Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie verlautete, hatte Preußen sich aber die weitere Zusendung dieses
Staatsmanns verbeten, und statt desselben einen wirklichen Arbeiter ver¬
langt. Trotzdem, daß die Clerikalen den auf sie fallenden Theil der Wahl¬
bewegung mit einer Versammlung zum Schutze des Papstthums und einem
Wallfahrtstage verbunden hatten, erhielt v. Wambolt nur 4000 Stimmen, der
liberal-conservative Krämer gar nur 1400, ein Lassalleaner ein paar Hundert
der Candidat der Fortschrittspartei, Fabrikant Kugler aus Offenbach, aber
schon im ersten Wahlgang die absolute Majorität mit über 8000 Stimmen.

Im Wahlbezirke Worms-Heppenheim war innerhalb der Fortschritts¬
partei eine Spaltung eingetreten. Ein Theil derselben entschied sich für
Regierungsrath Pfannebecker, einen Altliberalen, der das Programm der
Fortschrittspartei acceptirt hatte und als Gegner des Dalwigkschen Systems
bekannt war. Einem anderen Theil der Partei aber war seine Verbindung mit
der Regierung und seine Theilnahme an einem früheren reactionären Landtag
anstößig und dieser stellte ihm in der Person des Advokaten Finger eine
Persönlichkeit von hervorragender politischer Bedeutung entgegen. Nichts¬
destoweniger siegte der in dem Bezirk als großer Grundbesitzer und Verwal¬
tungsbeamter festgewurzelte Pfannebecker mit mehr wie 7000 Stimmen über
Finger, der deren 3000 erhielt.

Zieht man das Facit der hessischen Wahlen, so ergibt sich, daß sämmt¬
liche Gewählte den Eintritt Südhessens in den Nordbund befürworten, und
daß nur in zwei Wahlbezirken wirkliche Gegner der nationalen Sache aus¬
gestellt werden konnten und daß diese trotz aller Regierungsunterstützung
unterliegen mußten. Für die Candidaten der Fortschrittspartei fielen etwa
44000 Stimmen, für die Candidaten der Liberalconservativen ca. 12000, für
die Demokraten 6500, für die ultramontanen Candidaten ca. 4500, für die
Lassalleaner etwa 1000 Stimmen. Diese Zahlen geben zwar nur ein äußer¬
liches Bild der Sachlage, immerhin darf aus denselben aber gefolgert werden,
daß die national gesinnte Fortschrittspartei in Hessen-Darmstadt stärker ist,
als alle anderen Parteien zusammen.




Der großdeutsche Mzithus vom Treffen bei Langcnscha.

Die officiellen Kriegsgeschichten des preußischen und östreichischen Gene¬
ralstabs, das Werk von Blankenburg. E. Knorr, der Feldzug des Jahres 1866
in West- und Süddeutschland, haben neben einer ganzen Reihe ähnlicher
Darstellungen während der letzten Monate die Erinnerung an die Zustände
der Kriegswochen sehr lebendig gemacht. In den letzten Tagen aber hat der


Wie verlautete, hatte Preußen sich aber die weitere Zusendung dieses
Staatsmanns verbeten, und statt desselben einen wirklichen Arbeiter ver¬
langt. Trotzdem, daß die Clerikalen den auf sie fallenden Theil der Wahl¬
bewegung mit einer Versammlung zum Schutze des Papstthums und einem
Wallfahrtstage verbunden hatten, erhielt v. Wambolt nur 4000 Stimmen, der
liberal-conservative Krämer gar nur 1400, ein Lassalleaner ein paar Hundert
der Candidat der Fortschrittspartei, Fabrikant Kugler aus Offenbach, aber
schon im ersten Wahlgang die absolute Majorität mit über 8000 Stimmen.

Im Wahlbezirke Worms-Heppenheim war innerhalb der Fortschritts¬
partei eine Spaltung eingetreten. Ein Theil derselben entschied sich für
Regierungsrath Pfannebecker, einen Altliberalen, der das Programm der
Fortschrittspartei acceptirt hatte und als Gegner des Dalwigkschen Systems
bekannt war. Einem anderen Theil der Partei aber war seine Verbindung mit
der Regierung und seine Theilnahme an einem früheren reactionären Landtag
anstößig und dieser stellte ihm in der Person des Advokaten Finger eine
Persönlichkeit von hervorragender politischer Bedeutung entgegen. Nichts¬
destoweniger siegte der in dem Bezirk als großer Grundbesitzer und Verwal¬
tungsbeamter festgewurzelte Pfannebecker mit mehr wie 7000 Stimmen über
Finger, der deren 3000 erhielt.

