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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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Is.
Wieland an Kayser.

Weimar den 26 Juli 1776.

Ihr Wunsch, Edler junger Mann, daß wir uns unmittelbar in die Augen
möchten sehen können, ist auch der Meinige. Wenige Minuten Gegenwart
entscheiden das wahre Verhältniß zweener Menschen richtiger und gewisser
als hundert Briefe.

Izt gründet sich meine hohe Meynung von dem Geiste, der in Ihnen ist,
auf das was mir Göthe von Ihnen sagte und auf das, was er von Ihnen
weissagt.

Was Sie über Gluck geschrieben haben, hat mir Göthe noch nicht ge¬
wiesen. Er ist schon 10 Tage mit dem Herzog abwesend und wird vor
10 Tagen schwehrlich wieder kommen. Als dann will ich ihn fragen und
vernehmen -- denn ize versteh ich Sie nur halb. Ich vermuthe aber, daß es ein
Aufsatz ist, wodurch Sie unsern guten dumpfen und stumpfen Landsleuten Glucken
bekannt machen wollen, von dem sie in der That noch immer keinen Begriff
haben, und daß Sie diesen Aufsaz im Merkur bekannt gemacht wissen wollen,
dazu bin ich nun mit Freuden bereit*) -- Denn auch mir ist Gluck ein
Apollo.

Das was Ihre kleinen mir zugeschickten Gedichte schäzbar macht, hab
ich wahrlich nicht darin" verkannt und bloße zufällige Ursachen haben mir
noch nicht gestattet, ihnen im Mereur Platz zu geben. Es soll aber in einem
der nächsten Stücke gewiß geschehen.**)

Sagen Sie doch Lavatern, ich danke ihm für seinen letzten Brief, und
für die Kupferplatten, ich würde ihm schreiben, sobald ich Zeit gewänne,
mich in etwas zu sammeln, das mit etlichen Wochen nicht möglich war.

Leben Sie wohl und geben Sie mir einen Wink, wenn ich Ihnen jemals
zu etwas nützlich sein kann.


Wieland.

Klinger ist ein edler, starker, guter, junger Mann, dessen Schicksal mir
sehr am Herzen liegt***)........

Fragen Sie doch Lavatern in meinem Nahmen: ob er jemals in seinem
Leben oder vielmehr seit dem er ein Mann ist, Lucians Schriften aufmerk¬
sam genug gelesen habe, um gerecht gegen Lucian sein zu können.







') Wir können also jetzt mit Sicherheit annehmen, daß der Aufsatz (im Scvtemberhest 1776
233 des Merkur) "Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildnisse" von
Kayser herstammt.'
Im Septemberhefte 1776 erschienen bereits 3 Gedichte Kaysers.
Hier sind 4>/2 Zeile mit schwarzer Tinte so stark ausgestrichen, daß ich nur theilweise
deu Inhalt entziffern kann, ohne einen vollständigen Satz herzustellen. "Ob er sich der Zusam¬
mensetzung ......-- Man kan eine sehr gute Art von Menschen sein .....
Is.
Wieland an Kayser.

Weimar den 26 Juli 1776.

Ihr Wunsch, Edler junger Mann, daß wir uns unmittelbar in die Augen
möchten sehen können, ist auch der Meinige. Wenige Minuten Gegenwart
entscheiden das wahre Verhältniß zweener Menschen richtiger und gewisser
als hundert Briefe.

Izt gründet sich meine hohe Meynung von dem Geiste, der in Ihnen ist,
auf das was mir Göthe von Ihnen sagte und auf das, was er von Ihnen
weissagt.

Was Sie über Gluck geschrieben haben, hat mir Göthe noch nicht ge¬
wiesen. Er ist schon 10 Tage mit dem Herzog abwesend und wird vor
10 Tagen schwehrlich wieder kommen. Als dann will ich ihn fragen und
vernehmen — denn ize versteh ich Sie nur halb. Ich vermuthe aber, daß es ein
Aufsatz ist, wodurch Sie unsern guten dumpfen und stumpfen Landsleuten Glucken
bekannt machen wollen, von dem sie in der That noch immer keinen Begriff
haben, und daß Sie diesen Aufsaz im Merkur bekannt gemacht wissen wollen,
dazu bin ich nun mit Freuden bereit*) — Denn auch mir ist Gluck ein
Apollo.

