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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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einen Protest dagegen, da das Verfahren eines herrschsüchtigen Ministers alle
Discussion ins Stocken bringe. Granville führt dagegen Präcedenzfälle an,
worauf Salisbury ihm erwidert, man kenne den Dictator, unter welchem
Granville diene, dies herrschsüchtige Ministerium habe die Prärogative der
Krone mißbraucht. Das Richmondsche Tadelsvotum gegen die Regierung
wurde mit 162 gegen 82 Stimmen angenommen.

Nachdem die Lords ihrem Unwillen Luft gemacht hatten, ohne daß das
Votum eine weitere Folge hatte, da der königliche Befehl bestehen blieb,
wurde die zweite Lesung der übrigen Bestimmungen der Bill einstimmig vor¬
genommen und am S. August erfolgte auch die dritte, sodaß die Session nicht
als resultatlos, wie man befürchtet hatte, betrachtet werden kann. Die vom
Oberhause angenommenen Amendements dazu genehmigte schließlich nach leb¬
haften Debatten und Mißfallensäußerungen gegen das Ministerium über das
Hereinziehen der Prärogative der Krone auch das Unterhaus.

Eine große Menge von Vorlagen und Anträgen, welche bei der Sprech¬
lust über die dargestellten Gegenstände liegen geblieben waren, -- allein 70 Ab¬
stimmungen machte die Debatte über die Ballotbill (geheime Abstimmung bei
den Wahlen) erforderlich und alle diese Mühe wurde durch die Ablehnung
der Bill im Oberhause vergeblich -- wurden nun im Fluge erledigt, damit
eine Herbstsession vermieden werde. Am 21. August wurde diese merkwürdige
Carl Schmeidler. Sitzungsperiode geschlossen.




Ion Morenz nach Kom. V. (Itsstst).
Von Dr. Hans Semper.

Nach einstündiger Eisenbahnfahrt sahen wir Assise vor uns, in schmaler
langer Linie an der Mitte eines zweitausend Fuß hohen Berges sich hin¬
ziehen. Anfangs durch eine blühende Ebene, dann auf luftiger Straße am
Abhang hinauf, führte uns der Omnibus vollends hin. Welch ein unbe¬
schreiblich malerisches Bild von fern wie in der Nähe!

Zur äußersten Linken sehen wir auf mächtigen Substructionen von meh¬
reren Bogenreihen über einander die berühmte Doppelkirche mit den anstoßen¬
den Klöstern des heiligen Francesco über die Felsen hinausragen; hoch über
der Stadt auf dem Berggipfel thronen die malerischen Massen des Castells;
an verschiedenen Stellen ragen aus den mittelalterlichen Wohngebäuden Thürme
und Kirchenrumpfe hervor. Jetzt langt der Wagen vor den mächtigen, alten


einen Protest dagegen, da das Verfahren eines herrschsüchtigen Ministers alle
Discussion ins Stocken bringe. Granville führt dagegen Präcedenzfälle an,
worauf Salisbury ihm erwidert, man kenne den Dictator, unter welchem
Granville diene, dies herrschsüchtige Ministerium habe die Prärogative der
Krone mißbraucht. Das Richmondsche Tadelsvotum gegen die Regierung
wurde mit 162 gegen 82 Stimmen angenommen.

Nachdem die Lords ihrem Unwillen Luft gemacht hatten, ohne daß das
Votum eine weitere Folge hatte, da der königliche Befehl bestehen blieb,
wurde die zweite Lesung der übrigen Bestimmungen der Bill einstimmig vor¬
genommen und am S. August erfolgte auch die dritte, sodaß die Session nicht
als resultatlos, wie man befürchtet hatte, betrachtet werden kann. Die vom
Oberhause angenommenen Amendements dazu genehmigte schließlich nach leb¬
haften Debatten und Mißfallensäußerungen gegen das Ministerium über das
Hereinziehen der Prärogative der Krone auch das Unterhaus.

Eine große Menge von Vorlagen und Anträgen, welche bei der Sprech¬
lust über die dargestellten Gegenstände liegen geblieben waren, — allein 70 Ab¬
stimmungen machte die Debatte über die Ballotbill (geheime Abstimmung bei
den Wahlen) erforderlich und alle diese Mühe wurde durch die Ablehnung
der Bill im Oberhause vergeblich — wurden nun im Fluge erledigt, damit
eine Herbstsession vermieden werde. Am 21. August wurde diese merkwürdige
Carl Schmeidler. Sitzungsperiode geschlossen.




Ion Morenz nach Kom. V. (Itsstst).
Von Dr. Hans Semper.

Nach einstündiger Eisenbahnfahrt sahen wir Assise vor uns, in schmaler
langer Linie an der Mitte eines zweitausend Fuß hohen Berges sich hin¬
ziehen. Anfangs durch eine blühende Ebene, dann auf luftiger Straße am
Abhang hinauf, führte uns der Omnibus vollends hin. Welch ein unbe¬
schreiblich malerisches Bild von fern wie in der Nähe!

Zur äußersten Linken sehen wir auf mächtigen Substructionen von meh¬
reren Bogenreihen über einander die berühmte Doppelkirche mit den anstoßen¬
den Klöstern des heiligen Francesco über die Felsen hinausragen; hoch über
der Stadt auf dem Berggipfel thronen die malerischen Massen des Castells;
an verschiedenen Stellen ragen aus den mittelalterlichen Wohngebäuden Thürme
und Kirchenrumpfe hervor. Jetzt langt der Wagen vor den mächtigen, alten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/467>, abgerufen am 24.07.2024.