Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

jeder Kriegführende könnte sich, wenn er zur Durchsuchung schreitet, darauf
berufen, das Kauffahrteischiff sei ihm verdächtig erschienen.

Lammers und Schumacher -- Beide wollen das Blokaderecht nicht auf¬
gegeben wissen; aber sie fordern Garantieen für die Effectivität der Blokade.
Ueber die Schwierigkeit der Erfüllung dieser Forderung kommt man hinweg,
wenn man das Blokaderecht an sich unverändert bestehen läßt, aber es der
Bestimmung entkleidet, die es sehr erklärlicher Weise so lange behauptet hat,
als die Schädigung des Privateigenthums zur See noch als eine erlaubte
Waffe angesehen wurde.

Die oben formulirten Forderungen gehen im Erfolg so weit als man
gehen kann, wenn man sich von dem Grundsatze leiten läßt, das Kriegsrecht
dürfe den Kriegführenden nur innerhalb des Zweckes der Kriegführung liegende
Mittel der Action gestatten. Und doch vermitteln sie wiederum, wie mich
dünkt, in einer dem Gange der bisherigen Seerechts-Agitation vollkommen
entsprechenden Weise.

Möchte mir gelungen sein, im Borstehenden ein bescheidenes Scherflein
zur Aufklärung der öffentlichen Meinung über den hochwichtigen und zur
Zeit vielverhandelten Gegenstand des Themas dieser Abhandlung beigetragen,
und vielleicht den Verhandlungen des deutschen nautischen Vereins, dieses an¬
gesehenen und verdienstvollen Vertreters deutscher nautischer Interessen, welcher
sich vor kurzem mit demselben Gegenstand beschäftigt hat einiges brauchbare
,
A. Emminghaus. Material dargeboten zu haben.




Dom deutschen Keichstage.

Das wiedererstandene Reich und seine Verfassung sind die Frucht so
langjähriger und anhaltender Anstrengungen der besten Kräfte des deutschen
Volkes und zuletzt so selten großartiger Ereignisse, daß der Glaube so allge¬
mein verbreitet wie berechtigt ist: in den Bahnen, wie sie diese Verfassung
einschlägt, werde das deutsche Volksleben während einer unabsehbaren Zeit
sich bewegen; es werde sich diese Grundlage seiner Zukunft um keinen Preis
und durch keine Gewalt wieder entreißen lassen. Ebenso verbreitet und ebenso
berechtigt ist aber das Gefühl, daß diese Grundlage verschiedene Möglichkeiten
der künftigen Entwickelung zuläßt. Die wahrhafte, lebendige und energische
Gemeinsamkeit der Entwickelung, wie sie die Reichsverfassung durch die
Schaffung der großen Centralorgane gewährleistet, wird das deutsche Volk


jeder Kriegführende könnte sich, wenn er zur Durchsuchung schreitet, darauf
berufen, das Kauffahrteischiff sei ihm verdächtig erschienen.

Lammers und Schumacher — Beide wollen das Blokaderecht nicht auf¬
gegeben wissen; aber sie fordern Garantieen für die Effectivität der Blokade.
Ueber die Schwierigkeit der Erfüllung dieser Forderung kommt man hinweg,
wenn man das Blokaderecht an sich unverändert bestehen läßt, aber es der
Bestimmung entkleidet, die es sehr erklärlicher Weise so lange behauptet hat,
als die Schädigung des Privateigenthums zur See noch als eine erlaubte
Waffe angesehen wurde.

Die oben formulirten Forderungen gehen im Erfolg so weit als man
gehen kann, wenn man sich von dem Grundsatze leiten läßt, das Kriegsrecht
dürfe den Kriegführenden nur innerhalb des Zweckes der Kriegführung liegende
Mittel der Action gestatten. Und doch vermitteln sie wiederum, wie mich
dünkt, in einer dem Gange der bisherigen Seerechts-Agitation vollkommen
entsprechenden Weise.

Möchte mir gelungen sein, im Borstehenden ein bescheidenes Scherflein
zur Aufklärung der öffentlichen Meinung über den hochwichtigen und zur
Zeit vielverhandelten Gegenstand des Themas dieser Abhandlung beigetragen,
und vielleicht den Verhandlungen des deutschen nautischen Vereins, dieses an¬
gesehenen und verdienstvollen Vertreters deutscher nautischer Interessen, welcher
sich vor kurzem mit demselben Gegenstand beschäftigt hat einiges brauchbare
,
A. Emminghaus. Material dargeboten zu haben.




Dom deutschen Keichstage.

Das wiedererstandene Reich und seine Verfassung sind die Frucht so
langjähriger und anhaltender Anstrengungen der besten Kräfte des deutschen
Volkes und zuletzt so selten großartiger Ereignisse, daß der Glaube so allge¬
mein verbreitet wie berechtigt ist: in den Bahnen, wie sie diese Verfassung
einschlägt, werde das deutsche Volksleben während einer unabsehbaren Zeit
sich bewegen; es werde sich diese Grundlage seiner Zukunft um keinen Preis
und durch keine Gewalt wieder entreißen lassen. Ebenso verbreitet und ebenso
berechtigt ist aber das Gefühl, daß diese Grundlage verschiedene Möglichkeiten
der künftigen Entwickelung zuläßt. Die wahrhafte, lebendige und energische
Gemeinsamkeit der Entwickelung, wie sie die Reichsverfassung durch die
Schaffung der großen Centralorgane gewährleistet, wird das deutsche Volk


