Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Größe, und die Geschichte, die geschriebenen Denkmäler der ethischen Entwicklung Wie dem nun auch sein möge, trotz der vielfachen Widersprüche, die sich zwischen Satura. Composttionen von Buonaventura Genelli. In Umrissen ge¬ stochen von I. Merz, I. Schütz und A. Spies. Mit einem erläuternden Text herausgegeben von Dr. Max Jordan. Leipzig 1871. Verlagsbuchhandlung von Alphons Dürr. Indem diese neue Sammlung Genelli'scher Composttionen das Bild von des Grenzboten IV. 1L70. 65
Größe, und die Geschichte, die geschriebenen Denkmäler der ethischen Entwicklung Wie dem nun auch sein möge, trotz der vielfachen Widersprüche, die sich zwischen Satura. Composttionen von Buonaventura Genelli. In Umrissen ge¬ stochen von I. Merz, I. Schütz und A. Spies. Mit einem erläuternden Text herausgegeben von Dr. Max Jordan. Leipzig 1871. Verlagsbuchhandlung von Alphons Dürr. Indem diese neue Sammlung Genelli'scher Composttionen das Bild von des Grenzboten IV. 1L70. 65
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Größe, und die Geschichte, die geschriebenen Denkmäler der ethischen Entwicklung
des Menschengeschlechts, hatte, mit der Naturforschung verglichen, überhaupt nur ein
höchst untergeordnetes Interesse für den großen Künstler. Während die enthusia¬
stische Verehrung für die Natur, die lebhafteste Theilnahme an der Erforschung der¬
selben fast auf jeder Seite von Goethe's Werken und in jeder Periode sich aus¬
spricht, ja die Naturliebhaberei in den späteren Jahren selbst zum Steckenpferde sür
ihn wurde, finden wir nur höchst selten hie und da ein ethisch-historisches Interesse
berührt oder ausgesprochen, und selten in sympathischer Weise. Das „Pfui, ein
politisch Lied, ein leidig Lied" ist ganz aus Goethe's Seele geschrieben. Wird
Hettner auch in dieser Beziehung den „vollen und ganzen Menschen" in Goethe
sehen?
Wie dem nun auch sein möge, trotz der vielfachen Widersprüche, die sich zwischen
Hettner's Ansichten über Kunst, Poesie, Künstler, Literaten und den reich über die¬
selben mitgetheilten Thatsachen offenbaren; bei dem Schwankenden in seinen Ur¬
theilen, von denen oft das zweite das erste limitirt, um vom dritten restringirt und
vom vierten reformirt zu werden ; trotz der Diserepanz, die so häufig zwischen
Hettner's theoretischer Denkart und seiner poetischen Empfindungsweise sich geltend
macht, ist sein Buch doch ein vortreffliches, denn es ist überall aus genauester Kennt¬
niß und fleißigster Bewältigung des Stoffes hervorgegangen, überall, auch wo er
schwankt oder irrt, aus innigster Ueberzeugung und Empfindung des Dargestellten
geschrieben, und mit der geistigen Durchdringung des Stoffes verbindet sich überall
das Bestreben nach schöner anziehender Gestaltung in Form und Ausdruck. Wird
es dem Versasser in einer zweiten Auflage gelingen, den geistigen Inhalt seines
Gegenstandes tiefer zu durchdringen, sich von der noch immer vorwaltenden rationa¬
listischen Reflexion zur philosophisch-historischen Anschauungsweise zu erheben und
dadurch der mannichfaltigen Widersprüche und unconeisen Meinungen Herr zu wer¬
den, wird er endlich die häufigen Breiten und Ueberwucherungen, das mitunter Ab¬
springende seiner sonst so lebens- und gestaltungsvollen Darstellungsweise zu ver¬
meiden oder zu beschneiden wissen, so wird er durch den Fortschritt im Vergleich
zu sich selbst sich ein ebenso großes Verdienst erworben haben, wie jetzt im Vergleich
zu seinen Vorgängern.
Satura. Composttionen von Buonaventura Genelli. In Umrissen ge¬
stochen von I. Merz, I. Schütz und A. Spies. Mit einem erläuternden Text
herausgegeben von Dr. Max Jordan. Leipzig 1871. Verlagsbuchhandlung
von Alphons Dürr.
Indem diese neue Sammlung Genelli'scher Composttionen das Bild von des
Heimgegangenen Meisters großartigem Schaffen vervollständigt, genügt sie einem
Gebote der Pietät, dessen Erfüllung alle Verehrer der Genelli'schen Muse mit leb¬
haftem Danke begrüßen werden. Sie bietet eine interessante Auslese aus theils
schon einzeln veröffentlichten, theils noch unbekannten Blättern geringern Umfangs
der später die Herausgabe jetzt noch zurückbehaltner. umfänglicherer Composttionen
folgen soll. Der glücklich gewählte Titel „Satura" deutet auf die bunte Mannig¬
faltigkeit der dargestellten Gegenstände und wird durch eine von Prof. Th. Grosse
entworfene Zeichnung auf dem Umschlag des Heftes — eine mit allerhand Früchten
gefüllte Schaale, an deren reichem Inhalt sich eine Gesellschaft von Genien erlabt —
sinnvoll illustrirt. Neben fertigen, abgerundeten Bildern und neben Entwürfen, die
meist zu architektonischem Schmuck bestimmt sind, enthält die Sammlung eine Reihe
von Skizzen und Bruchstücken der verschiedensten Art; den Stoffgebieten wie der
Behandlung nach für verschiedene Richtungen charakteristisch, können sie der Absicht
des Herausgebers gemäß den Umfang von Genelli's Kunstthätigkeit in engem Rah-
Grenzboten IV. 1L70. 65
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