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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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ausgebildete und wohlgewogene Mittel für die großen Bühnen nicht aus-
reichen. Die Stadt wird ferner in ihrem neuen Prachtbau darauf ver-'
zichten müssen, der dramatischen Kunst zu einer neuen Blüthe zu verhelfen.
Aber sie vermag noch auf dem Wege, der unvermeidlich geworden ist, ihre
Bühne anständig und mit gutem Erfolg im Einzelnen zu erhalten, bis nach
Jahren der Tag kommt, wo sie der Muse des Schauspiels ein gesondertes
Haus zu neuem Gedeihen einrichten kann. Wie aber ein neuer Pachtvertrag
zu vermeiden ist, so noch mehr das gefährlichste von allem, ein verwaltungs¬
lustiges Comite von Kunstfreunden.


G. F.


Die norddeutschen Äriegshäfen.
3. Die künftigen Stationen der Ostsee.

Bevor Kiel in preußischen Besitz gelangte, bestand in Norddeutschland
sehr geringe Uebereinstimmung in der Frage, wo man am besten den preußi¬
schen Hauptkriegshafen anlegen solle. Da aus politischen Rücksichten eine
Benutzung von Wismar mit seiner vielgerühmten Rhede, dem wohlenberger
Wiek hinter der Insel Poet, kaum leichter erreichbar schien, als die Erlangung
des kieler Hafens von Dänemark, und da andererseits die Ungunst der Oert-
lichkeit in Danzig noch viel bedeutender war als in Swinemünde, handelte
sichs beim Hafenstreit hauptsächlich um zwei Punkte: die Regierung wollte
den Kriegshafen auf Rügen, dem damaligen westlichen Schlußstein der preußi¬
schen Küste anlegen, die im Abgeordnetenhause herrschende Ansicht war mehr
für Orhöft im putziger Wiek bei Danzig. Beide Punkte haben aber auch
jetzt, nachdem man sich definitiv für Kiel als Hauptkriegshafen entschieden hat,
noch immer hohe Bedeutung. Es wird sich späterhin, nach weiterer Entwicke¬
lung unserer Flotte, aus strategischen Rücksichten als unumgänglich nothwen¬
dig erweisen, an beiden Punkten Hauptmarinestationen anzulegen: denn weder
einem Geschwader, das die Ostküste der Monarchie deckt, noch auch der Flotte,
welche die Ostsee beherrschen soll, vermag Kiel als genügender Stützpunkt zu
dienen, weil seine Lage zu weit westlich vom Centrum der Ostseeküste, zu
entfernt von den Hauptseepassagen und zu weit ins Land hereintretend ist.

Bedeutend vortheilhafter, ja wahrhaft glänzend in strategischer Hinsicht
ist dagegen die Lage von Rügen, dieser größten deutschen Insel, deren
Bevölkerung gegen 50,000 Einwohner und deren Flächeninhalt 11 in Meilen,


ausgebildete und wohlgewogene Mittel für die großen Bühnen nicht aus-
reichen. Die Stadt wird ferner in ihrem neuen Prachtbau darauf ver-'
zichten müssen, der dramatischen Kunst zu einer neuen Blüthe zu verhelfen.
Aber sie vermag noch auf dem Wege, der unvermeidlich geworden ist, ihre
Bühne anständig und mit gutem Erfolg im Einzelnen zu erhalten, bis nach
Jahren der Tag kommt, wo sie der Muse des Schauspiels ein gesondertes
Haus zu neuem Gedeihen einrichten kann. Wie aber ein neuer Pachtvertrag
zu vermeiden ist, so noch mehr das gefährlichste von allem, ein verwaltungs¬
lustiges Comite von Kunstfreunden.


G. F.


Die norddeutschen Äriegshäfen.
3. Die künftigen Stationen der Ostsee.

Bevor Kiel in preußischen Besitz gelangte, bestand in Norddeutschland
sehr geringe Uebereinstimmung in der Frage, wo man am besten den preußi¬
schen Hauptkriegshafen anlegen solle. Da aus politischen Rücksichten eine
Benutzung von Wismar mit seiner vielgerühmten Rhede, dem wohlenberger
Wiek hinter der Insel Poet, kaum leichter erreichbar schien, als die Erlangung
des kieler Hafens von Dänemark, und da andererseits die Ungunst der Oert-
lichkeit in Danzig noch viel bedeutender war als in Swinemünde, handelte
sichs beim Hafenstreit hauptsächlich um zwei Punkte: die Regierung wollte
den Kriegshafen auf Rügen, dem damaligen westlichen Schlußstein der preußi¬
schen Küste anlegen, die im Abgeordnetenhause herrschende Ansicht war mehr
für Orhöft im putziger Wiek bei Danzig. Beide Punkte haben aber auch
jetzt, nachdem man sich definitiv für Kiel als Hauptkriegshafen entschieden hat,
noch immer hohe Bedeutung. Es wird sich späterhin, nach weiterer Entwicke¬
lung unserer Flotte, aus strategischen Rücksichten als unumgänglich nothwen¬
dig erweisen, an beiden Punkten Hauptmarinestationen anzulegen: denn weder
einem Geschwader, das die Ostküste der Monarchie deckt, noch auch der Flotte,
welche die Ostsee beherrschen soll, vermag Kiel als genügender Stützpunkt zu
dienen, weil seine Lage zu weit westlich vom Centrum der Ostseeküste, zu
entfernt von den Hauptseepassagen und zu weit ins Land hereintretend ist.

Bedeutend vortheilhafter, ja wahrhaft glänzend in strategischer Hinsicht
ist dagegen die Lage von Rügen, dieser größten deutschen Insel, deren
Bevölkerung gegen 50,000 Einwohner und deren Flächeninhalt 11 in Meilen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/425>, abgerufen am 15.01.2025.