Zieht man das Facit der hessischen Wahlen, so ergibt sich, daß sämmt¬
liche Gewählte den Eintritt Südhessens in den Nordbund befürworten, und
daß nur in zwei Wahlbezirken wirkliche Gegner der nationalen Sache aus¬
gestellt werden konnten und daß diese trotz aller Regierungsunterstützung
unterliegen mußten. Für die Candidaten der Fortschrittspartei fielen etwa
44000 Stimmen, für die Candidaten der Liberalconservativen ca. 12000, für
die Demokraten 6500, für die ultramontanen Candidaten ca. 4500, für die
Lassalleaner etwa 1000 Stimmen. Diese Zahlen geben zwar nur ein äußer¬
liches Bild der Sachlage, immerhin darf aus denselben aber gefolgert werden,
daß die national gesinnte Fortschrittspartei in Hessen-Darmstadt stärker ist,
als alle anderen Parteien zusammen.




Der großdeutsche Mzithus vom Treffen bei Langcnscha.

Die officiellen Kriegsgeschichten des preußischen und östreichischen Gene¬
ralstabs, das Werk von Blankenburg. E. Knorr, der Feldzug des Jahres 1866
in West- und Süddeutschland, haben neben einer ganzen Reihe ähnlicher
Darstellungen während der letzten Monate die Erinnerung an die Zustände
der Kriegswochen sehr lebendig gemacht. In den letzten Tagen aber hat der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117566"/>
          <p xml:id="ID_111"> Wie verlautete, hatte Preußen sich aber die weitere Zusendung dieses<lb/>
Staatsmanns verbeten, und statt desselben einen wirklichen Arbeiter ver¬<lb/>
langt. Trotzdem, daß die Clerikalen den auf sie fallenden Theil der Wahl¬<lb/>
bewegung mit einer Versammlung zum Schutze des Papstthums und einem<lb/>
Wallfahrtstage verbunden hatten, erhielt v. Wambolt nur 4000 Stimmen, der<lb/>
liberal-conservative Krämer gar nur 1400, ein Lassalleaner ein paar Hundert<lb/>
der Candidat der Fortschrittspartei, Fabrikant Kugler aus Offenbach, aber<lb/>
schon im ersten Wahlgang die absolute Majorität mit über 8000 Stimmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_112"> Im Wahlbezirke Worms-Heppenheim war innerhalb der Fortschritts¬<lb/>
partei eine Spaltung eingetreten. Ein Theil derselben entschied sich für<lb/>
Regierungsrath Pfannebecker, einen Altliberalen, der das Programm der<lb/>
Fortschrittspartei acceptirt hatte und als Gegner des Dalwigkschen Systems<lb/>
bekannt war. Einem anderen Theil der Partei aber war seine Verbindung mit<lb/>
der Regierung und seine Theilnahme an einem früheren reactionären Landtag<lb/>
anstößig und dieser stellte ihm in der Person des Advokaten Finger eine<lb/>
Persönlichkeit von hervorragender politischer Bedeutung entgegen. Nichts¬<lb/>
destoweniger siegte der in dem Bezirk als großer Grundbesitzer und Verwal¬<lb/>
tungsbeamter festgewurzelte Pfannebecker mit mehr wie 7000 Stimmen über<lb/>
Finger, der deren 3000 erhielt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_113"> Zieht man das Facit der hessischen Wahlen, so ergibt sich, daß sämmt¬<lb/>
liche Gewählte den Eintritt Südhessens in den Nordbund befürworten, und<lb/>
daß nur in zwei Wahlbezirken wirkliche Gegner der nationalen Sache aus¬<lb/>
gestellt werden konnten und daß diese trotz aller Regierungsunterstützung<lb/>
unterliegen mußten. Für die Candidaten der Fortschrittspartei fielen etwa<lb/>
44000 Stimmen, für die Candidaten der Liberalconservativen ca. 12000, für<lb/>
die Demokraten 6500, für die ultramontanen Candidaten ca. 4500, für die<lb/>
Lassalleaner etwa 1000 Stimmen. Diese Zahlen geben zwar nur ein äußer¬<lb/>