Das was Ihre kleinen mir zugeschickten Gedichte schäzbar macht, hab
ich wahrlich nicht darin» verkannt und bloße zufällige Ursachen haben mir
noch nicht gestattet, ihnen im Mereur Platz zu geben. Es soll aber in einem
der nächsten Stücke gewiß geschehen.**)

Sagen Sie doch Lavatern, ich danke ihm für seinen letzten Brief, und
für die Kupferplatten, ich würde ihm schreiben, sobald ich Zeit gewänne,
mich in etwas zu sammeln, das mit etlichen Wochen nicht möglich war.

Leben Sie wohl und geben Sie mir einen Wink, wenn ich Ihnen jemals
zu etwas nützlich sein kann.


Wieland.

Klinger ist ein edler, starker, guter, junger Mann, dessen Schicksal mir
sehr am Herzen liegt***)........

Fragen Sie doch Lavatern in meinem Nahmen: ob er jemals in seinem
Leben oder vielmehr seit dem er ein Mann ist, Lucians Schriften aufmerk¬
sam genug gelesen habe, um gerecht gegen Lucian sein zu können.







') Wir können also jetzt mit Sicherheit annehmen, daß der Aufsatz (im Scvtemberhest 1776
233 des Merkur) „Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildnisse" von
Kayser herstammt.'
Im Septemberhefte 1776 erschienen bereits 3 Gedichte Kaysers.
Hier sind 4>/2 Zeile mit schwarzer Tinte so stark ausgestrichen, daß ich nur theilweise
deu Inhalt entziffern kann, ohne einen vollständigen Satz herzustellen. „Ob er sich der Zusam¬
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[0472] Is. Wieland an Kayser. Weimar den 26 Juli 1776. Ihr Wunsch, Edler junger Mann, daß wir uns unmittelbar in die Augen möchten sehen können, ist auch der Meinige. Wenige Minuten Gegenwart entscheiden das wahre Verhältniß zweener Menschen richtiger und gewisser als hundert Briefe. Izt gründet sich meine hohe Meynung von dem Geiste, der in Ihnen ist, auf das was mir Göthe von Ihnen sagte und auf das, was er von Ihnen weissagt. Was Sie über Gluck geschrieben haben, hat mir Göthe noch nicht ge¬ wiesen. Er ist schon 10 Tage mit dem Herzog abwesend und wird vor 10 Tagen schwehrlich wieder kommen. Als dann will ich ihn fragen und vernehmen — denn ize versteh ich Sie nur halb. Ich vermuthe aber, daß es ein Aufsatz ist, wodurch Sie unsern guten dumpfen und stumpfen Landsleuten Glucken bekannt machen wollen, von dem sie in der That noch immer keinen Begriff haben, und daß Sie diesen Aufsaz im Merkur bekannt gemacht wissen wollen, dazu bin ich nun mit Freuden bereit*) — Denn auch mir ist Gluck ein Apollo. Das was Ihre kleinen mir zugeschickten Gedichte schäzbar macht, hab ich wahrlich nicht darin» verkannt und bloße zufällige Ursachen haben mir noch nicht gestattet, ihnen im Mereur Platz zu geben. Es soll aber in einem der nächsten Stücke gewiß geschehen.**) Sagen Sie doch Lavatern, ich danke ihm für seinen letzten Brief, und für die Kupferplatten, ich würde ihm schreiben, sobald ich Zeit gewänne, mich in etwas zu sammeln, das mit etlichen Wochen nicht möglich war. Leben Sie wohl und geben Sie mir einen Wink, wenn ich Ihnen jemals zu etwas nützlich sein kann. Wieland. Klinger ist ein edler, starker, guter, junger Mann, dessen Schicksal mir sehr am Herzen liegt***)........ Fragen Sie doch Lavatern in meinem Nahmen: ob er jemals in seinem Leben oder vielmehr seit dem er ein Mann ist, Lucians Schriften aufmerk¬ sam genug gelesen habe, um gerecht gegen Lucian sein zu können. ') Wir können also jetzt mit Sicherheit annehmen, daß der Aufsatz (im Scvtemberhest 1776 233 des Merkur) „Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter Glucks Bildnisse" von Kayser herstammt.' Im Septemberhefte 1776 erschienen bereits 3 Gedichte Kaysers. Hier sind 4>/2 Zeile mit schwarzer Tinte so stark ausgestrichen, daß ich nur theilweise deu Inhalt entziffern kann, ohne einen vollständigen Satz herzustellen. „Ob er sich der Zusam¬ mensetzung ......— Man kan eine sehr gute Art von Menschen sein .....

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/472>, abgerufen am 22.12.2024.