Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.Wie Reise des Kronprinzen von Preußen. Der Kronprinz von Preußen ist nach fast dreimonatlicher Abwesenheit Der Aufenthalt in Wien hat die Presse am meisten beschäftigt, weil man Grenzlwtm 1.1870. 11
Wie Reise des Kronprinzen von Preußen. Der Kronprinz von Preußen ist nach fast dreimonatlicher Abwesenheit Der Aufenthalt in Wien hat die Presse am meisten beschäftigt, weil man Grenzlwtm 1.1870. 11
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123175"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Wie Reise des Kronprinzen von Preußen.</head><lb/> <p xml:id="ID_233"> Der Kronprinz von Preußen ist nach fast dreimonatlicher Abwesenheit<lb/> aus den Küstenlandschaften des hintern Mittelmeers zur Heimath gekehrt. Ihm<lb/> war nur verhältnißmäßig kurze Zeit und für Vieles nur ein flüchtiger Be¬<lb/> such vergönnt, aber freilich ist solchem Herrn auch möglich, die Zeit aufs beste<lb/> auszunutzen; denn die schnellsten Transportmittel, die besten Führer standen<lb/> ihm zu Diensten, selbst in unwirthlicher Landschaft durch die Gastlichkeit der<lb/> Landesgebieter jede mögliche Bequemlichkeit; sodaß die Fülle der Eindrücke,<lb/> welche die Fremde bot, zuweilen fast überwältigend gewesen sein muß. Er be¬<lb/> gann die Reise mit kurzem Aufenthalte in Wien, durchfuhr Italien auf der<lb/> Hin - und Rückreise, besuchte die griechische Königsfamilie, sah von der Türkei<lb/> Constantinopel, Jerusalem und Damaskus, wohnte den Feierlichkeiten zur<lb/> Eröffnung des Suezcanals bei, fuhr den Nil hinauf und nahm bei der Rück¬<lb/> kehr noch kurzen Aufenthalt in Frankreich. Der Orient hat die meiste Zeit<lb/> in Anspruch genommen und die Bedeutung der Reise sowie ihre positiven<lb/> Erfolge sind in dem Besuche der muhamedanischen Welt durch den künftigen<lb/> Schirmherrn der protestantischen Kirche und des norddeutschen Bundes<lb/> zu suchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_234" next="#ID_235"> Der Aufenthalt in Wien hat die Presse am meisten beschäftigt, weil man<lb/> in ihm das erste ostensible Zeichen einer Annäherung Preußens an Oestreich<lb/> sah, und weil man neugierig war, wie die beiderseitige Begegnung der Fürsten<lb/> sein würde, welche im entscheidenden Kampf der Heere gegeneinander gekriegt<lb/> hatten. Für die Entwickelung der deutschen Verhältnisse, ja selbst für die diplo¬<lb/> matischen Beziehungen konnte der Besuch keine Folge haben. Er war nur mög¬<lb/> lich, weil man in Wien so gut als in Berlin erkannt hatte, daß die Folgen<lb/> des Jahres 1866 sich nicht mehr rückgängig machen lassen und daß die Re¬<lb/> gierenden sich den Consequenzen der Thatsachen nicht entziehen können, welche<lb/> bereits in dem Leben der Nation tiefe Wurzel geschlagen haben. So ist denn<lb/> auch, wie man aus guter Quelle berichtet, die Begegnung der Fürsten in<lb/> Wien durchaus offenherzig und ohne Zwang gewesen. Nachdem beim ersten<lb/> Zusammentreffen die vergangenen Ereignisse frisch und freimüthig berührt</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzlwtm 1.1870. 11</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Wie Reise des Kronprinzen von Preußen.
Der Kronprinz von Preußen ist nach fast dreimonatlicher Abwesenheit
aus den Küstenlandschaften des hintern Mittelmeers zur Heimath gekehrt. Ihm
war nur verhältnißmäßig kurze Zeit und für Vieles nur ein flüchtiger Be¬
such vergönnt, aber freilich ist solchem Herrn auch möglich, die Zeit aufs beste
auszunutzen; denn die schnellsten Transportmittel, die besten Führer standen
ihm zu Diensten, selbst in unwirthlicher Landschaft durch die Gastlichkeit der
Landesgebieter jede mögliche Bequemlichkeit; sodaß die Fülle der Eindrücke,
welche die Fremde bot, zuweilen fast überwältigend gewesen sein muß. Er be¬
gann die Reise mit kurzem Aufenthalte in Wien, durchfuhr Italien auf der
Hin - und Rückreise, besuchte die griechische Königsfamilie, sah von der Türkei
Constantinopel, Jerusalem und Damaskus, wohnte den Feierlichkeiten zur
Eröffnung des Suezcanals bei, fuhr den Nil hinauf und nahm bei der Rück¬
kehr noch kurzen Aufenthalt in Frankreich. Der Orient hat die meiste Zeit
in Anspruch genommen und die Bedeutung der Reise sowie ihre positiven
Erfolge sind in dem Besuche der muhamedanischen Welt durch den künftigen
Schirmherrn der protestantischen Kirche und des norddeutschen Bundes
zu suchen.
Der Aufenthalt in Wien hat die Presse am meisten beschäftigt, weil man
in ihm das erste ostensible Zeichen einer Annäherung Preußens an Oestreich
sah, und weil man neugierig war, wie die beiderseitige Begegnung der Fürsten
sein würde, welche im entscheidenden Kampf der Heere gegeneinander gekriegt
hatten. Für die Entwickelung der deutschen Verhältnisse, ja selbst für die diplo¬
matischen Beziehungen konnte der Besuch keine Folge haben. Er war nur mög¬
lich, weil man in Wien so gut als in Berlin erkannt hatte, daß die Folgen
des Jahres 1866 sich nicht mehr rückgängig machen lassen und daß die Re¬
gierenden sich den Consequenzen der Thatsachen nicht entziehen können, welche
bereits in dem Leben der Nation tiefe Wurzel geschlagen haben. So ist denn
auch, wie man aus guter Quelle berichtet, die Begegnung der Fürsten in
Wien durchaus offenherzig und ohne Zwang gewesen. Nachdem beim ersten
Zusammentreffen die vergangenen Ereignisse frisch und freimüthig berührt
Grenzlwtm 1.1870. 11
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |