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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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lichen Stamm, das entscheidende Motiv dabei war. Eine feindselige, exclusive
hocharistokratische Clique widersetzte sich seinem Anspruch; auch sein oberster
Vorgesetzter, der Feldmarschall Graf Wallmoden-Gimborn (der Schwieger¬
vater Stein's), der sonst immer in dem besten Licht erscheint und den Werth
Scharnhorst's wohl zu würdigen verstand, hat doch, so viel man sieht, bei
dieser Gelegenheit nichts ernstliches für ihn gethan.

So bestand Scharnhorst auf seiner Entlassung. Im Mai 1801 wurde
sie ihm ertheilt, und die wichtigste Epoche feines Lebens beginnt mit seiner
Übersiedelung nach Berlin. --

Wir sind durch Mittheilung von befreundeter Seite in die Lage gesetzt,
hier zwei bisher ungedruckte Briefe mittheilen zu können, welche der Zeit
zwischen der ersten von Scharnhorst abgelehnten Aufforderung und seinem
wirklichen Eintritt in preußische Dienste angehören. Sie sind an den oben
genannten Oberstleutnant von Lecoq gerichtet, und es ergibt sich aus ihnen,
daß an jene ersten persönlichen Berührungen sich eine fortgesetzte freund¬
schaftliche Verbindung zwischen den beiden Männern geknüpft hatte. Gleich¬
artige, sich wechselseitig ergänzende Berufsstudien hielten dieselben zusammen
und bildeten, wie es scheint, den Hauptgegenstand einer laufenden Corre-
spondenz, zu welcher unsere beiden Briefe gehören. In Betreff der in den¬
selben erwähnten militärischen Arbeiten und Persönlichkeiten verweisen wir
auf die letzten Capitel in dem zweiten Bande des Kuppel'schen Werkes, wo
die meisten der dort berührten Einzelnheiten ihre Erläuterung finden.

Scharnhorst an Lecoq.

Unschätzbarer Freund, schon so lange höre ich nichts von Ihnen! Sie
schonen doch Ihre Gesundheit bey der undankbaren Karten Arbeit? Sie
haben dadurch das Nützlichste das Ihnen zunächst war, gethan und ich be¬
neide Ihren Fleiß und Ihre Ausdauer bey dieser Unternehmung, die bis
hierher doch immer auch in Rücksicht der politischen Lage nicht viel Auf¬
munterndes hatte.

Der Lieutenant Schäfer zeichnet jetzt nach den militärischen Maßstabe,
nach den der Karte vom Hildesheimschen, die Gegend zwischen Hannover.
Hameln, Neudorf und Ahlefeld; auser dem wird jetzt für mich die geogra¬
phische Karte von der Landesvermeßung, von dem Kalenbergschen und
Grubenhagenschen copirt; nachher hoffe ich auch das Bremsche und Lüneburg-
sch" zu erhalten. Seyn Sie also nicht über die Ausfüllung der Lücke, welche
unser Land in Ihren großen Plan macht, besorgt.

Ich schicke Ihnen hierbey eine Jnstructionwelche ich für unsere



') fehlt.

lichen Stamm, das entscheidende Motiv dabei war. Eine feindselige, exclusive
hocharistokratische Clique widersetzte sich seinem Anspruch; auch sein oberster
Vorgesetzter, der Feldmarschall Graf Wallmoden-Gimborn (der Schwieger¬
vater Stein's), der sonst immer in dem besten Licht erscheint und den Werth
Scharnhorst's wohl zu würdigen verstand, hat doch, so viel man sieht, bei
dieser Gelegenheit nichts ernstliches für ihn gethan.

So bestand Scharnhorst auf seiner Entlassung. Im Mai 1801 wurde
sie ihm ertheilt, und die wichtigste Epoche feines Lebens beginnt mit seiner
Übersiedelung nach Berlin. —

Wir sind durch Mittheilung von befreundeter Seite in die Lage gesetzt,
hier zwei bisher ungedruckte Briefe mittheilen zu können, welche der Zeit
zwischen der ersten von Scharnhorst abgelehnten Aufforderung und seinem
wirklichen Eintritt in preußische Dienste angehören. Sie sind an den oben
genannten Oberstleutnant von Lecoq gerichtet, und es ergibt sich aus ihnen,
daß an jene ersten persönlichen Berührungen sich eine fortgesetzte freund¬
schaftliche Verbindung zwischen den beiden Männern geknüpft hatte. Gleich¬
artige, sich wechselseitig ergänzende Berufsstudien hielten dieselben zusammen
und bildeten, wie es scheint, den Hauptgegenstand einer laufenden Corre-
spondenz, zu welcher unsere beiden Briefe gehören. In Betreff der in den¬
selben erwähnten militärischen Arbeiten und Persönlichkeiten verweisen wir
auf die letzten Capitel in dem zweiten Bande des Kuppel'schen Werkes, wo
die meisten der dort berührten Einzelnheiten ihre Erläuterung finden.

