Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Aas höhere Schulwesen in Sachsen.
statistisches. Obere Leitung. Begriff der höheren Schule.

Der sächsische Cultusminister, Herr von Falken sie in, hat sich nach
18jähriger Verwaltung seines Ministeriums in den verdienten Ruhestand
zurückgezogen. Auch sein erster Rath, Herr Dr. Hubel, welcher seit fast
40 Jahren dem Cultusministerium angehört hat, wird nach officiösen An¬
deutungen diesem Beispiele folgen. Es würde voreilig sein, schon jetzt ein
vollständiges Bild von dem entwerfen zu wollen, was das Ministerium Fal¬
ken se ein auf dem Gebiete des sächsischen Kirchen- und Schulwesens gelei¬
stet hat. Bekanntlich hat bereits die Universität Leipzig Herrn von Fal¬
ken se ein durch eine Deputation ihr Bedauern über seinen Rücktritt aus¬
drücken lassen und dabei rühmend alles dessen gedacht, was derselbe für die
Landesuniversität gethan hat. Und in der That hat letztere auch alle Ursache
zum Danke, da sie nicht mit Unrecht das Schooßkind des Cultusministeriums
genannt zu werden pflegte. Gewiß wird sich Jedermann auch schon darüber
freuen, wenn für die Pflege der Wissenschaft von Seiten der Regierung mit
vollen Händen gesorgt wird. Nur muß dabei die Bedingung gestellt werden,
daß die anderen Zweige des öffentlichen Unterrichts in gleichem
Verhältniß wie die Universität gefördert, daß nicht ein solches "Schooßkind"
mit einseitiger Vorliebe gehegt und gepflegt werde, während andere Gebiete
über eine gewisse Vernachlässigung zu klagen haben. Dies letztere gilt zunächst
von dem höheren Schulwesen (Gymnasien und Realschulen) in Sachsen,
und es soll Aufgabe der nachfolgenden Blätter sein, den gegenwärtigen Stand
desselben kurz zu kennzeichnen, und nachzuweisen, daß dasselbe fortan einer
ganz besonderen Fürsorge von Seiten des Cultusministeriums bedarf, wenn
es mit dem Aufschwung der Landesuniversität und mit der Entwickelung des
Schulwesens in den übrigen deutschen Staaten gleichen Schritt halten soll.

I. statistisches.

Sehen wir auf die Summen, welche einerseits für
die Universität Leipzig, andrerseits für die Gymnasien und Realschulen des ganzen
Landes verwendet werden, so scheinen diese nicht in dem richtige" Verhältniß


Glenjlx'den II. 1571. 81
Aas höhere Schulwesen in Sachsen.
statistisches. Obere Leitung. Begriff der höheren Schule.

Der sächsische Cultusminister, Herr von Falken sie in, hat sich nach
18jähriger Verwaltung seines Ministeriums in den verdienten Ruhestand
zurückgezogen. Auch sein erster Rath, Herr Dr. Hubel, welcher seit fast
40 Jahren dem Cultusministerium angehört hat, wird nach officiösen An¬
deutungen diesem Beispiele folgen. Es würde voreilig sein, schon jetzt ein
vollständiges Bild von dem entwerfen zu wollen, was das Ministerium Fal¬
ken se ein auf dem Gebiete des sächsischen Kirchen- und Schulwesens gelei¬
stet hat. Bekanntlich hat bereits die Universität Leipzig Herrn von Fal¬
ken se ein durch eine Deputation ihr Bedauern über seinen Rücktritt aus¬
drücken lassen und dabei rühmend alles dessen gedacht, was derselbe für die
Landesuniversität gethan hat. Und in der That hat letztere auch alle Ursache
zum Danke, da sie nicht mit Unrecht das Schooßkind des Cultusministeriums
genannt zu werden pflegte. Gewiß wird sich Jedermann auch schon darüber
freuen, wenn für die Pflege der Wissenschaft von Seiten der Regierung mit
vollen Händen gesorgt wird. Nur muß dabei die Bedingung gestellt werden,
daß die anderen Zweige des öffentlichen Unterrichts in gleichem
Verhältniß wie die Universität gefördert, daß nicht ein solches „Schooßkind"
mit einseitiger Vorliebe gehegt und gepflegt werde, während andere Gebiete
über eine gewisse Vernachlässigung zu klagen haben. Dies letztere gilt zunächst
von dem höheren Schulwesen (Gymnasien und Realschulen) in Sachsen,
und es soll Aufgabe der nachfolgenden Blätter sein, den gegenwärtigen Stand
desselben kurz zu kennzeichnen, und nachzuweisen, daß dasselbe fortan einer
ganz besonderen Fürsorge von Seiten des Cultusministeriums bedarf, wenn
es mit dem Aufschwung der Landesuniversität und mit der Entwickelung des
Schulwesens in den übrigen deutschen Staaten gleichen Schritt halten soll.

