Mitglieder der Familien Köckeritz, Mörner, Arnim und Sparr. Gänzlich verödete das Amt im 30jährigen Kriege durch die Durchzüge kaiserlicher und schwedischer Soldaten. Im 18. Jahrhundert setzte man Invaliden in die Mönchszellen, die ehrwürdige Kirche wurde zum Theil abgerissen, ihre Kapellen wurden zu Viehställen benutzt. Die Gestalten und Thaten der Vergangenheit waren ja in dieser Zeit zu leeren Schatten verschwommen, unsere ganze ältere Geschichte war ein bei Seite geworfenes, vergessenes Buch. Das ist nun anders geworden; die alten Herrscherstehen uns wieder lebendiger vor Augen, aber zerstört trauern ihre Grabstätten über den Untergang des herrlichen Geschlechtes, das sie erbaute. Die Pracht dieser schlanken Säulen, diese kühn gespannten Gewölbe, diese Fenster mit dem prächtigen gothischen Ornament geben uns Kunde von dem Glanz der Ballenstädter, diese zerstörten Giebel, diese zertrümmerten, Kreuzgänge erzählen aber auch von den Stürmen, welche an diesen stillen Stätten vorüberbrausten. pariser Ariefe. Die Deutschen in Paris seit dem Frieden. Ist es ein Bayer oder ein Oesterreicher, der La dz^arme prussisime ge¬ schrieben hat? Herr Zeller im Moniteur universel ist über die Schrift ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/428>, abgerufen am 22.07.2024.