liches Bild der Sachlage, immerhin darf aus denselben aber gefolgert werden,<lb/>
daß die national gesinnte Fortschrittspartei in Hessen-Darmstadt stärker ist,<lb/>
als alle anderen Parteien zusammen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Der großdeutsche Mzithus vom Treffen bei Langcnscha.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_114" next="#ID_115"> Die officiellen Kriegsgeschichten des preußischen und östreichischen Gene¬<lb/>
ralstabs, das Werk von Blankenburg. E. Knorr, der Feldzug des Jahres 1866<lb/>
in West- und Süddeutschland, haben neben einer ganzen Reihe ähnlicher<lb/>
Darstellungen während der letzten Monate die Erinnerung an die Zustände<lb/>
der Kriegswochen sehr lebendig gemacht. In den letzten Tagen aber hat der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] Wie verlautete, hatte Preußen sich aber die weitere Zusendung dieses Staatsmanns verbeten, und statt desselben einen wirklichen Arbeiter ver¬ langt. Trotzdem, daß die Clerikalen den auf sie fallenden Theil der Wahl¬ bewegung mit einer Versammlung zum Schutze des Papstthums und einem Wallfahrtstage verbunden hatten, erhielt v. Wambolt nur 4000 Stimmen, der liberal-conservative Krämer gar nur 1400, ein Lassalleaner ein paar Hundert der Candidat der Fortschrittspartei, Fabrikant Kugler aus Offenbach, aber schon im ersten Wahlgang die absolute Majorität mit über 8000 Stimmen. Im Wahlbezirke Worms-Heppenheim war innerhalb der Fortschritts¬ partei eine Spaltung eingetreten. Ein Theil derselben entschied sich für Regierungsrath Pfannebecker, einen Altliberalen, der das Programm der Fortschrittspartei acceptirt hatte und als Gegner des Dalwigkschen Systems bekannt war. Einem anderen Theil der Partei aber war seine Verbindung mit der Regierung und seine Theilnahme an einem früheren reactionären Landtag anstößig und dieser stellte ihm in der Person des Advokaten Finger eine Persönlichkeit von hervorragender politischer Bedeutung entgegen. Nichts¬ destoweniger siegte der in dem Bezirk als großer Grundbesitzer und Verwal¬ tungsbeamter festgewurzelte Pfannebecker mit mehr wie 7000 Stimmen über Finger, der deren 3000 erhielt. Zieht man das Facit der hessischen Wahlen, so ergibt sich, daß sämmt¬ liche Gewählte den Eintritt Südhessens in den Nordbund befürworten, und daß nur in zwei Wahlbezirken wirkliche Gegner der nationalen Sache aus¬ gestellt werden konnten und daß diese trotz aller Regierungsunterstützung unterliegen mußten. Für die Candidaten der Fortschrittspartei fielen etwa 44000 Stimmen, für die Candidaten der Liberalconservativen ca. 12000, für die Demokraten 6500, für die ultramontanen Candidaten ca. 4500, für die Lassalleaner etwa 1000 Stimmen. Diese Zahlen geben zwar nur ein äußer¬ liches Bild der Sachlage, immerhin darf aus denselben aber gefolgert werden, daß die national gesinnte Fortschrittspartei in Hessen-Darmstadt stärker ist, als alle anderen Parteien zusammen. Der großdeutsche Mzithus vom Treffen bei Langcnscha. Die officiellen Kriegsgeschichten des preußischen und östreichischen Gene¬ ralstabs, das Werk von Blankenburg. E. Knorr, der Feldzug des Jahres 1866 in West- und Süddeutschland, haben neben einer ganzen Reihe ähnlicher Darstellungen während der letzten Monate die Erinnerung an die Zustände der Kriegswochen sehr lebendig gemacht. In den letzten Tagen aber hat der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/34
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/34>, abgerufen am 15.01.2025.