Scharnhorst an Lecoq.

Unschätzbarer Freund, schon so lange höre ich nichts von Ihnen! Sie
schonen doch Ihre Gesundheit bey der undankbaren Karten Arbeit? Sie
haben dadurch das Nützlichste das Ihnen zunächst war, gethan und ich be¬
neide Ihren Fleiß und Ihre Ausdauer bey dieser Unternehmung, die bis
hierher doch immer auch in Rücksicht der politischen Lage nicht viel Auf¬
munterndes hatte.

Der Lieutenant Schäfer zeichnet jetzt nach den militärischen Maßstabe,
nach den der Karte vom Hildesheimschen, die Gegend zwischen Hannover.
Hameln, Neudorf und Ahlefeld; auser dem wird jetzt für mich die geogra¬
phische Karte von der Landesvermeßung, von dem Kalenbergschen und
Grubenhagenschen copirt; nachher hoffe ich auch das Bremsche und Lüneburg-
sch« zu erhalten. Seyn Sie also nicht über die Ausfüllung der Lücke, welche
unser Land in Ihren großen Plan macht, besorgt.

Ich schicke Ihnen hierbey eine Jnstructionwelche ich für unsere



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[0256] lichen Stamm, das entscheidende Motiv dabei war. Eine feindselige, exclusive hocharistokratische Clique widersetzte sich seinem Anspruch; auch sein oberster Vorgesetzter, der Feldmarschall Graf Wallmoden-Gimborn (der Schwieger¬ vater Stein's), der sonst immer in dem besten Licht erscheint und den Werth Scharnhorst's wohl zu würdigen verstand, hat doch, so viel man sieht, bei dieser Gelegenheit nichts ernstliches für ihn gethan. So bestand Scharnhorst auf seiner Entlassung. Im Mai 1801 wurde sie ihm ertheilt, und die wichtigste Epoche feines Lebens beginnt mit seiner Übersiedelung nach Berlin. — Wir sind durch Mittheilung von befreundeter Seite in die Lage gesetzt, hier zwei bisher ungedruckte Briefe mittheilen zu können, welche der Zeit zwischen der ersten von Scharnhorst abgelehnten Aufforderung und seinem wirklichen Eintritt in preußische Dienste angehören. Sie sind an den oben genannten Oberstleutnant von Lecoq gerichtet, und es ergibt sich aus ihnen, daß an jene ersten persönlichen Berührungen sich eine fortgesetzte freund¬ schaftliche Verbindung zwischen den beiden Männern geknüpft hatte. Gleich¬ artige, sich wechselseitig ergänzende Berufsstudien hielten dieselben zusammen und bildeten, wie es scheint, den Hauptgegenstand einer laufenden Corre- spondenz, zu welcher unsere beiden Briefe gehören. In Betreff der in den¬ selben erwähnten militärischen Arbeiten und Persönlichkeiten verweisen wir auf die letzten Capitel in dem zweiten Bande des Kuppel'schen Werkes, wo die meisten der dort berührten Einzelnheiten ihre Erläuterung finden. Scharnhorst an Lecoq. Unschätzbarer Freund, schon so lange höre ich nichts von Ihnen! Sie schonen doch Ihre Gesundheit bey der undankbaren Karten Arbeit? Sie haben dadurch das Nützlichste das Ihnen zunächst war, gethan und ich be¬ neide Ihren Fleiß und Ihre Ausdauer bey dieser Unternehmung, die bis hierher doch immer auch in Rücksicht der politischen Lage nicht viel Auf¬ munterndes hatte. Der Lieutenant Schäfer zeichnet jetzt nach den militärischen Maßstabe, nach den der Karte vom Hildesheimschen, die Gegend zwischen Hannover. Hameln, Neudorf und Ahlefeld; auser dem wird jetzt für mich die geogra¬ phische Karte von der Landesvermeßung, von dem Kalenbergschen und Grubenhagenschen copirt; nachher hoffe ich auch das Bremsche und Lüneburg- sch« zu erhalten. Seyn Sie also nicht über die Ausfüllung der Lücke, welche unser Land in Ihren großen Plan macht, besorgt. Ich schicke Ihnen hierbey eine Jnstructionwelche ich für unsere ') fehlt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/256>, abgerufen am 05.07.2024.