I. statistisches.

Sehen wir auf die Summen, welche einerseits für
die Universität Leipzig, andrerseits für die Gymnasien und Realschulen des ganzen
Landes verwendet werden, so scheinen diese nicht in dem richtige» Verhältniß


Glenjlx'den II. 1571. 81
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0089" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192389"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aas höhere Schulwesen in Sachsen.<lb/>
statistisches. Obere Leitung.  Begriff der höheren Schule.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_315"> Der sächsische Cultusminister, Herr von Falken sie in, hat sich nach<lb/>
18jähriger Verwaltung seines Ministeriums in den verdienten Ruhestand<lb/>
zurückgezogen. Auch sein erster Rath, Herr Dr. Hubel, welcher seit fast<lb/>
40 Jahren dem Cultusministerium angehört hat, wird nach officiösen An¬<lb/>
deutungen diesem Beispiele folgen. Es würde voreilig sein, schon jetzt ein<lb/>
vollständiges Bild von dem entwerfen zu wollen, was das Ministerium Fal¬<lb/>
ken se ein auf dem Gebiete des sächsischen Kirchen- und Schulwesens gelei¬<lb/>
stet hat. Bekanntlich hat bereits die Universität Leipzig Herrn von Fal¬<lb/>
ken se ein durch eine Deputation ihr Bedauern über seinen Rücktritt aus¬<lb/>
drücken lassen und dabei rühmend alles dessen gedacht, was derselbe für die<lb/>
Landesuniversität gethan hat. Und in der That hat letztere auch alle Ursache<lb/>
zum Danke, da sie nicht mit Unrecht das Schooßkind des Cultusministeriums<lb/>
genannt zu werden pflegte. Gewiß wird sich Jedermann auch schon darüber<lb/>
freuen, wenn für die Pflege der Wissenschaft von Seiten der Regierung mit<lb/>
vollen Händen gesorgt wird. Nur muß dabei die Bedingung gestellt werden,<lb/>
daß die anderen Zweige des öffentlichen Unterrichts in gleichem<lb/>
Verhältniß wie die Universität gefördert, daß nicht ein solches &#x201E;Schooßkind"<lb/>
mit einseitiger Vorliebe gehegt und gepflegt werde, während andere Gebiete<lb/>
über eine gewisse Vernachlässigung zu klagen haben. Dies letztere gilt zunächst<lb/>
von dem höheren Schulwesen (Gymnasien und Realschulen) in Sachsen,<lb/>
und es soll Aufgabe der nachfolgenden Blätter sein, den gegenwärtigen Stand<lb/>
desselben kurz zu kennzeichnen, und nachzuweisen, daß dasselbe fortan einer<lb/>
ganz besonderen Fürsorge von Seiten des Cultusministeriums bedarf, wenn<lb/>
es mit dem Aufschwung der Landesuniversität und mit der Entwickelung des<lb/>
Schulwesens in den übrigen deutschen Staaten gleichen Schritt halten soll.</p><lb/>
          <div n="2">
            <head> I. statistisches.</head>
            <p xml:id="ID_316" next="#ID_317"> Sehen wir auf die Summen, welche einerseits für<lb/>
die Universität Leipzig, andrerseits für die Gymnasien und Realschulen des ganzen<lb/>
Landes verwendet werden, so scheinen diese nicht in dem richtige» Verhältniß</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Glenjlx'den II. 1571. 81</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0089] Aas höhere Schulwesen in Sachsen. statistisches. Obere Leitung. Begriff der höheren Schule. Der sächsische Cultusminister, Herr von Falken sie in, hat sich nach 18jähriger Verwaltung seines Ministeriums in den verdienten Ruhestand zurückgezogen. Auch sein erster Rath, Herr Dr. Hubel, welcher seit fast 40 Jahren dem Cultusministerium angehört hat, wird nach officiösen An¬ deutungen diesem Beispiele folgen. Es würde voreilig sein, schon jetzt ein vollständiges Bild von dem entwerfen zu wollen, was das Ministerium Fal¬ ken se ein auf dem Gebiete des sächsischen Kirchen- und Schulwesens gelei¬ stet hat. Bekanntlich hat bereits die Universität Leipzig Herrn von Fal¬ ken se ein durch eine Deputation ihr Bedauern über seinen Rücktritt aus¬ drücken lassen und dabei rühmend alles dessen gedacht, was derselbe für die Landesuniversität gethan hat. Und in der That hat letztere auch alle Ursache zum Danke, da sie nicht mit Unrecht das Schooßkind des Cultusministeriums genannt zu werden pflegte. Gewiß wird sich Jedermann auch schon darüber freuen, wenn für die Pflege der Wissenschaft von Seiten der Regierung mit vollen Händen gesorgt wird. Nur muß dabei die Bedingung gestellt werden, daß die anderen Zweige des öffentlichen Unterrichts in gleichem Verhältniß wie die Universität gefördert, daß nicht ein solches „Schooßkind" mit einseitiger Vorliebe gehegt und gepflegt werde, während andere Gebiete über eine gewisse Vernachlässigung zu klagen haben. Dies letztere gilt zunächst von dem höheren Schulwesen (Gymnasien und Realschulen) in Sachsen, und es soll Aufgabe der nachfolgenden Blätter sein, den gegenwärtigen Stand desselben kurz zu kennzeichnen, und nachzuweisen, daß dasselbe fortan einer ganz besonderen Fürsorge von Seiten des Cultusministeriums bedarf, wenn es mit dem Aufschwung der Landesuniversität und mit der Entwickelung des Schulwesens in den übrigen deutschen Staaten gleichen Schritt halten soll. I. statistisches. Sehen wir auf die Summen, welche einerseits für die Universität Leipzig, andrerseits für die Gymnasien und Realschulen des ganzen Landes verwendet werden, so scheinen diese nicht in dem richtige» Verhältniß Glenjlx'den II. 1571. 81

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/89
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/89>, abgerufen am 05.02.2025.