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0068" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125850"/>
          <p xml:id="ID_192" prev="#ID_191"> jeder Kriegführende könnte sich, wenn er zur Durchsuchung schreitet, darauf<lb/>
berufen, das Kauffahrteischiff sei ihm verdächtig erschienen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_193"> Lammers und Schumacher &#x2014; Beide wollen das Blokaderecht nicht auf¬<lb/>
gegeben wissen; aber sie fordern Garantieen für die Effectivität der Blokade.<lb/>
Ueber die Schwierigkeit der Erfüllung dieser Forderung kommt man hinweg,<lb/>
wenn man das Blokaderecht an sich unverändert bestehen läßt, aber es der<lb/>
Bestimmung entkleidet, die es sehr erklärlicher Weise so lange behauptet hat,<lb/>
als die Schädigung des Privateigenthums zur See noch als eine erlaubte<lb/>
Waffe angesehen wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_194"> Die oben formulirten Forderungen gehen im Erfolg so weit als man<lb/>
gehen kann, wenn man sich von dem Grundsatze leiten läßt, das Kriegsrecht<lb/>
dürfe den Kriegführenden nur innerhalb des Zweckes der Kriegführung liegende<lb/>
Mittel der Action gestatten. Und doch vermitteln sie wiederum, wie mich<lb/>
dünkt, in einer dem Gange der bisherigen Seerechts-Agitation vollkommen<lb/>
entsprechenden Weise.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_195"> Möchte mir gelungen sein, im Borstehenden ein bescheidenes Scherflein<lb/>
zur Aufklärung der öffentlichen Meinung über den hochwichtigen und zur<lb/>
Zeit vielverhandelten Gegenstand des Themas dieser Abhandlung beigetragen,<lb/>
und vielleicht den Verhandlungen des deutschen nautischen Vereins, dieses an¬<lb/>
gesehenen und verdienstvollen Vertreters deutscher nautischer Interessen, welcher<lb/>
sich vor kurzem mit demselben Gegenstand beschäftigt hat einiges brauchbare<lb/><note type="byline"> ,<lb/>
A. Emminghaus.</note> Material dargeboten zu haben. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Dom deutschen Keichstage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_196" next="#ID_197"> Das wiedererstandene Reich und seine Verfassung sind die Frucht so<lb/>
langjähriger und anhaltender Anstrengungen der besten Kräfte des deutschen<lb/>
Volkes und zuletzt so selten großartiger Ereignisse, daß der Glaube so allge¬<lb/>
mein verbreitet wie berechtigt ist: in den Bahnen, wie sie diese Verfassung<lb/>
einschlägt, werde das deutsche Volksleben während einer unabsehbaren Zeit<lb/>
sich bewegen; es werde sich diese Grundlage seiner Zukunft um keinen Preis<lb/>
und durch keine Gewalt wieder entreißen lassen. Ebenso verbreitet und ebenso<lb/>
berechtigt ist aber das Gefühl, daß diese Grundlage verschiedene Möglichkeiten<lb/>
der künftigen Entwickelung zuläßt. Die wahrhafte, lebendige und energische<lb/>
Gemeinsamkeit der Entwickelung, wie sie die Reichsverfassung durch die<lb/>
Schaffung der großen Centralorgane gewährleistet, wird das deutsche Volk</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0068] jeder Kriegführende könnte sich, wenn er zur Durchsuchung schreitet, darauf berufen, das Kauffahrteischiff sei ihm verdächtig erschienen. Lammers und Schumacher — Beide wollen das Blokaderecht nicht auf¬ gegeben wissen; aber sie fordern Garantieen für die Effectivität der Blokade. Ueber die Schwierigkeit der Erfüllung dieser Forderung kommt man hinweg, wenn man das Blokaderecht an sich unverändert bestehen läßt, aber es der Bestimmung entkleidet, die es sehr erklärlicher Weise so lange behauptet hat, als die Schädigung des Privateigenthums zur See noch als eine erlaubte Waffe angesehen wurde. Die oben formulirten Forderungen gehen im Erfolg so weit als man gehen kann, wenn man sich von dem Grundsatze leiten läßt, das Kriegsrecht dürfe den Kriegführenden nur innerhalb des Zweckes der Kriegführung liegende Mittel der Action gestatten. Und doch vermitteln sie wiederum, wie mich dünkt, in einer dem Gange der bisherigen Seerechts-Agitation vollkommen entsprechenden Weise. Möchte mir gelungen sein, im Borstehenden ein bescheidenes Scherflein zur Aufklärung der öffentlichen Meinung über den hochwichtigen und zur Zeit vielverhandelten Gegenstand des Themas dieser Abhandlung beigetragen, und vielleicht den Verhandlungen des deutschen nautischen Vereins, dieses an¬ gesehenen und verdienstvollen Vertreters deutscher nautischer Interessen, welcher sich vor kurzem mit demselben Gegenstand beschäftigt hat einiges brauchbare , A. Emminghaus. Material dargeboten zu haben. Dom deutschen Keichstage. Das wiedererstandene Reich und seine Verfassung sind die Frucht so langjähriger und anhaltender Anstrengungen der besten Kräfte des deutschen Volkes und zuletzt so selten großartiger Ereignisse, daß der Glaube so allge¬ mein verbreitet wie berechtigt ist: in den Bahnen, wie sie diese Verfassung einschlägt, werde das deutsche Volksleben während einer unabsehbaren Zeit sich bewegen; es werde sich diese Grundlage seiner Zukunft um keinen Preis und durch keine Gewalt wieder entreißen lassen. Ebenso verbreitet und ebenso berechtigt ist aber das Gefühl, daß diese Grundlage verschiedene Möglichkeiten der künftigen Entwickelung zuläßt. Die wahrhafte, lebendige und energische Gemeinsamkeit der Entwickelung, wie sie die Reichsverfassung durch die Schaffung der großen Centralorgane gewährleistet, wird das deutsche Volk

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/68
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/68>, abgerufen am 27.12.2024.